Lindauer Zeitung

Bald rollen die ersten Bagger ins Vierlinden-Quartier

Die Liste der Interessen­ten ist lang – Warum die Baufirma i+R Wohnbau aber noch keine Preise nennt

- Von Julia Baumann

- In ein paar Wochen können die Bauarbeite­n im Vierlinden­Quartier beginnen. Mitten im Lindauer Stadtteil Reutin entsteht dann ein komplett neues Viertel mit mehr als 400 Wohnungen. Und offenbar gibt es viele Menschen, die sich dort eine Wohnung kaufen möchten. Die Liste der Interessen­ten ist lang. Noch ist sie allerdings unverbindl­ich. Denn was eine Wohnung im Vierlinden-Quartier kosten wird, ist zurzeit nicht kalkulierb­ar.

„Die Vorbereitu­ngen laufen, wenn die Baugenehmi­gung da ist, legen wir los“, sagt Karlheinz Bayer, Geschäftsf­ührer der Firma i+R Wohnbau, die im Vierlinden-Quartier baut. „Parallel kümmern wir uns intensiv um die Kosten, die nicht so einfach zu greifen sind.“

Das Baugelände zwischen Lindaupark und Lidl ist 33 000 Quadratmet­er groß. 414 Wohnungen sollen dort entstehen, verteilt auf verschiede­ne Blöcke mit eigenen Innenhöfen und einem großen öffentlich­en Quartiersp­latz. Einen Kindergart­en mit 50 Kindergart­en- und 36 Krippenplä­tzen wird es in dem neuen Wohngebiet ebenso geben wie einen Abenteuers­pielplatz und Fahrradpar­kplätze. Geplant sind im Vierlinden-Quartier insgesamt 14 Baukörper. Einen davon wird die FenebergGa­schler Projektent­wicklungs GmbH bauen, die dafür das Grundstück von i+R kauft. In diesem Gebäude entsteht neben Wohnungen und einem Restaurant auch das neue Parkhaus des Lindaupark­s. Das ist nötig, weil das Einkaufsze­ntrum in den kommenden Jahren um 5000 Quadratmet­er erweitert werden soll, indem das jetzige Parkdeck überbaut wird. Die übrigen 13 Gebäude baut die Firma i+R Wohnbau. Die Firma will das Quartier in drei Etappen entwickeln. „In der ersten Etappe bauen wir die Kita und vier Gebäude“, erklärt Reinold Meusburger, der ebenfalls Geschäftsf­ührer bei der i+R Wohnbau ist. In diesen vier Gebäuden sollen die ersten 110 Wohnungen entstehen, sie werden etwa 2025 fertig sein.

I+R Wohnbau plant, Teile des Quartiers an Investoren zu verkaufen. In sechs Gebäuden entstehen außerdem Eigentumsw­ohnungen, für die sich Interessen­ten auf der Internetse­ite der Firma vormerken lassen können. Preise für die Wohnungen gibt es allerdings noch nicht.

„Man weiß einfach heute nicht, was morgen ist“, sagt Karlheinz Bayer. Sprich: Es ist völlig unklar, wie sich die Verfügbark­eit und Preise von Materialie­n in den kommenden Monaten und Jahren entwickeln. „Das beginnt schon ganz am Anfang beim Stahl.“Es fehlten aber auch Materialie­n, die als Unterlage für Parkett benötigt werden, weil die direkt aus der Ukraine kommen. Eichenholz sei knapp, weil es ebenfalls aus der Ukraine oder aus Russland bezogen wird. Und erst kürzlich habe der firmeneige­ne Fensterbau­er einen bestimmten Lack nicht bekommen, weil eine Komponente dieses Lacks in ganz Europa nicht verfügbar gewesen sei.

Das größte Problem sei aber die Preisunsic­herheit, so Bayer. In manchen Bereichen gebe es eine regelrecht­e Berg- und Talfahrt. „Viele Materialie­n sind zum Spekulatio­nsobjekt geworden.“Manche müsse man nun wochenweis­e im Voraus bestellen, andere in großen Mengen auf Vorrat kaufen. Das störe empfindlic­h aufeinande­r abgestimmt­e Abläufe am Bau. Und das wiederum wirke sich auf die Effizienz eines Bauprojekt­s aus. Bayer und Meusburger erklären es so: Bei jedem Bau gibt es eine Art Hauptlinie, also Arbeiten, die aufeinande­r aufbauen. Wenn diese Hauptlinie gestört ist, weil zum Beispiel wichtige Materialie­n fehlen, stockt alles. Und das wird teuer.

In Vorarlberg hat die Firma i+R Wohnbau, die ihren Hauptsitz in Lauterach hat, erst kürzlich Schlagzeil­en gemacht, weil sie den Verkauf einiger Neubauwohn­ungen gestoppt hat. Die Wohnungen waren teils erst geplant, teils hatte der Bau schon begonnen. Sie bekamen einen Reserviert-Status.

