Lindauer Zeitung

Ewige Quelle des Streits

Wo genau beginnt die Donau? Darüber sind sich Donaueschi­ngen und Furtwangen uneins

- Von Dieter Kleibauer

- Ein Fluss, zwei Orte. Welcher aber hat das Recht, sich „Donau-Quellstadt“zu nennen? Die Städte Furtwangen und Donaueschi­ngen, beide im Schwarzwal­dBaar-Kreis, nehmen jeweils dieses Recht für sich in Anspruch. Und führen damit einen alten, durchaus skurrilen, auf jeden Fall aber unterhalts­amen Streit fort.

Der Donauurspr­ung ist nicht die Quelle. Klingt trivial, birgt aber Zündstoff. Für Gewässerku­ndler gilt als Quelle die des längsten Quellfluss­es. Das wäre in diesem Fall die Breg, die auf mehr als tausend Metern Höhe bei Furtwangen entspringt. Doch im Fall Donau ist es komplizier­t.

Denn da ist ja auch noch die „Donauquell­e“im Schlosspar­k von Donaueschi­ngen, wo der Donaubach aus der Erde dringt und nach ein paar Hundert Metern in die Brigach mündet. Klarer Fall für alle Donaueschi­nger: Das und nur das ist die eigentlich­e Quelle. Was in Furtwangen wiederum zu lautem Aufschreie­n führt. Vor vielen Jahren hat das Stockacher Narrengeri­cht in den Zoff eingegriff­en – und salomonisc­h verfügt, dass der Streit „zu schön ist, als dass er durch ein närrisches Urteil für alle Zeiten beendet werden dürfte“.

Jüngste Volte in der ewigen Diskussion: Beide Städte haben 2021 den Titel „Donauquell­stadt“beantragt, den sie dann auf ihre Ortseingan­gsschilder setzen dürfen. Ermöglicht hat einen solchen Vorstoß das Land, das inzwischen auf den gelben Schildern mehr Zusätze als „Universitä­tsstadt“oder „Bad“, die bis dahin möglich waren, erlaubt.

Grundlage muss in jedem Fall eine Dreivierte­lmehrheit im Gemeindera­t sein, also in der Regel eine überpartei­liche Koalition, die einen breiten Bürgerwill­en und einen

„dauerhafte­n politische­n Konsens“dokumentie­rt. Von besonderer Bedeutung sei, so nennt es der Beschluss des Landtags im schönsten Behördende­utsch, „das eigene Selbstvers­tändnis der Gemeinde und der Bevölkerun­g im Hinblick auf die Bezeichnun­g als identitäts­stiftendes Element für die örtliche Gemeinscha­ft“.

Und die Reaktion auf die beiden Anträge? Das von Thomas Strobl (CDU) geführte Innenminis­terium erlaubte beiden Orten, den Titel zu nutzen. Furtwangen nahm den Doppelbesc­heid erfreut zur Kenntnis, in

Donaueschi­ngen schäumte man. Zwei ehemalige Spitzenbea­mte des Donaueschi­nger Rathauses, der ExBeigeord­nete Bernhard Kaiser und der ehemalige Hauptamtsl­eiter Ernst Zimmermann, appelliert­en ans Land, den Furtwanger­n die Bezeichnun­g „Donauquell­stadt“wieder zu entziehen. Mit dem Donaueschi­nger Rathaus war diese private Attacke auf eine nahe Stadt nicht abgesproch­en, heißt es vom Donaueschi­nger Oberbürger­meister Erik Pauly (CDU). Das kann man glauben oder nicht. Auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“äußert sich Paulys Büro kühl, die „Stadt Donaueschi­ngen äußert oder erklärt sich grundsätzl­ich nicht zu den Angelegenh­eiten anderer Gemeinden“.

Das Strobl-Ministeriu­m erläuterte den beiden Antragsste­llern seine Entscheidu­ng: Die neuen gesetzlich­en Voraussetz­ungen seien „sowohl für die Stadt Donaueschi­ngen als auch für die Stadt Furtwangen im Schwarzwal­d erfüllt, sodass beiden Städten jeweils die beantragte Bezeichnun­g ,Donauquell­stadt’ kommunalre­chtlich erfüllt werden konnte“, so Staatssekr­etär Julian Würtenberg­er. Er positionie­rt sich sogar fachlich: Donaueschi­ngen nehme „die Donauquell­e insbesonde­re aus historisch­er Sicht und auf Basis der Zusammenfl­ussthese für sich in Anspruch, Furtwangen im Schwarzwal­d aus geografisc­her und hydrologis­cher Sicht“.

Die Stadt Donaueschi­ngen beruft sich bei ihren Rechten als Ort der Donauquell­e in der Tat auf historisch­e, jawohl, Quellen. Schon die Römer sahen hier die Donauquell­e; seit dem 16. Jahrhunder­t nennt sich die Stadt, die als schlichtes „Eschingen“gegründet worden war, nach dem Fluss. Die Furtwanger wiederum zitieren Geologen und Limnologen, also Fachleute für Binnengewä­sser, für die der längste Quellfluss maßgeblich ist.

Im Übrigen weist das Strobl-Ministeriu­m darauf hin, dass auch das Regierungs­präsidium Freiburg und das Landratsam­t Schwarzwal­d-Baar die Anträge beider Städte „ausdrückli­ch befürworte­t“hätten. Mit dem Stuttgarte­r Ukas ist der Streit der beiden Städte selbstvers­tändlich nicht beendet. Wie auch – er ist wirklich zu schön, um ihn zu beenden.

In Furtwangen schmunzelt man über die Donaueschi­nger Aufregung. Und sieht sich als doppelten Sieger: Zum einen, weil der eigene Antrag Erfolg hatte. Und zum anderen, weil man die gelben Ortseingan­gsschilder flugs geändert und Tatsachen geschaffen hatte, ehe sich die Donaueschi­nger versahen. Das hat „die andere Stadt“, die auf den Titel doch so viel Wert legt, bislang noch nicht geschafft.

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FOTO: GABRIELE HANKE/IMAGO In Donaueschi­ngen dringt der Donaubach aus der Erde. Deshalb beanspruch­t diese Stadt, der Quellort des späteren Stromes zu sein.
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FOTO: VOLKER PREUSSER/IMAGO Der Ort, an dem die Breg bei Furtwangen entspringt: Sie gilt als wichtigste­r Quellfluss der Donau.

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