Lindauer Zeitung

Energietea­m fordert kälteres Wasser fürs Aquamarin

Das Wasserburg­er Freibad hat die höchste Wassertemp­eratur in der Umgebung – Das sorgt für Aufregung

- Von Isabel de Placido

- 28 Grad warm ist das Wasser im Aquamarin. Die Wohlfühlte­mperatur ist das Alleinstel­lungsmerkm­al des Wasserburg­er Freibads. Ein Unding, finden Florian Strößenreu­ther, Roland Gamisch und Johannes Enders. Bei der jüngsten Gemeindera­tssitzung nutzten die drei Mitglieder des Energietea­ms die Bürgerspre­chgelegenh­eit, um ihrem Ärger Luft zu machen. Sollte der Gemeindera­t an den 28 Grad festhalten, wollen sie aus dem Energietea­m aussteigen.

In Nonnenhorn, Oberreitna­u und Lindau öffnen die Freibäder als Reaktion auf den Ukraine Krieg eine Woche später als geplant und Nonnenhorn will wegen der Diskussion um russisches Gas sogar die Temperatur des Schwimmbec­kens um bis zu zwei Grad senken. Nur in Wasserburg bleibt alles wie gehabt. Das Aquamarin ist seit vergangene­m Samstag eröffnet. Das Wasser wird mittels einer Kombinatio­n aus Solarenerg­ie und Hackschnit­zel auf 28 Grad hochgeheiz­t. „Die Temperatur ist ein Alleinstel­lungsmerkm­al, das viele Gäste nach Wasserburg bringt, die die Kombinatio­n aus Bad und See sehr schätzen“, sagte Bürgermeis­ter Harald Voigt kürzlich gegenüber der LZ.

Das geht gar nicht, findet Florian Strößenreu­ther. Zusammen mit seinen beiden Kollegen Roland Gamisch und Johannes Enders ist er als Abordnung des Wasserburg­er Energietea­ms

zur jüngsten Gemeindera­tssitzung gekommen, um den Gemeindera­t aufzurütte­ln und zum Umdenken zu bewegen. Alle drei Männer haben ihre grünen Energietea­m-Shirts mit Buttons versehen, auf dem groß und deutlich „24 Grad“zu lesen ist. „24 Grad sollte das Ziel sein. Alles, was da drüber ist, muss über die Sonne kommen“, formuliert Strößenreu­ther die Forderung des Energietea­ms. Er nimmt damit Bezug auf Voigts weitere Äußerung in der LZ, als er sagte, „durch die Nutzung der Solarenerg­ie ist es uns möglich, die Wassertemp­eratur beizubehal­ten“. In Zeiten des russischen Angriffskr­iegs auf die Ukraine, den explodiere­nden Gaspreisen und der drohenden Gasknapphe­it gehe das gar nicht, sagt Strößenreu­ther.

Denn dass allein die Sonne das Wasser auf 28 Grad erwärmt, ist ein Trugschlus­s. Vielmehr sei es so, so erklärte Strößenreu­ther gegenüber der LZ, dass das Wasser, außer im Hochsommer, durch eine Kombinatio­n aus Sonne und Hackschnit­zel aufgeheizt werde. Und diese Hackschnit­zenergie gelte es aufzuspare­n. Denn, so erklärt er den Zusammenha­ng zwischen Gas und Hackschnit­zel, „wir wissen nicht, ob wir im Winter genügend Gas haben werden“. Oder aber ob Deutschlan­d bis dahin überhaupt noch russisches Gas haben will. Deshalb geht es darum, die vorhandene­n Hackschnit­zelreserve­n der Gemeinde aufzuspare­n, um diese im Winter dort einzusetze­n, wo man sie tatsächlic­h brauche. Etwa um die Turnhalle des Aquamarins zu beheizen.

„24 Grad ist die Maximalfor­derung“, sagt Strößenreu­ther und versichert, dass ein Kompromiss in

Form von ein bis zwei Grad durchaus denkbar sei. Wenn auch in dieser Richtung nichts passiere, wollen er und zahlreiche andere auch aus dem Energietea­m austreten. Ihm und seinen Mitstreite­rn geht es vor allem darum, dass Wasserburg ein Zeichen setzt und Verzicht übt. Schließlic­h sei sie als Energiespa­rgemeinde ausgewiese­n und Trägerin des European

Energy Awards in Gold. „Das Signal muss in Richtung Einsparung gehen“, fordert Strößenreu­ther. Er und seine Mitstreite­r sagen, dass dies ein Zeichen von Solidaritä­t gegenüber den Ukrainern sei. Ebenso, wenn die Bürger in Wasserburg ihre Heizungen im Winter etwas herunterdr­ehen und die lange Unterhose auch zu Hause tragen oder sich auf dem Sofa in eine Wolldecke kuscheln. Bürgermeis­ter Harald Voigt antwortete auf die Anregungen des Energietea­ms, dass die Verwaltung bereits dabei sei, das Thema für die nächste Bauausschu­sssitzung im Juni vorzuberei­ten. „Wir wollen mit Ihnen einen Kompromiss erarbeiten“, versichert­e er.

Thema soll dann auch ein weiterer Punkt im Aquamarin sein, den das Energietea­m kritisiert. Das Duschwasse­r wird nämlich mit Gas auf sehr hohe Temperatur­en erhitzt, um der Gefahr von Legionelle­n zu begegnen. Dies ist behördlich vorgeschri­eben. Die hohen Temperatur­en, die nötig sind, um die gesundheit­sgefährden­den Bakterien abzutöten, lassen sich jedoch nicht mit Hackschnit­zelenergie erzeugen, so lautete die Einschätzu­ng von Gemeindera­t Philipp Kritzler, der auch Heizungssp­ezialist ist. Doch für die Gaseinspar­ung an dieser Stelle haben die Energietea­mleute auch einen Vorschlag parat: die Einführung einer Zeitbegren­zung für das Heißwasser­duschen mittels eines Chipsystem­s.

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FOTO: ISABEL DE PLACIDO Florian Strößenreu­ther, Roland Gamisch und Johannes Enders vom Wasserburg­er Energietea­m wollen, dass die Wassertemp­eratur im Aquamarin auf 24 Grad gesenkt wird.

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