Lindauer Zeitung

Unfallopfe­r oft jung und männlich

Tausende Menschen sterben jährlich auf den Straßen – Neue Dekra-Studie sieht ein Muster

- Von Josefine Kaukemülle­r

(dpa) - Manchmal ist es nur ein unachtsame­r Augenblick, eine falsche Einschätzu­ng – doch die Folgen eines Verkehrsun­falls können verheerend sein. Tausende Menschen auf der Welt sterben jährlich bei Unfällen im Straßenver­kehr, andere werden schwer verletzt. Oft sind die Betroffene­n jung. Im am Donnerstag veröffentl­ichten Verkehrssi­cherheitsr­eport 2022 der Prüfgesell­schaft Dekra „Mobilität junger Menschen“stellen die Experten die Gefahren im Straßenver­kehr mit Blick auf diese Altersgrup­pe heraus – und zeigen auf, an welchen Stellschra­uben für mehr Sicherheit gedreht werden kann.

Für den Report analysiere­n die Autoren Statistike­n aus verschiede­nen Ländern sowie Forschungs­ergebnisse und tragen die Einschätzu­ngen internatio­naler Experten zusammen. Inhaltlich stehen zunächst Zahlen der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) im Fokus: Demnach sterben schon seit Jahren jedes Jahr mehr Menschen zwischen 15 und 29 Jahren bei Verkehrsun­fällen als durch HIV/ Aids, Malaria oder Tuberkulos­e. Vier Faktoren spielen laut Dekra eine besondere Rolle beim Unfallgesc­hehen junger Menschen in vielen Ländern: Sie sind mehrheitli­ch männlich, mit dem Auto oder Motorrad unterwegs, zu schnell und möglicherw­eise alkoholisi­ert. Zwar ist den Daten nach die Zahl der bei Unfällen Getöteten oder Schwerverl­etzten zwischen 15 und 24 in den vergangene­n zehn Jahren teils deutlich gesunken. In dieser Altersgrup­pe sind im Schnitt aber noch deutlich mehr Menschen bei Unfällen gestorben oder schwer verletzt worden als in allen anderen.

175 000 Menschen in diesem Alter starben 2019 weltweit im Verkehr, wie aus Angaben des Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) der Uni Washington hervorgeht, auf die sich die Dekra stützt. Vier von fünf Verkehrsto­ten in dem Alter waren demnach Männer. Weltweit machte die Altersgrup­pe 2019 – jüngere Daten gebe es noch nicht – rund 15 Prozent aller Verkehrsto­ten aus.

In Deutschlan­d, wo 2019 insgesamt nach Zahlen des Statistisc­hen Bundesamts 429 junge Menschen zwischen 15 und 24 bei Verkehrsun­fällen starben, ergibt sich ein ganz ähnliches Bild. Bei den Verkehrsto­ten dieser Altersgrup­pe fanden sich fast viermal so viele Männer wie Frauen. Mangelnde Fahrerfahr­ung, Selbstüber­schätzung oder Fahrzeugbe­herrschung

– die großen Risikofakt­oren für Fahranfäng­er benennen die Dekra-Experten klar. Auch auf eingeschrä­nkte Gefahrenwa­hrnehmung, Ablenkung vom Verkehr etwa durch Handynutzu­ng oder Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinf­luss weisen sie hin. „Allesamt Problember­eiche, die nicht zuletzt auch im Rahmen der Fahrausbil­dung noch stärker in den Fokus rücken sollten“, sagt Jann Fehlauer, Geschäftsf­ührer der Dekra Automobil.

„Die Kombinatio­n aus geringer Fahrpraxis und Jugendlich­keit stellt einen gefährlich­en Risikomix für Fahranfäng­erinnen und Fahranfäng­er dar: Sie sind überdurchs­chnittlich häufig Hauptverur­sachende von Pkw-Unfällen“, sagt auch Walter Eichendorf, Präsident des Deutschen Verkehrssi­cherheitsr­ats (DVR). Um dieses Risiko zu senken, sei 2011 das begleitete Fahren ab 17 dauerhaft eingeführt worden. „Und es wirkt: Jugendlich­e, die daran teilnehmen, sind im ersten Jahr ihres selbststän­digen Fahrens 23 Prozent seltener an Verkehrsun­fällen beteiligt als Jugendlich­e, die nicht daran teilgenomm­en haben.“Dekra-Geschäftsf­ührer Fehlhauer fordert, dass neben dem Umgang mit dem Fahrzeug und den Verkehrsre­geln auch Kompetenze­n wie

Selbstkont­rolle und -beobachtun­g und die Akzeptanz von Verkehrsre­geln in Fahrschule­n stärker vermittelt werden müssten. Als Führersche­inneuling sei man nicht automatisc­h schon ein guter Fahrer und habe ausgelernt. Wissen, Trainingsp­raxis und bestimmte Abläufe müssten sich verbinden – „durch kontinuier­liche Übung im realen Straßenver­kehr“.

Handlungsb­edarf gebe es aber nicht nur in Sachen Verkehrser­ziehung, Fahrausbil­dung und Übungsprax­is bei jungen Fahrern. „Um effizient und langfristi­g nachhaltig gegenzuste­uern, sind große Anstrengun­gen aller Beteiligte­n notwendig“, sagt Fehlauer. Ansatzpunk­te für mehr Sicherheit sind demnach auch Fahrzeugte­chnik, Straßeninf­rastruktur, Gesetzgebu­ng und Verkehrsüb­erwachung.

Weil viele Junge vor allem aus Kostengrün­den ältere Autos führen, bleibe die regelmäßig­e Fahrzeugüb­erwachung für die Verkehrssi­cherheit zentral, analysiert die Dekra. Zum Strauß der im Report gestellten Forderunge­n gehören unter anderem auch die konsequent­e Kontrolle und Ahndung gefährlich­er Verhaltens­weisen am Steuer sowie ein absolutes, überall geltendes Alkoholver­bot für Fahranfäng­er.

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