Alexander Gerst will zum Mond
Humboldt-Gesellschaft ehrt den Wissenschaftler und Astronauten in Friedrichshafen mit Goldmedaille
ins All blicken oder ihn auch als Sprungbrett zum Mars nutzen“, auf dem womöglich erste Spuren von Leben außerhalb der Erde gefunden werden könnten. Der Krieg in Europa hat diese Pläne vorerst durchkreuzt: Das Projekt Exomars, an dem auch die russische Raumfahrtagentur beteiligt ist, liegt auf Eis. Eine „Zeitenwende im Weltraum“erwartet Gerst nicht nur in geopolitischer Hinsicht. Auch die Kommerzialisierung der Raumfahrt werde weiter voranschreiten. Er halte das für eine „sehr gute Entwicklung“, die allerdings von der Gesellschaft reguliert werden müsse. Ob denn wenigstens im Weltraum alles friedlich bleibe, wollte Claudia Emmert wissen. „Wenn ich auf die Erde schaue, glaube ich das nicht“, sagte Gerst und verwies auf die militärischen Kapazitäten im All. Solange es keine nachhaltigen Antriebe gibt, werde der Weltraumtourismus Spielplatz für Milliardäre bleiben. Die Flüge ins All könnten jedoch Türöffner für eine neue Dimension der Raumfahrt sein. „Es wäre eine großartige Sache“, sagte Gerst und empfahl, jedem Staatslenker einen Besuch auf der ISS zu ermöglichen, damit er oder sie sieht, wie klein und empfindlich unsere Erde ist.
Alexander Gerst ist nach seinen zwei Flügen ins All ein überzeugter und überzeugender Umweltaktivist geworden. Vor allem sein Video, mit dem er 2018 aus der ISS die Umweltzerstörung, die globale Erwärmung und Kriege anprangerte, sich für einen nachhaltigeren Lebensstil einsetzte und sich bei seinen künftigen Enkeln dafür entschuldigte, dass seine Generation den Planeten in keinem guten Zustand zurückgelassen habe, brachte ihn in den Ruf eines scharfen und unermüdlichen Mahners. Dieses Engagement für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen war neben der wissenschaftlichen Leistung und der exzellenten Kommunikation ein entscheidender Punkt für die Ehrung durch die Humboldt-Gesellschaft, wie Vorstandsmitglied Jochen Schauenburg aus Markdorf in seiner Laudatio sagte. Gerst sei als Mensch und Wissenschaftler ein herausragendes Vorbild.
Der Geehrte versicherte, dass er seinerseits die Brüder Humboldt schätze und von ihnen viel gelernt habe. Sein Lieblingssatz von Alexander Humboldt deckt sich mit dem, den Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 2015 auf der Jahrestagung der Humboldt-Stiftung zitierte: „Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung derer, die die Welt nicht angeschaut haben.“