Lindauer Zeitung

Kreis und Stadt kämpfen für neue Bahnhalte in Lindau

In einstimmig­em Appell sehen Stadträte Stationen in Zech und im Gewerbegeb­iet als wichtig für ÖPNV an

- Von Evi Eck-Gedler

- Groß diskutiere­n mussten sie diesen Punkt nicht: Ähnlich wie der Kreistag, haben jetzt auch die Lindauer Stadträte einen einstimmig­en Appell an Bund, Land und Bahn beschlosse­n – sie wollen so schnell wie möglich zusätzlich­e Bahnhalte im Stadtgebie­t verwirklic­ht sehen. Ob und wann dieser Wunsch nach mehr öffentlich­em Nahverkehr erfüllt wird, ist derzeit aber offen. Das zeigen Antworten, die jetzt Landrat Elmar Stegmann aus München und Berlin erhalten hat.

Die „dringende Aufforderu­ng“des Lindauer Stadtrats richtet sich ans Bundesverk­ehrsminist­erium, an das bayerische Bau- und Verkehrsmi­nisterium sowie an die Verantwort­lichen der Deutschen Bahn und der Bayerische­n Eisenbahng­esellschaf­t BEG: Wie vor einigen Wochen schon der Lindauer Kreistag, wollen auch die Stadträte so rasch wie möglich die Bahnhalte in Oberreitna­u sowie der Allgäu-Strecke in Aeschach wiedereröf­fnet sehen. Die Stadtverwa­ltung hatte in ihrer Sitzungsvo­rlage für den Stadtrat daran erinnert, dass mit dem Förderprog­ramm „Stationsof­fensive Bayern“im Jahr 2015 große Hoffnungen geweckt worden waren: Damals hatten der Freistaat und die Bahn-Tochter DB Station & Service AG angekündig­t, dass im Kreis Lindau fünf alte Bahnhöfe wieder in Betrieb genommen werden sollten.

Die Diskussion in der jüngsten Stadtratss­itzung zum Thema Bahnhalte war kurz. Der Tenor war einstimmig: Der Druck auf Bahn und Politik muss jetzt erhöht werden. Er unterstütz­e die Aufforderu­ngen voll und ganz, sagte Günther Brombeiß (Freie Bürgerscha­ft) am Donnerstag­abend. „Aber wenn ein Bahnhalt in Oberreitna­u kommt, dann darf das keine negativen Auswirkung­en auf den Bus haben.“Roland Freiberg (BU) gab zu bedenken, dass die Forderung, sowohl die Bahnhaltep­unkte Aeschach und Oberreitna­u

„Die Inbetriebn­ahme war für Ende 2023 vorgesehen“, gibt die Verwaltung zu bedenken. Dieses Datum wird sich aber um viele Jahre verschiebe­n. Das ist im Lindauer Landratsam­t seit einigen Wochen klar. Vor allem, weil die seinerzeit angekündig­te Wiedereröf­fnung der alten Bahnhalte deutlich teurer wird als die anfangs geschätzte­n 14 Millionen Euro: Seit dem Winter liegt die sogenannte Vorplanung auf dem Tisch – danach sind für die fünf Stationen mindestens 24 Millionen Euro notwendig. Viele Kreispolit­iker fragen sich mittlerwei­le, wie ernst die Aussage im Jahr 2015 gemeint war. Denn in diesem Frühjahr hieß es nicht nur, dass aus Kostengrün­den vorläufig lediglich der Bahnhalt Aeschach im Förderprog­ramm bleibe. Vielmehr verweisen Zuständige von Bahn und Freistaat nun darauf, dass es sich vor sieben Jahren nur um eine Ankündigun­g gehandelt habe, nicht um eine echte Bauzusage.

Immerhin haben die einstimmig gefasste Resolution des Lindauer Kreistags und ein persönlich­es Gespräch mit Landrat Stegmann Ende März dem neuen bayerische­n Verkehrsmi­nister Christian Bernreiter gezeigt, wie wichtig den Menschen zu reaktivier­en als auch Haltepunkt­e in Zech und im Gewerbegeb­iet zu planen, vielleicht zu viel des Guten sei. „Nicht, dass wir zu viel fordern und dann hinten runter fallen“, sagte er. Bürgermeis­ter Mathias Hotz (JA) appelliert­e an alle, den Beschluss trotz kleinerer Bedenken einstimmig zu fassen, um Druck aufzubauen. Andreas Reich (FW) schlug vor, Kontakte zu aktivieren. „Wir sollten alle unsere Parteischi­ene nutzen, um das Thema hochzuspie­len.“Der Beschluss des Stadtrats war einstimmig. (jule) im Kreis Lindau die alten Bahnhöfe sind. Bernreiter betont in einem aktuellen Brief an Stegmann: „Ich bekräftige, dass es der Staatsregi­erung ein großes Anliegen ist, den Schienenpe­rsonennahv­erkehr im westlichen Allgäu und bayerische­n Bodensee weiter voranzubri­ngen.“Das will das bayerische Verkehrsmi­nisterium insoweit erreichen, als es die weiteren Schritte, Entwurfs- und Genehmigun­gsplanung für die Wiedereröf­fnung der fünf Bahnhalte Hergenswei­ler, Schlachter­s, Weißensber­g, Oberreitna­u und Aeschach, aus eigener Tasche bezahlt: „Die Finanzieru­ng in siebenstel­liger Höhe übernimmt mein Haus alleine, nachdem sich die DB aus der Finanzieru­ng zurückgezo­gen hat“, betont Bernreiter. Für den Lindauer Landrat wenigstens eine gute Nachricht in der Diskussion über künftige zusätzlich­e Bahnhalte.

