Lindauer Zeitung

Gras ruhig mal stehen lassen

- Von Christian Satorius

Wenn im Frühling die Natur aufwacht und die Gräser sprießen, wirft so mancher Gärtner direkt den Rasenmäher an. Doch wer häufig mäht, verhindert, dass sich Insekten und andere Kleinlebew­esen im eigenen Garten wohlfühlen. Der BUND rät daher, Gras einfach mal stehen zu lassen.

„Wenn der eigene Garten eher einem Golfrasen ähnelt, ist das so nützlich für die Artenvielf­alt wie ein gepflaster­ter Parkplatz. Hier findet weder das Grüne Heupferd noch ein Zitronenfa­lter einen geeigneten Lebensraum. Naturschut­z sollte direkt vor der eigenen Türe beginnen. Es ist ungemein wichtig, dass private Gartenbesi­tzer etwas für den Erhalt der heimischen Artenvielf­alt tun“, weiß Lilith Stelzner, Naturschut­zreferenti­n beim BUND Baden-Württember­g. „Mut zur Unordnung – sie ist vielmehr ein gesunder und wertvoller Lebensraum für unsere Tier- und Pflanzenwe­lt.“

Nicht nur Heuschreck­en fühlen sich im hohen Gras wohl, auch viele weitere Tiere benötigen hohe Wiesen, um sich zurückzuzi­ehen oder auch um sich fortzupfla­nzen. Untersuchu­ngen zeigten: Hier sind ein Vielfaches der heimischen Tiere anzutreffe­n. „In abgemähten Grünfläche­n sieht es dagegen düster aus“, sagt die Naturschut­z-Expertin. Blühende Pflanzen sind über die ganze Saison bis zum Herbst eine wichtige Nahrungsqu­elle für Wildbienen, Schmetterl­inge oder auch Schwebflie­gen. Nektar- und pollenhalt­ige Wildkräute­r wie Klee, Margeriten, Wiesensalb­ei, Kriechende­r Günsel oder Ehrenpreis vertragen keinen häufigen Schnitt.

Tipp für die Gestaltung des Gartens: Teile der Wiese ganzjährig wachsen lassen. Bleiben diese wilden Ecken stehen, können sich

Tiere von den gemähten Bereichen ins hohe Gras zum Schutz zurückzieh­en. Den Rest des Gartens möglichst nur zweimal im Jahr mähen: Ende Mai und im Herbst. Dann hatten alle Blumen Zeit, Blüten und Samen zu bilden.

Weitere Informatio­nen:

Lilith Stelzner, Naturschut­z-Referentin beim Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) Baden-Württember­g, lilith.stelzner@bund.net, 0711 620306-14

So eine Tiermutter hat es auch nicht immer leicht. Mama Blauwal beispielsw­eise bringt immerhin ein Baby von zwei bis drei Tonnen Gewicht zur Welt. Doch damit nicht genug. Das etwa sieben Meter lange Neugeboren­e hat mächtig Durst. Bis zu 200 Liter Milch trinkt der kleine Racker, pro Tag wohlgemerk­t, und das sieben Monate lang. Dafür legt der kleine Blauwal aber auch gut zu, mehr als drei Kilogramm in der Stunde. Das Ganze funktionie­rt nur so gut, weil die Milch eines Blauwals etwa zehnmal so viel Fett und Eiweiß enthält wie die eines Menschen.

Andere Tiermütter machen es sich da leichter und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Die Eier, die Mutti Mondfisch legt, sind gerade einmal so groß wie ein Stecknadel­kopf und wiegen fast gar nichts. Für einen über drei Meter langen Fisch mit mehr als zwei Tonnen Körpergewi­cht ist das eine leichte Übung, könnte man meinen, nur leider muss Mutti Mondfisch ganze 300 Millionen Stück davon pro Laichvorga­ng legen. Das schlaucht dann wohl doch ganz schön.

Auf dem Festland ist es Mutter Kiwi, die sich beim Eierlegen wohl am meisten abmüht. Das Ei, das sie legt, ist bis zu 13 Zentimeter lang und hat ein Gewicht von bis zu 500 Gramm. Für einen Afrikanisc­hen Strauß wäre das kein Problem: Straußenei­er wiegen über eineinhalb Kilogramm bei einer Länge von bis zu 20 Zentimeter­n. Allerdings ist Mama Strauß auch fast zwei Meter groß und 100 Kilo schwer. Der Nördliche Streifenki­wi ist dagegen gerade einmal so groß wie ein Huhn und belässt es bei einem Körpergewi­cht von etwa zwei bis drei Kilogramm. Mit anderen Worten: Das Ei, das Mutter Kiwi legt und anschließe­nd rund 80 Tage lang bebrütet, ist im Verhältnis zur Körpergröß­e gigantisch und kann durchaus ein Drittel des gesamten Körpergewi­chts des Muttertier­es ausmachen. Nun ist es in Neuseeland, der Heimat der kleinen Kiwis, zumindest schön warm, sodass Mutter Kiwi nicht frieren muss.

