Ewige Quelle des Streits
Wo genau beginnt die Donau? Darüber sind sich Donaueschingen und Furtwangen uneins
- Ein Fluss, zwei Orte. Welcher aber hat das Recht, sich „Donau-Quellstadt“zu nennen? Die Städte Furtwangen und Donaueschingen, beide im SchwarzwaldBaar-Kreis, nehmen jeweils dieses Recht für sich in Anspruch. Und führen damit einen alten, durchaus skurrilen, auf jeden Fall aber unterhaltsamen Streit fort.
Der Donauursprung ist nicht die Quelle. Klingt trivial, birgt aber Zündstoff. Für Gewässerkundler gilt als Quelle die des längsten Quellflusses. Das wäre in diesem Fall die Breg, die auf mehr als tausend Metern Höhe bei Furtwangen entspringt. Doch im Fall Donau ist es kompliziert.
Denn da ist ja auch noch die „Donauquelle“im Schlosspark von Donaueschingen, wo der Donaubach aus der Erde dringt und nach ein paar Hundert Metern in die Brigach mündet. Klarer Fall für alle Donaueschinger: Das und nur das ist die eigentliche Quelle. Was in Furtwangen wiederum zu lautem Aufschreien führt. Vor vielen Jahren hat das Stockacher Narrengericht in den Zoff eingegriffen – und salomonisch verfügt, dass der Streit „zu schön ist, als dass er durch ein närrisches Urteil für alle Zeiten beendet werden dürfte“.
Jüngste Volte in der ewigen Diskussion: Beide Städte haben 2021 den Titel „Donauquellstadt“beantragt, den sie dann auf ihre Ortseingangsschilder setzen dürfen. Ermöglicht hat einen solchen Vorstoß das Land, das inzwischen auf den gelben Schildern mehr Zusätze als „Universitätsstadt“oder „Bad“, die bis dahin möglich waren, erlaubt.
Grundlage muss in jedem Fall eine Dreiviertelmehrheit im Gemeinderat sein, also in der Regel eine überparteiliche Koalition, die einen breiten Bürgerwillen und einen
„dauerhaften politischen Konsens“dokumentiert. Von besonderer Bedeutung sei, so nennt es der Beschluss des Landtags im schönsten Behördendeutsch, „das eigene Selbstverständnis der Gemeinde und der Bevölkerung im Hinblick auf die Bezeichnung als identitätsstiftendes Element für die örtliche Gemeinschaft“.
Und die Reaktion auf die beiden Anträge? Das von Thomas Strobl (CDU) geführte Innenministerium erlaubte beiden Orten, den Titel zu nutzen. Furtwangen nahm den Doppelbescheid erfreut zur Kenntnis, in
Donaueschingen schäumte man. Zwei ehemalige Spitzenbeamte des Donaueschinger Rathauses, der ExBeigeordnete Bernhard Kaiser und der ehemalige Hauptamtsleiter Ernst Zimmermann, appellierten ans Land, den Furtwangern die Bezeichnung „Donauquellstadt“wieder zu entziehen. Mit dem Donaueschinger Rathaus war diese private Attacke auf eine nahe Stadt nicht abgesprochen, heißt es vom Donaueschinger Oberbürgermeister Erik Pauly (CDU). Das kann man glauben oder nicht. Auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“äußert sich Paulys Büro kühl, die „Stadt Donaueschingen äußert oder erklärt sich grundsätzlich nicht zu den Angelegenheiten anderer Gemeinden“.
Das Strobl-Ministerium erläuterte den beiden Antragsstellern seine Entscheidung: Die neuen gesetzlichen Voraussetzungen seien „sowohl für die Stadt Donaueschingen als auch für die Stadt Furtwangen im Schwarzwald erfüllt, sodass beiden Städten jeweils die beantragte Bezeichnung ,Donauquellstadt’ kommunalrechtlich erfüllt werden konnte“, so Staatssekretär Julian Würtenberger. Er positioniert sich sogar fachlich: Donaueschingen nehme „die Donauquelle insbesondere aus historischer Sicht und auf Basis der Zusammenflussthese für sich in Anspruch, Furtwangen im Schwarzwald aus geografischer und hydrologischer Sicht“.
Die Stadt Donaueschingen beruft sich bei ihren Rechten als Ort der Donauquelle in der Tat auf historische, jawohl, Quellen. Schon die Römer sahen hier die Donauquelle; seit dem 16. Jahrhundert nennt sich die Stadt, die als schlichtes „Eschingen“gegründet worden war, nach dem Fluss. Die Furtwanger wiederum zitieren Geologen und Limnologen, also Fachleute für Binnengewässer, für die der längste Quellfluss maßgeblich ist.
Im Übrigen weist das Strobl-Ministerium darauf hin, dass auch das Regierungspräsidium Freiburg und das Landratsamt Schwarzwald-Baar die Anträge beider Städte „ausdrücklich befürwortet“hätten. Mit dem Stuttgarter Ukas ist der Streit der beiden Städte selbstverständlich nicht beendet. Wie auch – er ist wirklich zu schön, um ihn zu beenden.
In Furtwangen schmunzelt man über die Donaueschinger Aufregung. Und sieht sich als doppelten Sieger: Zum einen, weil der eigene Antrag Erfolg hatte. Und zum anderen, weil man die gelben Ortseingangsschilder flugs geändert und Tatsachen geschaffen hatte, ehe sich die Donaueschinger versahen. Das hat „die andere Stadt“, die auf den Titel doch so viel Wert legt, bislang noch nicht geschafft.