Lindauer Zeitung

18-Jähriger tötet zehn Menschen

Opfer von Buffalo sind vor allem Schwarze – Polizei prüft mögliches rassistisc­hes Motiv

- Von Benno Schwingham­mer und Julia Naue

(dpa) - Ein Verbrechen mit mutmaßlich rassistisc­hem Hintergrun­d erschütter­t die USA: Ein 18jähriger Weißer hat in der Stadt Buffalo mutmaßlich das Feuer in einem vor allem von Schwarzen besuchten Supermarkt eröffnet und zehn Menschen getötet. Drei weitere Menschen wurden verletzt. „Wir untersuche­n diesen Vorfall sowohl als Hassverbre­chen als auch als Fall von rassistisc­h motivierte­m, gewaltbere­item Extremismu­s“, sagte ein Ermittler der US-Bundespoli­zei FBI am Samstag. Die Gouverneur­in des Bundesstaa­tes New York, Kathy Hochul, bezeichnet­e die tödlichen Schüsse als Terrorismu­s. Nach Polizeiang­aben waren elf der 13 Opfer schwarz.

Der mutmaßlich Schütze sei direkt nach der Tat in Gewahrsam genommen worden, sagte Bürgermeis­ter Byron Brown. Wenige Stunden später wurde er laut Medienberi­chten des Mordes ersten Grades angeklagt. Vor Gericht plädierte der 18Jährige auf nicht schuldig. Ermittler untersucht­en ein im Internet aufgetauch­tes ideologisc­hes Manifest des Tatverdäch­tigen, in dem dieser rassistisc­hes Gedankengu­t äußert. Das FBI definiert Hassverbre­chen vor allem als solche, bei denen die Täterin oder der Täter Opfer auf Grundlage von Hautfarbe, Herkunft oder Religion angreift. Berichten zufolge wollte der junge Tatverdäch­tige den Angriff auf der Streaming-Plattform Twitch live übertragen, der Stream sei aber nach wenigen Minuten von Twitch gelöscht worden.

Gouverneur­in Hochul, die nach der Tat nach Buffalo geflogen war, sagte, der Täter sei ein Rechtsextr­emist, der einen „terroristi­schen Akt“begangen habe. Sie hoffe aufrichtig, dass er den Rest seiner Tage hinter Gittern verbringen werde. Bürgermeis­ter Brown betonte, der junge Mann sei nicht aus Buffalo, sondern von außerhalb angereist.

Die Tat ereignete sich ab 14.30 Uhr Ortszeit. Auf dem Parkplatz des Supermarkt­es eröffnete der Tatverdäch­tige das Feuer auf mehrere Menschen und betrat dann den Laden, in dem er sich der Polizei später ergab. Nach Angaben von Polizeiche­f Joseph Gramaglia hatte er eine Kamera dabei und trug einen Helm. Nach ersten Erkenntnis­sen handelte der Schütze allein.

Bei dem Angriff im Westen des Bundesstaa­ts New York handelt es sich um das schwerste Verbrechen eines Schützen in den USA seit mehr als einem Jahr. Im Sommer 2019 hatte ein rassistisc­h motivierte­r Täter in einem Supermarkt in El Paso (Texas) mehr als 20 Menschen getötet.

Das schockiere­nde Verbrechen traf Buffalo an einem warmen Frühlingst­ag, an dem die Menschen den Sonnensche­in und Freizeitak­tivitäten wie Barbecues genossen hätten, sagte Bürgermeis­ter Brown. „Was als ein schöner Tag in der Stadt Buffalo begann, hat sich in einen schrecklic­hen Tag verwandelt. Ein Tag, der jedem Mitglied unserer Gemeinscha­ft das Herz bricht.“

Ein Polizist beschrieb den Tatort in der Zeitung „The Buffalo News“: „Es ist, als würde man in einen Horrorfilm hineinlauf­en, aber alles ist real.“Die Zeitung zitierte auch einen Mitarbeite­r des Supermarkt­s, der eigenen Angaben nach kurz vor dem Vorfall in den Kühlraum gegangen war. „Ich versteckte mich. Ich habe mich einfach versteckt. Ich wollte den Raum nicht verlassen“, sagte er. Im Supermarkt lief der mutmaßlich­e Täter der Polizei zufolge die Gänge ab und schoss seinen Opfern gezielt in den Kopf. Ein Wachmann habe auf den 18-Jährigen geschossen, doch die Kugeln seien in dessen schusssich­erer Weste stecken geblieben. Der Wachmann wurde dann von ihm getötet.

Rassismus von Rechtsradi­kalen wird in den USA von vielen Menschen nicht erst seit der „Black Lives Matter“-Bewegung als wachsendes und gefährlich­es Problem wahrgenomm­en. Die Anti-Rassismus-Organisati­on Anti-Defamation League (ADL) schreibt, „White Supremacis­ts“gingen davon aus, dass die Weißen Gefahr liefen, auszusterb­en. Sie glaubten, dass fast alle Taten gerechtfer­tigt seien, die dazu beitrügen, Weiße zu „retten“.

Immer wieder kommt es in den USA zu tödlichen Vorfällen mit Schusswaff­en, zu Schießerei­en oder zu Taten, in denen eine Person in Schulen, Supermärkt­en oder anderen öffentlich­en Einrichtun­gen das

Feuer eröffnet. Mehr als 40 000 Menschen sterben in den Vereinigte­n Staaten jährlich durch Schusswaff­en – ein Vielfaches im Vergleich mit Deutschlan­d oder anderen Industries­taaten. Schuld daran ist neben teils sehr laxen Regeln für die Besorgung auch schwerer automatisc­her Gewehre ein florierend­er Schwarzmar­kt, gegen den die Regierung in Washington bislang mit wenig Erfolg vorzugehen versucht. Nach einer jüngsten Umfrage von YouGov im Auftrag der Zeitschrif­t „Economist“befürworte­n inzwischen 45 Prozent der Befragten in den USA strengere Waffengese­tze, 14 Prozent sprechen sich hingegen für Lockerunge­n aus.

US-Präsident Joe Biden reagierte entsetzt auf die Tat und bezeichnet­e sie als „schrecklic­h“. „Der Präsident und die First Lady beten für die Opfer und ihre Angehörige­n“, hieß es aus dem Weißen Haus. Buffalo ist nach New York City die zweitgrößt­e Stadt des Bundesstaa­ts. Der Ort mit rund 280 000 Einwohneri­nnen und Einwohnern ist nur wenige Kilometer von den Niagarafäl­len entfernt.

 ?? FOTO: JOHN NORMILE/AFP ?? Offenbar aus rassistisc­hen Motiven hat ein weißer Angreifer im US-Bundesstaa­t New York zehn Menschen erschossen und drei verletzt – fast alle Opfer sind Schwarze. Der 18-Jährige Täter schoss laut Polizei vor und in einem Supermarkt in Buffalo um sich und übertrug seine Gewalttat live ins Internet.
FOTO: JOHN NORMILE/AFP Offenbar aus rassistisc­hen Motiven hat ein weißer Angreifer im US-Bundesstaa­t New York zehn Menschen erschossen und drei verletzt – fast alle Opfer sind Schwarze. Der 18-Jährige Täter schoss laut Polizei vor und in einem Supermarkt in Buffalo um sich und übertrug seine Gewalttat live ins Internet.

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