Die Pflege fällt hinten runter
Für die fast 1,7 Millionen Pflegerinnen und Pfleger in Deutschland ist am Donnerstag eine Art Murmeltiertag. Auch an diesem 12. Mai, am „Tag der Pflege“, werden sie hören, dass sich die Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern und Altenheimen verbessern müssen, damit ihr Beruf attraktiver wird. Dieser Appell dürfte ihnen bekannt sein – vom letzten Jahr, vom vorletzten Jahr und von all den Jahren zuvor.
Doch trotz der großen Dringlichkeit wurden die Missstände in der Pflege von den wechselnden Bundesregierungen nie mit Priorität behandelt – vielleicht weil diejenigen, die es direkt betrifft, Beschäftigte und Pflegebedürftige, schlecht Lobbyarbeit in Berlin machen können. Auch in der Corona-Pandemie wurde sehr viel intensiver über eine Impfpflicht diskutiert statt über die Belastungen für die Beschäftigten. Und jetzt überlagert der Krieg in der Ukraine ohnehin alles andere.
Diese Ignoranz, die mit einer gewissen Herzlosigkeit einhergeht, wird den politisch Verantwortlichen auf die Füße fallen. Auch wenn es seit ein paar Jahren mehr Beschäftigte in der Pflege gibt: Die Zahl der Pflegebedürftigen hat im gleichen Zeitraum noch sehr viel stärker zugenommen, von 2,34 Millionen im Dezember 2009 auf 4,13 Millionen zehn Jahre später. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Was also tun?
Die Vorschläge liegen ja auf dem Tisch. Doch die Höhe der Gehälter und die Arbeitszeiten sind nur zwei Stellschrauben von vielen. Es geht auch um die gesellschaftliche Anerkennung eines Berufs, der für kranke und hilfsbedürftige Menschen unfassbar wichtig ist. Wenn Jugendliche nur Negatives über die Pflege hören, ist das mit Sicherheit keine Motivation, sich dafür zu entscheiden. Aber auch in diesem Punkt ist die Politik gefragt: Sie muss dafür sorgen, dass die hohen Ausgaben in der Pflege bei den Senioren ankommen – und nicht bei Finanzinvestoren, die mit Heimen ihr Geld vermehren möchten. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hätte jetzt die Gelegenheit, statt der Corona-Pandemie die Pflege zu seinem Herzensthema zu machen. Doch danach sieht es nicht aus.