Fast elf Stunden auf einem SUP-Board
Lindauerin überquert als erste Frau den Bodensee und paddelt von Bodman nach Bregenz
- Monatelang stand sie fast jeden Tag auf dem Board und hat trainiert. Dann wagte die Lindauerin Meral Akyol am Montag den Rekordversuch: Sie paddelte mit dem SUPBoard von Bodman-Ludwigshafen nach Bregenz. Wie sich knapp elf Stunden auf einem Brett mitten auf dem Bodensee anfühlen.
Als Meral Akyol am Montagabend in Bregenz ankommt, wird sie von jubelnden Freunden mit Sektflasche und Applaus empfangen. Es ist halb neun, die Sonne lässt den Bodensee in orangefarbenem Licht erstrahlen – eine schönere Kulisse für ihre Ankunft nach dem Rekordversuch hätte sie sich nicht aussuchen können. Als die 45-Jährige nach elf Stunden das Ufer erreicht, ist klar: Sie ist nicht die schnellste Person, die diese Strecke mit dem SUP-Board zurückgelegt hat, aber sie ist die erste Frau, die es getan hat. „Ich bin müde, aber glücklich“, sagt die 45-Jährige bei der Ankunft. 10 Stunden und 53 Minuten hatte sie auf einem Board gestanden und gepaddelt.
Es ist der erste richtig warme Tag im Jahr. Die Sonne strahlt, es hat über 20 Grad. Mitten auf dem Bodensee fühlt es sich aber nach mehr an. Von morgens um halb zehn bis abends um halb neun sticht die 45-Jährige ihr Paddel abwechselnd links und rechts ins Wasser. Zur Abkühlung macht die Lindauerin ihr Sonnencap, das sie trägt, immer wieder nass. „Es war unglaublich heiß“, sagt sie.
Die SUPlerin ist aber nicht allein auf dem See unterwegs. Immer an ihrer Seite ist der Lindauer Surflehrer Marvin Peter. Er begleitet sie auf einem Boot, das die Lindauer Surfschule zur Verfügung gestellt hat. Er ist immer in ihrer Nähe. „Ich wüsste nicht, wie ich es gemacht hätte ohne die Menschen, die mich unterstützt haben“, sagt Meral Akyol später.
Und tatsächlich war das Boot sehr wichtig. Denn es hatte zehn Liter Wasser geladen. Damit füllte die SUPlerin immer wieder ihre Trinkblase im Rucksack auf. Ein paar Waffeln, Riegel, Joghurt und ein ErsteHilfe-Koffer sind dort auch verstaut. Die SUPlerin macht zwar immer mal wieder eine kleine Pause – wirklich etwas runter bekommt sie während der langen Fahrt aber nicht.
Die Nacht vor dem großen Tag hatten sie und Marvin Peter auf einem Campingplatz in LudwigshafenBodman übernachtet. Von dort stechen sie am Montagmorgen in See. Die Herausforderung von Anfang an: der Wind. Er kommt immer wieder in Böen und kosten die SUPlerin viel Kraft.
Normalerweise war es Meral Akyols Plan, sich ihre Kräfte auf die lange Distanz gut einzuplanen. Dafür hat sie lange geübt und trainiert. Zwar musste sie aus gesundheitlichen Gründen eine Trainingspause einlegen, aber ansonsten war sie, seit sie vor etwa einem Jahr nach Lindau gezogen ist, fast jeden Tag auf dem Brett – egal ob Sommer oder Winter.
Aber an diesem Tag machen die Winde ihr einen Strich durch die Rechnung. Sie muss immer abschätzen, wann sie Gas gibt und wann sie ihrem Körper eine Pause gönnt. „Das war gar nicht so einfach“, sagt Akyol.
Sie habe gehofft, dass die Berge bei Überlingen den Wind etwas abhalten könnten, aber dazu kommt es nicht: Vor Friedrichshafen blasen immer wieder starke Böen von der Seite. Die SUPlerin kostet das so viel Kraft, dass sie einmal kurz davor ist, aufzugeben. Sie kämpft. „Marvin hat mich dann aber motiviert, weiterzumachen“, sagt sie. Ihr Körper gibt alles.
Das muss er elf Stunden lang auch. Eine längere Pause legt Meral Akyol nicht ein. Ihr Herz schlägt den ganzen Tag über im Schnitt 150 Mal pro Minute. Das ist viel. Trotzdem kann die 45-Jährige ruhig bleiben. Sie ist bei sich und paddelt einfach immer weiter.
„Es geht dabei auch viel um Selbstliebe und die Kenntnis des eigenen Körpers“, sagt sie. Meistens ist die Lindauerin um die sechs Stundenkilometer schnell, manchmal auch mehr.
Das alles mitverfolgen und tracken konnten Interessierte vom Land aus. Denn die SUPlerin hatte eine spezielle Uhr und ihr Smartphone mit auf dem Brett. Die Uhr sendet über GPS regelmäßig, und zwar bei jedem Kilometer, ein Signal. Somit wurde 64 Mal – denn die Strecke war 64 Kilometer lang – eine Info zu Akyols Herzfrequenz, ihrer Geschwindigkeit und ihrer Zeit übertragen.
Auf dem Livestream nicht mitbekommen hatte man aber zum Beispiel, als ein Schiff der Wasserschutzpolizei aus Bregenz sich der SUPlerin und dem Boot näherte. „Kurz hatte ich schon Angst, dass jetzt eine Kontrolle ansteht“, sagt Marvin Peter. Das wäre vor allem deshalb schlecht gewesen, weil er dann aufgehalten worden wäre, Meral Akyol aber für den Rekord weiter paddeln musste. Seine Sorge war aber unbegründet. „Die wollten sich nur entschuldigen, dass sie Wellen gemacht haben und viel Erfolg wünschen“, erzählt Peter. Die Polizisten hätten im Radio von dem Rekordversuch erfahren.
Am Ende blieb es bei einem Versuch. Denn der Ostschweizer Dario
Aemisegger hat die Strecke im Sommer 2019 in etwas mehr als zehn Stunden zurückgelegt. Als Meral Akyol aber in Bregenz nach elf Stunden wieder festen Boden unter den Füßen hat, wird es fast zur Nebensache, dass sie nicht schneller war. Denn was bleibt ist, dass sie die erste Frau ist. Ihr tun die Füße weh und sie hat Blasen, aber sie ist glücklich, sagt sie.
Auch einen Tag später geht es Meral Akyol gut. Der Muskelkater hält sich in Grenzen. „Ich fühle mich nur sehr schwerfällig“, sagt sie. Sie wolle nur einfach den ganzen Tag nichts tun und schlafen.
Lang scheint ihre Ruhe aber nicht anzuhalten, denn im gleichen Satz kündigt sie an: „Ich habe mein Team schon vorgewarnt und gesagt: Es kann sein, dass ich das noch mal mache.“Sie wolle gerne wissen, wie sie die Strecke ohne den Wind und mit mehr Krafttraining im Voraus schaffen würde. Und dafür eigne sich der Bodensee einfach am besten.
Ein Video zum Rekord finden Sie unter schwaebische.de/sup-rekord