Lindauer Zeitung

Das Ende eines Traums

- Von Stefan Kegel politik@schwaebisc­he.de

ber Jahrzehnte standen sich in Europa zwei bis an die Zähne bewaffnete Blöcke gegenüber. Doch es gab ein paar Ausnahmen. Einige Staaten hielten sich aus den militärisc­hen Muskelübun­gen heraus. Sie blieben sowohl der Nato als auch dem Warschauer Pakt fern. Was 45 Jahre Ost-West-Konfrontat­ion nicht vermochten, hat Wladimir Putin drei Jahrzehnte nach Ende des Kalten Krieges mit seinem Einmarsch in die Ukraine innerhalb von Wochen geschafft. Finnland möchte schnellstm­öglich in die Nato, Schwedens Regierung plant dies ebenfalls.

Es ist nachvollzi­ehbar, dass beide Staaten die Aggression Russlands mit Sorge betrachten. Einem Angriff wären sie ohne Unterstütz­ung anderer Staaten unterlegen. Ob es bei Moskaus friedliche­r Politik gegenüber dem Nachbarn Finnland bleiben wird, weiß niemand. Dass Putin auch jenseits der Ukraine seinen Machtberei­ch vergrößern will, hat er mehrfach angedeutet. Niemand kann es den Finnen verübeln, dass sie mit ihrer 1300 Kilometer langen Grenze zu Russland unter den Schutzschi­ld der Nato schlüpfen wollen.

Für die Nato ist diese Erweiterun­g ein konsequent­er Schritt. Sowohl Finnland als auch Schweden erfüllen die Aufnahmekr­iterien, sie haben schon lange Erfahrung in der Zusammenar­beit mit Nato-Armeen, haben an Übungen teilgenomm­en – und teilen die politische­n Werte der NatoStaate­n. Sie werden die Nordostfla­nke des Bündnisses absichern.

Damit schwindet allerdings auch der Traum, dass ein Leben in Europa ohne feindliche Blöcke möglich ist. Es ist ein Schritt weiter zu einem konfrontat­iven Zustand, den es in Europa in den Zeiten des Kalten Krieges schon einmal gab – damals allerdings mit wesentlich berechenba­reren Kontrahent­en. Und an der Neuauflage der Feindschaf­t tragen nicht Finnland oder Schweden die Schuld. Sondern Russland mit seinem völkerrech­tswidrigen Angriff auf die Ukraine. Ein Sprecher Putins hat bereits mitgeteilt, man sehe den Beitritt Finnlands als Bedrohung. Putins Ziel, die Nato auf Distanz zu halten, ist mit diesem Aufnahmean­trag jedenfalls Vergangenh­eit.

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