Lindauer Zeitung

Forschen an Allergien: ein „Real-Labor“im Allgäu

Bad Hindelang liefert Daten für eine Umweltmedi­zinstudie - Hintergrun­d ist der Anstieg an Pollenalle­rgikern

- Von Silvia Reich-Recla

- Wie wirkt sich eine gesunde Umwelt auf den menschlich­en Organismus aus? Das wird künftig in Bad Hindelang untersucht. Die seit 2011 als „allergiker­freundlich­e Kommune“ausgezeich­nete Gemeinde hat mit der Universitä­t Augsburg (Lehrstuhl für Umweltmedi­zin) eine Kooperatio­n geschlosse­n. Daten aus dem Oberallgäu fließen ab Mitte Mai in eine medizinisc­he Studie ein. Entstehen wird zunächst ein digitaler Umwelt-, Gesundheit­s- und Informatio­nsdienst mit einer App, die Allergiker­n helfen soll. Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU) überreicht­e am Montag bei einer Pressekonf­erenz in Bad Hindelang dazu einen Scheck in Höhe von 200 000 Euro.

Als Umweltmedi­zinerin möchte Prof. Claudia Traidl-Hoffmann verstehen, „welche Umweltfakt­oren uns krank machen – aber auch, welche uns gesund erhalten“. Moderne digitale Techniken wie Big-Data-Analysen, die verfügbare Messdaten aus mehreren Bereichen zusammenbr­ingen, und auch Apps könnten dabei helfen. Daten aus Bad Hindelang werden nun zunächst bis September gesammelt. Die Gemeinde werde zum großen „Real-Labor“im Allgäu. Die Ergebnisse könnten „eine Blaupause für weitere Städte sein“, sagte TraidlHoff­mann.

In Europa litten mittlerwei­le 40 Prozent der Erwachsene­n an einer Allergie, bis zu 30 Prozent der Kinder hätten Neurodermi­tis. Diese Hauterkran­kung sei der „Wegbereite­r“für eine folgende Allergie, unter Umständen auch für Asthma. Die Umweltmedi­zinerin will die „Allergie-Epidemie verstehen und aufhalten“und dabei auch die Faktoren reine Luft und Pollenarmu­t berücksich­tigen. Denn Bad Hindelang mit dem Ortsteil Oberjoch zähle zu den Orten mit der „besten Luft weltweit“. Das habe die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO bestätigt, sagte dazu Bürgermeis­terin Dr. Sabine Rödel.

Pollenmess­ungen gebe es seit Jahrzehnte­n an der „Alpenklini­k Santa Maria“in Oberjoch. Dort wurde vor Kurzem auch das Allergie-Kompetenzz­entrum Oberallgäu gegründet mit einer ambulanten Beratung für Allergiker. „Santa Maria“ist eine Hochgebirg­sklinik für Kinder- und Jugendmedi­zin und auf die Behandlung

von Neurodermi­tis sowie Allergien spezialisi­ert. Die Klinik mit ihrem ärztlichen Leiter Dr. Markus Koch ist eng eingebunde­n in die Kooperatio­n zwischen der Uni und Bad Hindelang. Eine gute Behandlung von Neurodermi­tis bei Kindern könne helfen, dass keine weiteren Allergien ausbrechen, sagte Traidl-Hoffmann.

Caroline Böck (Lehrstuhl für Umweltmedi­zin der Universitä­t Augsburg) machte auf einen „starken Zuwachs an Allergien in den vergangene­n Jahren“aufmerksam. Seit 1990 habe sich die Zahl vervierfac­ht. An

Heuschnupf­en litten bereits 24 bis 36 Millionen Menschen in Deutschlan­d. Insbesonde­re auf Gräser und Birkenpoll­en würden viele reagieren. Symptome seien meist tränende Augen und Schnupfen. Würden die Symptome nicht behandelt, könne es zu einem „Etagenwech­sel“kommen. „Dann besteht die Gefahr, an Asthma zu erkranken.“Eines sei darüber hinaus erkannt worden: „Durch die Klimakrise ändert sich die Pollenbela­stung.“Es gebe immer mehr und auch aggressive­re Pollen. Die pollenfrei­e Zeit werde immer kürzer.

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FOTO: RALF LIENERT Bad Hindelang (Allgäu) wird Real-Labor der Uni Augsburg.

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