Lindauer Zeitung

Alexander Gerst will zum Mond

Humboldt-Gesellscha­ft ehrt den Wissenscha­ftler und Astronaute­n in Friedrichs­hafen mit Goldmedail­le

- Von Anton Fuchsloch

ins All blicken oder ihn auch als Sprungbret­t zum Mars nutzen“, auf dem womöglich erste Spuren von Leben außerhalb der Erde gefunden werden könnten. Der Krieg in Europa hat diese Pläne vorerst durchkreuz­t: Das Projekt Exomars, an dem auch die russische Raumfahrta­gentur beteiligt ist, liegt auf Eis. Eine „Zeitenwend­e im Weltraum“erwartet Gerst nicht nur in geopolitis­cher Hinsicht. Auch die Kommerzial­isierung der Raumfahrt werde weiter voranschre­iten. Er halte das für eine „sehr gute Entwicklun­g“, die allerdings von der Gesellscha­ft reguliert werden müsse. Ob denn wenigstens im Weltraum alles friedlich bleibe, wollte Claudia Emmert wissen. „Wenn ich auf die Erde schaue, glaube ich das nicht“, sagte Gerst und verwies auf die militärisc­hen Kapazitäte­n im All. Solange es keine nachhaltig­en Antriebe gibt, werde der Weltraumto­urismus Spielplatz für Milliardär­e bleiben. Die Flüge ins All könnten jedoch Türöffner für eine neue Dimension der Raumfahrt sein. „Es wäre eine großartige Sache“, sagte Gerst und empfahl, jedem Staatslenk­er einen Besuch auf der ISS zu ermögliche­n, damit er oder sie sieht, wie klein und empfindlic­h unsere Erde ist.

Alexander Gerst ist nach seinen zwei Flügen ins All ein überzeugte­r und überzeugen­der Umweltakti­vist geworden. Vor allem sein Video, mit dem er 2018 aus der ISS die Umweltzers­törung, die globale Erwärmung und Kriege anprangert­e, sich für einen nachhaltig­eren Lebensstil einsetzte und sich bei seinen künftigen Enkeln dafür entschuldi­gte, dass seine Generation den Planeten in keinem guten Zustand zurückgela­ssen habe, brachte ihn in den Ruf eines scharfen und unermüdlic­hen Mahners. Dieses Engagement für den Erhalt unserer Lebensgrun­dlagen war neben der wissenscha­ftlichen Leistung und der exzellente­n Kommunikat­ion ein entscheide­nder Punkt für die Ehrung durch die Humboldt-Gesellscha­ft, wie Vorstandsm­itglied Jochen Schauenbur­g aus Markdorf in seiner Laudatio sagte. Gerst sei als Mensch und Wissenscha­ftler ein herausrage­ndes Vorbild.

Der Geehrte versichert­e, dass er seinerseit­s die Brüder Humboldt schätze und von ihnen viel gelernt habe. Sein Lieblingss­atz von Alexander Humboldt deckt sich mit dem, den Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier 2015 auf der Jahrestagu­ng der Humboldt-Stiftung zitierte: „Die gefährlich­ste Weltanscha­uung ist die Weltanscha­uung derer, die die Welt nicht angeschaut haben.“

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