Das Ende eines Traums
ber Jahrzehnte standen sich in Europa zwei bis an die Zähne bewaffnete Blöcke gegenüber. Doch es gab ein paar Ausnahmen. Einige Staaten hielten sich aus den militärischen Muskelübungen heraus. Sie blieben sowohl der Nato als auch dem Warschauer Pakt fern. Was 45 Jahre Ost-West-Konfrontation nicht vermochten, hat Wladimir Putin drei Jahrzehnte nach Ende des Kalten Krieges mit seinem Einmarsch in die Ukraine innerhalb von Wochen geschafft. Finnland möchte schnellstmöglich in die Nato, Schwedens Regierung plant dies ebenfalls.
Es ist nachvollziehbar, dass beide Staaten die Aggression Russlands mit Sorge betrachten. Einem Angriff wären sie ohne Unterstützung anderer Staaten unterlegen. Ob es bei Moskaus friedlicher Politik gegenüber dem Nachbarn Finnland bleiben wird, weiß niemand. Dass Putin auch jenseits der Ukraine seinen Machtbereich vergrößern will, hat er mehrfach angedeutet. Niemand kann es den Finnen verübeln, dass sie mit ihrer 1300 Kilometer langen Grenze zu Russland unter den Schutzschild der Nato schlüpfen wollen.
Für die Nato ist diese Erweiterung ein konsequenter Schritt. Sowohl Finnland als auch Schweden erfüllen die Aufnahmekriterien, sie haben schon lange Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Nato-Armeen, haben an Übungen teilgenommen – und teilen die politischen Werte der NatoStaaten. Sie werden die Nordostflanke des Bündnisses absichern.
Damit schwindet allerdings auch der Traum, dass ein Leben in Europa ohne feindliche Blöcke möglich ist. Es ist ein Schritt weiter zu einem konfrontativen Zustand, den es in Europa in den Zeiten des Kalten Krieges schon einmal gab – damals allerdings mit wesentlich berechenbareren Kontrahenten. Und an der Neuauflage der Feindschaft tragen nicht Finnland oder Schweden die Schuld. Sondern Russland mit seinem völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine. Ein Sprecher Putins hat bereits mitgeteilt, man sehe den Beitritt Finnlands als Bedrohung. Putins Ziel, die Nato auf Distanz zu halten, ist mit diesem Aufnahmeantrag jedenfalls Vergangenheit.