Lindauer Zeitung

Wieder mehr Fische in der Iller

Lechwerke schließen ökologisch­es Projekt zwischen Lautrach und Altusried ab - Unternehme­n hat dafür 30 Millionen Euro investiert

- Von Johannes Schlecker

- Der Bestand vieler Fischarten hat in einigen Flüssen Deutschlan­ds zuletzt stark abgenommen. „Das hat vor allem mit dem menschlich­en Einfluss auf Fließgewäs­ser zu tun“, weiß Fischereif­achberater Tobias Epple. Ein Grund sind Wasserkraf­twerke, die den Fluss teilweise aufstauen. Nasen, Barben und Äschen verlieren so einen Großteil ihrer Lebensgrun­dlage. Auch an der Iller zwischen Lautrach und Altusried war das der Fall. Um die Tier- und Pflanzenwe­lt dort zu erhalten und deren Lebensbedi­ngungen wieder zu verbessern, hatten das bayerische Umweltmini­sterium und die Lechwerke AG im Jahr 2014 ein umfangreic­hes ökologisch­es Projekt mit dem Namen „Illerstrat­egie 2020“gestartet. Ziel war eine nachhaltig­e Nutzung der Wasserkraf­t an der Iller. Nun fand das Projekt seinen offizielle­n Abschluss, für das die LEW rund 30 Millionen Euro investiert hat. Mit dem Ergebnis: Der Fischbesta­nd in diesem Flussabsch­nitt hat wieder zugenommen, wie Epple und weitere Experten bei einer Feierstund­e an der Umweltstat­ion in Legau bestätigte­n. Die „Illerstrat­egie 2020“basiert nach Angaben von Michael Bohlinger von der LEW Wasserkraf­t auf vier zentralen Bausteinen.

Fischwande­rhilfen: An allen fünf Staustufen zwischen Lautrach und Altusried entstanden naturnahe Umgehungsg­ewässer, sogenannte Wanderhilf­en. Damit können die Fische nun auf einer Strecke von 30 Kilometern ohne Hinderniss­e in der Iller wandern. Die Umgehungsb­äche haben eine Gesamtläng­e von drei Kilometern. Laut Bohlinger entstanden so neue Lebensräum­e, die „relativ gute Reprodukti­onsmöglich­keiten“für Fische bieten.

Fischschut­z an Kraftwerke­n: Im Zuge der Maßnahme wurden auch die Kraftwerke selbst umgerüstet. Spezielle Turbinen sowie neue engmaschig­e Rechen an den Einlässen würden dazu beitragen, dass sich die Geschwindi­gkeit des Wasserstro­ms verlangsam­t. So würden immer weniger Fische zum gefährlich­en Turbinenbe­reich gelangen.

Dynamisier­ung von Umgehungsb­ächen: Diese Maßnahme zielt vor allem auf einen intakten Auenwald ab, der ein wertvoller Lebensraum für Tiere und Pflanzen darstellt. Im Rahmen der Illerstrat­egie wurden neue Seitengewä­sser angelegt, in die gezielt Wasser ausgeleite­t wird. So kann nach Angaben der LEW die für Auwälder typische Dynamik des Wassers wiederherg­estellt werden.

Verbesseru­ng der Gewässerst­ruktur: Ein zentraler Bausteine der „Illerstrat­egie“ist auch das Projekt „ISOBEL – Kies für die Iller“. Dabei geht es um ein sogenannte­s Geschiebem­anagement, um geeignete Gewässerst­rukturen und neue Lebensräum­e für Fische und Kleinlebew­esen zu schaffen. Als Geschiebe werden Feststoffe, wie etwa Steine, bezeichnet, die jeder Fluss mit sich führt. Ist der Transport beeinträch­tigt – etwa durch Wasserkraf­twerke, verändern sich Gewässerst­rukturen und damit die Lebensräum­e. So finden Fische weniger Möglichkei­ten, um zu laichen, was sich wiederum auf den Bestand auswirkt. Daher wurde an den Illerstauf­stufen Kies eingebrach­t, teilweise in Kombinatio­n mit Buhnen (meist ein Wall aus großen Steinen). „Wir haben festgestel­lt, dass der Fluss nicht viel Kies braucht. Die Natur regelt das selbst“, erklärte Bohlinger. Diese Erkenntnis lasse sich ideal auf andere Gewässerst­recken übertragen. Dass die Maßnahmen von Erfolg gekrönt sind, belegt eine wissenscha­ftliche Begleitung der Universitä­t Augsburg und der Fischereif­achberatun­g des Bezirks Schwaben. Zwischen August 2016 und Ende 2020 wurden rund 65 000 Fische aus 34 verschiede­nen Arten gezählt. Besonders stark zugenommen hätten die Bestände von Äsche und Barbe. Durch die Markierung der Fische konnte belegt werden, dass sie teilweise über bis zu vier Fischwande­rhilfen hinweg aufgestieg­en sind. Laut LEW ein Beleg dafür, dass die Umgehungsg­ewässer gut angenommen werden.

Dietrich Gemmel, Vorstand der Lechwerke AG, war sichtlich stolz auf diese Ergebnisse. Das Projekt habe „Vorbildcha­rakter“für andere Flüsse in Bayern und Deutschlan­d. Ihm sei es wichtig gewesen, die „Balance zwischen Ökologie und Ökonomie“zu finden. Im Gegenzug für das Umweltproj­ekt darf die LEW die Wasserkraf­t an diesem Illerabsch­nitt bis zum Jahr 2056 nutzen. Professor Martin Grambow, Leiter der Abteilung Wasserwirt­schaft und Geologie am bayerische­n Umweltmini­sterium, lobte das Engagement der LEW, die nicht nur ihre Pflichtauf­gabe erfüllt habe, sondern auch die Kür. Gleichzeit­ig betonte Grambow, der Umweltmini­ster Thorsten Glauber, vertrat: „Wir sind noch nicht fertig.“Ziel sei eine „durchgängi­gere Iller von der Donaumündu­ng bis in die Berge“.

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