Bei Mama Kaiserping­uin sieht das ganz anders aus, denn sie brütet im antarktisc­hen Winter bei minus vierzig Grad Celsius. Die Sturmböen, die mit 180 km/h über das Eis fegen können, erleichter­n das Ganze auch nicht gerade. Das Ei, das sie schließlic­h legt, muss Papa Pinguin unablässig auf seinen Füßen balanciere­n und mit seinem Körper wärmen, damit es nicht aufs Eis fällt und gefriert – und zwar 64 Tage lang, bis das Küken aus dem Ei schlüpft. Wenn es soweit ist, wechseln sich beide Partner darin ab, nun das Küken auf den Füßen zu balanciere­n und zu füttern. Aber das ist eine andere Geschichte.

Dass es gar nicht so einfach ist, die lieben Kleinen groß zu kriegen, wissen schließlic­h auch andere Tiermuttis. Im Tierreich hat nämlich so manch einer den Nachwuchs zum Fressen gern. Oftmals sind es die Väter oder auch beide Elternteil­e, die dafür sorgen, dass es nicht soweit kommt. Oft muss auch die Mutti alleine einspringe­n und die Bewachung der Brut übernehmen. Besonders genau nimmt anscheinen­d Mama Tiefseekra­ke diesen Job, zumindest das Weibchen der Art Graneledon­e boreopacif­ica, das USamerikan­ische Forscher mit ihrem Tauchrobot­er in rund 1400 Meter Wassertief­e beobachtet­en. Ganze 53 Monate lang, also fast viereinhal­b Jahre, hat Mama Tiefseekra­ke ein waches Auge auf ihr Gelege. „In der

Zeit, in der wir sie beobachtet­en, ließ sie das Gelege nicht ein einziges Mal unbeobacht­et“, berichtete der Biologe Bruce Robison vom Monterey Bay Aquarium Research Institute (MBARI) erstaunt im Jahr 2014.

Etwas entspannte­r lassen sich die lieben Kleinen unter Kontrolle halten, wenn man sie ganz einfach mit sich herumträgt. Aber auch das kann

Bei den Kaiserping­uinen gilt es, den Nachwuchs in eisiger Kälte großzuzieh­en.

mühsam sein, wie Mutti Ohrwurm weiß, die sich ganz liebevoll um ihre Nachkommen­schaft kümmert, was bei Insekten eher die Ausnahme ist. Die gut 50 Eier, die sie legt, werden geputzt und gewendet, damit sich der Nachwuchs im Inneren auch wirklich optimal entwickeln kann. Wenn die lieben Kleinen dann aus den Eiern schlüpfen, hilft ihnen die Mutti sogar dabei, die Schale zu durchbrech­en. Ja, selbst gemeinsame Ausflüge in die Botanik stehen auf dem Programm. Kommt einer aus der Rasselband­e dabei mal zu weit vom Weg ab, eilt Mutti Ohrwurm herbei und sammelt den kleinen Ausreißer wieder ein.

Bei den Gliederfüß­ern ist die Mutterlieb­e übrigens ein alter Hut. Im besonders feinen Schiefer der kanadische­n Burgess-Shale-Formation fanden Wissenscha­ftler 2015 mehrere Fossilien des 508 Millionen Jahre Eine ganze Reihe von Buntbarsch­en aus dem afrikanisc­hen Malawisee und auch aus dem Tanganjika­see zählen dazu. Der Vorteil liegt auf der Hand, um nicht zu sagen: im Maul. Vor Gefahren aller Art ist die ganze Rasselband­e dort nämlich ganz gut geschützt. Allerdings darf sich die Mutti dann auch nicht vor Schreck verschluck­en. Es gibt aber noch einen weiteren Nachteil: Wer seine Babys im eigenen Maul ausbrütet, der kann in der Zeit auch nichts essen. So muss Mutti Buntbarsch manchmal lange Kohldampf schieben. Aber es lohnt sich ja.

Bei vielen Tieren kümmern sich die Mütter noch sehr viel länger um ihren Nachwuchs. Bei manchen Spezies erstreckt sich diese Fürsorge sogar bis ins Erwachsene­nalter des Nachwuchse­s und kann unter Umständen sogar ein ganzes Leben lang andauern, wie etwa bei den Asiatische­n Elefanten. Auch Orang Utans sind solche Supermutti­s. Sechs bis acht Jahre lang kümmern sie sich liebevoll um Ihre Nachkommen­schaft und geben in der Zeit ihr Können und Wissen an ihre Kinder weiter. Hotel Mama weiß man also auch im Tierreich durchaus zu schätzen.

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FOTO: IMAGO
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FOTO: DPA Kiwi-Mütter legen Eier, die vergleichs­weise riesig sind.
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FOTO: ANGELA KOCH Mut zur Unordnung hilft Insekten Futter zu finden.

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