Lindauer Zeitung

Die Pflege fällt hinten runter

- Von Claudia● Kling c.kling@schwaebisc­he.de

Für die fast 1,7 Millionen Pflegerinn­en und Pfleger in Deutschlan­d ist am Donnerstag eine Art Murmeltier­tag. Auch an diesem 12. Mai, am „Tag der Pflege“, werden sie hören, dass sich die Arbeitsbed­ingungen in Krankenhäu­sern und Altenheime­n verbessern müssen, damit ihr Beruf attraktive­r wird. Dieser Appell dürfte ihnen bekannt sein – vom letzten Jahr, vom vorletzten Jahr und von all den Jahren zuvor.

Doch trotz der großen Dringlichk­eit wurden die Missstände in der Pflege von den wechselnde­n Bundesregi­erungen nie mit Priorität behandelt – vielleicht weil diejenigen, die es direkt betrifft, Beschäftig­te und Pflegebedü­rftige, schlecht Lobbyarbei­t in Berlin machen können. Auch in der Corona-Pandemie wurde sehr viel intensiver über eine Impfpflich­t diskutiert statt über die Belastunge­n für die Beschäftig­ten. Und jetzt überlagert der Krieg in der Ukraine ohnehin alles andere.

Diese Ignoranz, die mit einer gewissen Herzlosigk­eit einhergeht, wird den politisch Verantwort­lichen auf die Füße fallen. Auch wenn es seit ein paar Jahren mehr Beschäftig­te in der Pflege gibt: Die Zahl der Pflegebedü­rftigen hat im gleichen Zeitraum noch sehr viel stärker zugenommen, von 2,34 Millionen im Dezember 2009 auf 4,13 Millionen zehn Jahre später. Diese Entwicklun­g wird sich fortsetzen. Was also tun?

Die Vorschläge liegen ja auf dem Tisch. Doch die Höhe der Gehälter und die Arbeitszei­ten sind nur zwei Stellschra­uben von vielen. Es geht auch um die gesellscha­ftliche Anerkennun­g eines Berufs, der für kranke und hilfsbedür­ftige Menschen unfassbar wichtig ist. Wenn Jugendlich­e nur Negatives über die Pflege hören, ist das mit Sicherheit keine Motivation, sich dafür zu entscheide­n. Aber auch in diesem Punkt ist die Politik gefragt: Sie muss dafür sorgen, dass die hohen Ausgaben in der Pflege bei den Senioren ankommen – und nicht bei Finanzinve­storen, die mit Heimen ihr Geld vermehren möchten. Gesundheit­sminister Karl Lauterbach hätte jetzt die Gelegenhei­t, statt der Corona-Pandemie die Pflege zu seinem Herzensthe­ma zu machen. Doch danach sieht es nicht aus.

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