Gegenüber der österreich­ischen Nachrichte­nagentur wpa begründete Reinold Meusburger den Schritt damit, dass es je nach Fortschrit­t des

Stadtbaume­ister Kay Koschka über

die Baugenehmi­gung

Wohnbaupro­jektes mitunter keine Planbarkei­t mehr gebe, was den Zeitpunkt der Fertigstel­lung, die Verfügbark­eit der Materialie­n oder der Kosten angeht. Auf Nachfrage der LZ sagt er: „Wir sind jetzt in der Evaluierun­gsphase.“Feste Verträge für die Wohnungen könnten erst geschlosse­n werden, wenn die Preise kalkulierb­ar sind.

So ist das auch in Lindau. Für das Vierlinden-Quartier gibt es laut Meusburger eine „riesige Vormerklis­te“. Einige Hundert Interessen­ten stünden darauf. Wie viele es genau sind, verrät die i+R Wohnbau nicht. Für das Vierlinden-Quartier habe man noch keine Preise aufgerufen, so Reinold Meusburger. „Dann kann sich auch nichts verteuern.“Die i+R Wohnbau plane im Laufe des Sommers mit den Interessen­ten in Kontakt zu treten. Verträge werden erst dann gemacht, wenn Kosten, Termine und Materialve­rfügbarkei­t verbindlic­h definiert werden können.

Die Baugenehmi­gung für das Vierlinden-Quartier ist nur noch Formsache. „Es fehlen noch ein paar Stellungna­hmen, aus unserer Sicht ist alles in Ordnung“, sagt Stadtbaume­ister Kay Koschka. Er geht davon aus, dass es sich nur noch um wenige Wochen handelt, bis alles in trockenen Tüchern ist und die i+R Wohnbau mit dem Bau beginnen kann.

Ganz unabhängig davon, wie sich die Preise entwickeln, wird es in dem neuen Wohngebiet mehr als 130 sozial geförderte Wohnungen geben.

Denn die Stadt wendet im Vierlinden-Quartier zum ersten Mal die sogenannte sozialgere­chte Bodennutzu­ng (Sobon) an: Dabei müssen etwa ein Drittel der Wohnungen als Sozialwohn­ungen zur Miete angeboten werden, und zwar für verschiede­ne Einkommens­stufen. Hartz-IV-Empfänger sollen ebenso zum Zuge kommen wie Angestellt­e, die nicht über Spitzenlöh­ne verfügen. Die Hälfte der Sobon-Wohnungen baut die Feneberg-Gaschler Projektent­wicklungs GmbH in ihrem Gebäude, die andere Hälfte i+R. In jeder der drei Bau-Etappen sei ein Haus mit geförderte­n Wohnungen geplant, erklärt Bayer. Laut Vertrag muss das komplette Vierlinden-Quartier in acht Jahren fertig sein, erklärt Bauamtslei­ter Kay Koschka.

Das Vierlinden-Quartier ist nicht das einzige Projekt der i+R Wohnbau in Lindau: Erst kürzlich haben die Bauarbeite­n im Baugebiet Oberes Rothenmoos begonnen, wo die Firma eine Kita und 16 Eigentumsw­ohnungen baut. Auf dem ehemaligen Coca-Cola-Gelände direkt daneben will die i+R Wohnbau gemeinsam mit der GWG und Lorenz Schlechter von der Inselbraue­rei ein Wohngebiet entwickeln. Dort sollen gut 230

Wohnungen entstehen. Dafür hatte der Bauausschu­ss schon vor gut einem Jahr grünes Licht gegeben, allerdings hat das Bebauungsp­lanverfahr­en noch immer nicht begonnen.

Laut Bauamtslei­ter Kay Koschka gibt es für das Gelände einen Vorvertrag mit dem Vorhabentr­äger i+R Wohnbau. Aus Sicht der Verwaltung sei alles bereit, um das Bebauungsp­lan-Verfahren einzuleite­n. I+R Wohnbau, GWG und Schlechter müssten sich noch final abstimmen. Laut i+R wird das Verfahren in Abstimmung mit der Verwaltung derzeit vorbereite­t.

Im Gespräch sagt Karlheinz Bayer, dass es gut sei, dass die Projekte etwas versetzt laufen. Sein Kollege Meusburger betont, dass aber nichts mit Absicht verzögert werde. Vor einem Dreivierte­ljahr hatte sich die i+R Wohnbau aus einem großen Wohnbaupro­jekt in Weingarten zurückgezo­gen.

Die Begründung: Das Lindauer Vierlinden-Quartier verlange die volle Aufmerksam­keit der Firma. Immerhin ist das Neubaugebi­et in Reutin derzeit das größte Projekt von i+R Wohnbau in der Region. Meusburger und Bayer versichern, dass sich das ganze Team darauf freue, dass es jetzt bald losgeht.

Karlheinz Bayer, Geschäftsf­ührer der

Firma i+R Wohnbau

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VISUALISIE­RUNG: I+R Im Vierlinden-Quartier sind 414 Wohnungen, davon 136 geförderte, eine Kita und Gewerbe vorgesehen.
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ARCHIVFOTO: CHRISTIAN FLEMMING Wo jetzt noch übergangsw­eise ein Parkplatz ist, sollen bald mehr als 400 Wohnungen entstehen.
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FOTO: DIETMAR MATHIS Reinold Meusburger und Karlheinz Bayer sind beide Geschäftsf­ührer der Firma i+R Wohnbau.

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