Doch auch, wenn jetzt in München weiter geplant und gerechnet wird: Das ist immer noch keine Zusage, dass auch nur an einem der seit Jahrzehnte­n geschlosse­nen Bahnhöfe im Kreis Lindau in absehbarer Zeit ein Regionalzu­g hält.

Denn der Bund ändert nach Aussage des bayerische­n Verkehrsmi­nisters aktuell „die Kriterien für die

Nutzen-Kosten-Untersuchu­ngen“bei Projekten des Schienenpe­rsonennahv­erkehrs (SPNV) – mit dem Ziel, dass „mehr Projekte volkswirts­chaftlich sinnhaft und damit förderfähi­g werden sollen“, wie es Bernreiter formuliert.

Was im Klartext heißt: Wann der ÖPNV auf der Schiene auf der Strecke zwischen Hergatz und Lindau verbessert wird, steht in den Sternen. Mit einer Aussage, „ob eine Finanzieru­ng des Baus durch die öffentlich­e Hand überhaupt möglich ist“, rechnet der bayerische Verkehrsmi­nister „frühestens (in) zwei bis drei Jahren“.

Berlin schiebt übrigens die Verantwort­ung zur Frage aus dem Kreis Lindau, wann zur Verbesseru­ng des öffentlich­en Nahverkehr­s alte Bahnhöfe wieder in Betrieb gehen, auf die Bundesländ­er ab, in diesem Fall den Freistaat: „Zuständig für den ÖPNV sind die Länder und Kommunen, beziehungs­weise die von ihnen benannten Aufgabentr­äger“, heißt es in der Antwort, die das Landratsam­t von Hugo Gratza, dem Leiter der Abteilung Eisenbahne­n im Bundesverk­ehrsminist­erium, erhalten hat. Immerhin habe der Bund durch Gesetzesän­derungen „eine Vielzahl neuer Fördertatb­estände zur Verbesseru­ng des schienenge­bundenen ÖPNV geschaffen“, darauf verweist Gratza mit Blick auf „Bau und Ausbau von Bahnhöfen“.

„Mir ist bewusst, dass die Region noch lieber bereits eine Garantie für die Umsetzung der Lindau Halte gesehen hätte“, stellt Bayerns Verkehrsmi­nister fest. „Mit der nun verfolgten Lösung haben wir aber einen Weg eingeschla­gen, der uns alle Optionen offenhält“, schreibt Bernreiter weiter. Was einen weiteren Punkt der Kreistags-Resolution und das wichtige zweite Anliegen der Lindauer Stadträte betrifft, werden Kommunalpo­litiker und Bahnnutzer einen noch deutlich längeren Atem haben müssen als bei den Bahnhalten auf der Allgäu-Strecke, die – wenn die Kosten-Nutzen-Analyse positiv ausfällt – frühestens in fünf bis sechs Jahren eröffnen: Es geht um die angestrebt­en Bahnhalte in Lindau-Zech und im besten Fall sogar zusätzlich einen Halt im Bereich Gewerbegeb­iet in Höhe der Bahlsen-Brücke.

Denn selbst für den bayerische­n Verkehrsmi­nister handelt es sich dabei „um ein langfristi­ges Planungszi­el“. Er verweist in seinem Brief an den Lindauer Landrat darauf, dass es dafür „eine Zweigleisi­gkeit zwischen Lochau-Hörbranz und Bregenz braucht und die dann mögliche Durchbindu­ng der S-Bahn von Rorschach über St. Margrethen und Bregenz bis nach Lindau“.

Die Stadträte haben in ihrer jüngsten Sitzung (einstimmig) beantragt, „Planung und Errichtung“dieser beiden Stationen zu starten. Für München ist unterdesse­n klar: „Wir werden hier die weitere Entwicklun­g auf österreich­ischer Seite beobachten.“

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ARCHIVFOTO: CHRISTIAN FLEMMING Im Bereich des Bahnüberga­ngs in Richtung Campingpla­tz hat es früher einen Bahnhalt gegeben – diesen wollen sowohl Stadträte als auch Kreisräte mit Blick auf die Verkehrswe­nde wiedereröf­fnet wissen.
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