Kanzler stellt sich hinter Lambrecht
Auch Generalinspekteur Zorn stärkt Verteidigungsministerin den Rücken – Er beklagt aber Ausbildungsmängel
- Die wegen ihrer Amtsführung in die Kritik geratene Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat Rückendeckung von Kanzler Olaf Scholz (beide SPD) sowie von der Bundeswehr-Spitze bekommen. „Ich bin sehr sicher: Wenn man in drei Jahren auf die Wahlperiode zurückblickt, wird es heißen: ‚Sie ist die Verteidigungsministerin, die dafür gesorgt hat, dass die Bundeswehr endlich ordentlich ausgestattet ist‘“, sagte Scholz dem Nachrichtenportal t-online. Dass es gerade so viel Negatives über die Ministerin gebe, habe mit „Gesetzmäßigkeiten der Medien“zu tun und werde sich auch wieder ändern.
Lambrecht stand zuletzt massiv unter Druck, weil sie vor Ostern mit ihrem 21-jährigen Sohn in einem Regierungshubschrauber zu einem Truppenbesuch in Schleswig-Holstein gereist war. An der Militärvisite nahm der Sohn nicht teil. Im Anschluss reisten beide weiter auf die nahe gelegene Insel Sylt. Die Kosten für die Mitreise übernahm Lambrecht nach Ministeriumsangaben „zu 100 Prozent“. Die Kritik verfing allerdings auch deswegen, weil bereits ein vergleichsweise langer Weihnachtsurlaub Lambrechts kurz nach Amtsübernahme für Irritationen gesorgt hatte.
SPD-Generalsekretär Klingbeil sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, Lambrecht „ist Verteidigungsministerin und sie bleibt es“. Sie müsse jetzt die Kehrtwende bei der Bundeswehr schaffen, die 16 Jahre lang heruntergewirtschaftet worden sei. Klingbeil betonte, Lambrecht habe sich bei der Organisation ihres Urlaubs an die Vorschriften gehalten. „Es ist völlig legitim, dass Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker auch mal vier freie Tage haben. Richtig im Urlaub ist man sowieso nie.“
Die SPD-Politikerin hatte vor einem Jahr angekündigt, sich aus der Politik zurückziehen zu wollen und war dann überraschend Chefin des Verteidigungsressorts geworden. Lambrecht hatte bereits Mitte der Woche Verständnis für öffentliche Kritik an dem Mitflug geäußert. Sie bekräftigte dies am Wochenende und versicherte, sie werde „dafür sorgen, dass es keinen Anlass mehr für solche Vorwürfe gibt“.
Unterstützung kam auch von Generalinspekteur Eberhard Zorn. „Ich bin ja selbst Soldat und erlebe die Ministerin persönlich in allen Gesprächen offen und interessiert. Etwas anderes habe ich auch noch nicht aus der Truppe gehört. Sie hat ein Gespür für unsere Frauen und Männer“, sagte der oberste deutsche Soldat der „Bild am Sonntag“.
Zorn wies den Vorwurf zurück, die deutsche Waffenhilfe für die Ukraine reiche nicht aus. „Wir unterstützen in gutem Umfang“, sagte er.
Weitere Lieferungen von schwerem Gerät schloss er trotz der knappen Materiallage bei der Truppe nicht aus. „Wenn ich jetzt Nein sage, dann ist in 14 Tagen vielleicht wieder alles anders.“Der Generalinspekteur warnte zudem vor einem Ausbildungsdefizit der Bundeswehr wegen der Corona-Pandemie. Die massive Amtshilfe der Bundeswehr habe vor allem beim Heer dazu geführt, „dass wir außerhalb der Einheiten, die für die Nato-Verpflichtungen gemeldet sind, nur eingeschränkt ausbilden konnten“, erläuterte er. Folge seien Lücken der Soldaten und Soldatinnen bei der Schulung in taktischer Zusammenarbeit. „Es wird anderthalb Jahre dauern, dieses Defizit aufzuholen.“
Bundesverteidigungsministerin Lambrecht ist einem Medienbericht zufolge von einem Rechtsanwalt angezeigt worden. Der Düsseldorfer Jurist begründe seine Anzeige mit einem Anfangsverdacht auf Verletzung des Dienstgeheimnisses und Verletzung anderer Dienstpflichten, berichtete das Portal The Pioneer am Sonntag unter Berufung auf den Anwalt.
Er wirft Lambrecht demnach vor, im Zusammenhang mit ihrem strittigen Hubschrauberflug auf ihrem privaten Instagram-Konto von einem Besuch bei einer „hoch geheimen“Einheit geschrieben zu haben. Eine solche Bezeichnung der Einheit erfülle laut Anzeige des Anwalts bereits dem Verdacht des Verrats von Dienstgeheimnissen, berichtete The Pioneer. Gleiches könne für die Veröffentlichung von Fotos gelten.