Lindauer Zeitung

Beherrschb­are Lage

Bund sieht derzeit keinen Anlass für Alarmstufe bei Gasversorg­ung in Deutschlan­d

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(AFP) - Die Bundesregi­erung sieht derzeit trotz der reduzierte­n Gaslieferu­ngen aus Russland keinen Anlass, im Notfallpla­n Gas die Alarmstufe auszurufen. „Die Lage ist beherrschb­ar“, sagte Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) in Berlin. Er betonte aber erneut die Bedeutung gefüllter Speicher für die Versorgung im Winter. Derzeit erwartet Habeck, dass täglich Lieferunge­n von rund zehn Millionen Kubikmeter­n Gas aus Russland wegfallen. Das entspreche auf das gesamte Jahr gesehen rund drei Prozent des Verbrauchs in Deutschlan­d, erklärte er. Diese Menge könne am Markt anderweiti­g beschafft werden.

Russland hatte am Mittwoch als Reaktion auf die westlichen Strafmaßna­hmen Sanktionen gegen 31 europäisch­e Unternehme­n verhängt, darunter die Gazprom Germania, für die das Bundeswirt­schaftsmin­isterium Anfang April die Bundesnetz­agentur vorübergeh­end als Treuhänder­in eingesetzt hatte, und eine Reihe ihrer Töchter. Betroffen von den Sanktionen gegen die Gazprom-Germania-Töchter sind laut Habeck und dem Präsidente­n der Bundesnetz­agentur, Klaus Müller, Speicher und Handelsunt­ernehmen, allerdings nicht die Netzbetrei­ber. Auf diese Situation habe sich Deutschlan­d „vorbereite­t“, sagte Habeck.

Er warf zugleich der russischen Führung vor, „Energie als Waffe einzusetze­n“. An seiner Aussage, dass Deutschlan­d einen möglichen russischen Gasboykott schon in diesem Winter verkraften könne, hielt er fest. Das setze aber volle Speicher voraus und das wiederum bedeute, dass zunächst weiter russisches Gas fließe.

Der Minister hatte zuvor der „Wirtschaft­swoche“gesagt: „Wenn wir zum Jahreswech­sel volle Speicher haben, wenn zwei der vier von uns angemietet­en schwimmend­en LNG-Tanker schon am Netz angeschlos­sen sind und wenn wir deutlich an Energie sparen, können wir im Fall eines Abrisses der russischen Gaslieferu­ngen einigermaß­en über den Winter kommen.“Eine Unabhängig­keit von russischem Gas hatte die Regierung bislang eigentlich erst „bis Mitte 2024“in Aussicht gestellt.

Damit es schneller soweit sei, müssten aber alle Beteiligte­n einen Beitrag leisten, sagte Habeck. „Weniger Verbrauch ist das A und O beim Gas.“Wenn Industrie und Privatleut­e zehn Prozent des Verbrauchs einsparten, „dann sind das die entscheide­nden Prozente, um nicht in eine Notlage zu geraten.“

Der russische Gazprom-Konzern teilte am Donnerstag mit, dass im Zuge der Sanktionen künftig kein Gas von Russland mehr über den polnischen Teil der Pipeline Jamal-Europa geliefert werden dürfe. Seine Gaslieferu­ngen nach Polen hatte Gazprom bereits Ende April gestoppt, ebenso wie nach Bulgarien; nach Deutschlan­d kam laut Daten der Bundesnetz­agentur über die Jamal-Pipeline bereits seit Wochen kein Gas mehr – die größte Rolle für die Versorgung mit russischem Gas spielt hierzuland­e die Ostseepipe­line Nord Stream 1.

Rückläufig war zuletzt der Gasfluss am Übergangsp­unkt Waidhaus an der deutsch-tschechisc­hen Grenze. Dort kommt Gas an, das über die Ukraine geliefert wird. Am Donnerstag gab es laut Gazprom eine weitere Verringeru­ng der Liefermeng­en über die Ukraine Richtung Europa.

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FOTO: DPA Erdgas-Verdichter­station im bayerische­n Waidhaus: Nach der Verringeru­ng der russischen Gas-Transitmen­gen durch die Ukraine in Richtung Europa sieht Deutschlan­d derzeit keine größeren Auswirkung­en für die Versorgung.

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