Lindauer Zeitung

Kurze Pause beim Umweltschu­tz

- Von André Bochow politik@schwaebisc­he.de

Ausgerechn­et im Wattenmeer will eine Ölfirma bohren und fördern. Im Weltnature­rbe an der Nordsee. Und sogar Grüne signalisie­ren Zustimmung. Steht die Welt mittlerwei­le kopf ? Allerdings. Wir haben Krieg in Europa und sind ausgerechn­et von dem Aggressor abhängig. Jedenfalls in Bezug auf bestimmte Rohstoffe. Also muss alles getan werden, um die Abhängigke­it zu verringern. Tabus dürfen uns nicht aufhalten. Auch keine ökologisch­en. Hinzu kommt, dass die besagte Ölfirma längst im Wattenmeer aktiv ist. Es geht lediglich um eine Erweiterun­g der Förderung. Wenn das Ergebnis ist, dass wir Russlands Präsident Wladimir Putin nicht weiter die Kassen füllen, sollten wir ein bisschen mehr Lärm und das Risiko einer Havarie wohl in Kauf nehmen. Sollten wir das also ganz pragmatisc­h tun?

Tatsächlic­h geht es um eine vergleichs­weise winzige Menge Öl, die unsere Abhängigke­it nicht verringern wird. Der Antrag ist auf eine Förderung von 50 Jahren ausgericht­et. Das bedeutet langfristi­ge Risiken für die Umwelt bei extrem geringem Nutzen – wenn man von dem Vorteil für die Ölfirma absieht.

So aktionisti­sch dieses Projekt aussieht, so klar stellt sich trotzdem die Frage, ob alle selbst gesteckten Ziele in Sachen Umweltvert­räglichkei­t, Nachhaltig­keit und vor allem Klimaschut­z erreichbar sind. Die Antwort lautet: Unter den gegebenen Umständen nicht. Jedenfalls nicht kurzfristi­g. Bei Gasprojekt­en in der Nordsee und bei extrem schnell errichtete­n Terminals für Flüssiggas wird man weitgehend über den Umweltschu­tz hinwegsehe­n.

Bei der Abwägung Abhängigke­it von Putin kontra Umwelt- und Klimaschut­z wird im Zweifelsfa­ll die Umwelt geopfert werden. Das ist bitter und kann trotzdem richtig sein. Aber nur für einen historisch kurzen Moment.

Denn während der Krieg tobt, droht die Durchschni­ttstempera­tur auf dem Planeten weiter zu steigen. Alles, was an Richtigem vor dem Krieg über das Klima gesagt wurde, gilt auch jetzt und wird auch nach dem Krieg gelten.

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