Der zerplatzte Traum vom Fertighaus
Wie der Hersteller Schwörerhaus eine Klausel im Bauvertrag nutzt und Kunden so um ihr neues Eigenheim bringt
ausnutzt und unseren Vertrag kündigt, schlägt dem Fass den Boden aus. Wo ist sie hin, die Festpreisgarantie, mit der Schwörerhaus landauf landab für sich wirbt“, schimpft Florian Müller, der im wahren Leben anders heißt. Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“konstruieren er und sein Vater einen Fall, der an der Redlichkeit des Vertragspartners Schwörerhaus ihrer Meinung nach zweifeln lässt.
Um zu verstehen, wie es dazu kommen konnte, muss man etwas tiefer in das Vertragswerk von Schwörerhaus tauchen. Müller und seine Lebensgefährtin, die ihr neues Eigenheim im Kreis Ravensburg bauen wollten, mussten bei Vertragsabschluss mit dem Fertighaushersteller im Mai 2021 eine Zusatzvereinbarung, eine sogenannte „aufschiebende Bedingung“, unterzeichnen. Das ist bei der Einbindung von KfW-Mitteln in der Immobilienfinanzierung üblich.
Darin steht unter anderem, dass der Kaufvertrag mit Schwörerhaus erst dann endgültig in Kraft tritt, wenn die KfW eine Förderung des Neubaus zusagt. „Der Passus ist eigentlich zum Schutz des Bauherren und quasi als Rücktrittsklausel zu verstehen, sollte die KfW das Bauvorhaben doch nicht fördern und dadurch das Finanzierungskonzept scheitern“, erklärt Christoph Linder, Leiter Baufinanzierung bei der Volksbank Altshausen.
Mit den leeren KfW-Fördertöpfen ist für Müller und seine Lebensgefährtin genau dieses Szenario eingetreten. Die „aufschiebende Bedingung“ließ sich nicht mehr erfüllen, der Vertrag wurde unwirksam. „Rein juristisch ist das wasserdicht“, gesteht Florian Müller. Doch ihn ärgert, dass sich Schwörerhaus mit Verweis auf die Zusatzvereinbarung nun aus dem Festpreisvertrag verabschiedet, obwohl er die Finanzierung auch ohne KfW-Mittel hätte stemmen können. „Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten. Gilt das auch für Schwörerhaus oder nur, wenn der maximale Gewinn erwirtschaftet wird“, fragt Müller und wirft dem Fertighaushersteller vor, sich aus der Verantwortung zu stehlen.
Sein Verdacht: Schwörerhaus nimmt die „aufschiebende Bedingung“als willkommenen Anlass, um aus der Festpreisgarantie herauszukommen und unrentable Bauverträge wieder rentabel zu machen. Denn parallel zur Mitteilung des Unternehmens, dass der abgeschlossene Vertrag unwirksam sei, bietet der Fertighaushersteller Müller und seiner Lebensgefährtin einen neuen Vertrag an – kombiniert mit einem saftigen Preisaufschlag von zehn Prozent beziehungsweise 35 000 Euro.
Schwörerhaus rechtfertigt das Vorgehen. „Die KfW setzt einen aufschiebend bedingten Vertrag als Grundlage für die Förderung fest, und deshalb sind – auch ohne findige Winkeladvokaten – die abgeschlossen Verträge nun durch Entfall der Förderung unwirksam. Die Folge ist, dass ein neuer Vertrag abgeschlossen werden muss“, teilt das Unternehmen den Bauherren in einem Brief mit, der der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt.
Dieser Neuvertrag sei wegen der zwischenzeitlichen Preiserhöhungen von Lieferanten für Holz, Stahl oder Kunststoffe „zu den gleichen Konditionen für uns aber einfach nicht mehr möglich“, heißt es darin weiter. Eigentlich müsste Schwörerhaus den Preis für das Fertighaus sogar um 20 Prozent anheben. Man schlage aber einen Kompromiss vor und begnüge sich mit einem Aufschlag von zehn Prozent. Dies sei, heißt es wörtlich in dem Schreiben, „ein gewaltiges Entgegenkommen“.
Johannes Schwörer (Foto: oh), Chef des Fertighausherstellers aus Hohenstein-Oberstetten auf der Schwäbischen Alb, wischt im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“Kritik an seinem Stil beiseite und sieht sich selbst als Opfer des KfW-Förderfiaskos. „Wir müssen Vertragssicherheit herstellen“, erklärt der Unternehmer.
Doch ließe sich das nicht auch unter Beibehaltung der damals, im Mai 2021, abgegebenen Festpreisgarantie, machen? Zumal Schwörer für sich in Anspruch nimmt, trotz Preissteigerungen im Einkauf tagtäglich alle Verträge korrekt auszuführen und sich an Preisgarantien zu halten – auch an solche, die Kunden „vor zwei Jahren abgeschlossen haben“.
Darauf angesprochen entgegnet Johannes Schwörer: „Die Preiserhöhung ist keine Gewinnmaximierung meinerseits. Sie ist getrieben durch eine riesige Preiserhöhungswelle meiner Lieferanten. Das geht inzwischen so weit, dass mir Lieferanten trotz bestehender Verträge sagen ,Entweder du akzeptierst die neuen Preise oder du bekommst kein Material.’“
Auf Nachfrage bestätigt Schwörer zudem, dass der Fall Müller kein Einzelfall ist. Rund 300 Verträge von Bauherren mit Schwörerhaus seien nach dem plötzlichen Förderstopp des KfW-Programms Effizienzhaus 55 unwirksam. Die Hälfte derer hätten Neuverträge mit entsprechender Preisanpassung akzeptiert, die andere Hälfte nicht, sagt Schwörer.
Für Florian Müller und seine Lebensgefährtin ist das Kapitel Hausbau damit erst einmal beendet. Die Kombination aus fehlender KfW-Förderung und höherem Hauspreis können die beiden nach eigener Aussage finanziell nicht mehr stemmen. Besonders ärgerlich: Vorleistungen für den Architekten, für Bodenproben, Vermessungen und Notarkosten im Volumen von 14 000 Euro sind damit auch erst mal futsch. „Eine Sauerei“findet der so ausgebremste Bauherr das Vorgehen seines Vertragspartners Schwörerhaus.
Sollten Müller und seine Lebensgefährtin das Vorhaben Hausbau noch einmal aufgreifen, dann, so sagen sie, fällt ein Fertighausanbieter mit Sicherheit aus.