Lindauer Zeitung

Bierzelte sind knapp – nicht nur auf der Festwoche

Keine Großzelte kurzfristi­g – Wegen der Flüchtling­ssituation und Corona teurer als vor der Pandemie

- Von Thomas Schwarz

- Engpässe gibt es aktuell nicht nur bei Fahrrädern oder in der Baubranche, sondern auch bei Festzelten. Denn wegen der abflachend­en Pandemie finden heuer nach zwei Jahren Pause auch im Allgäu wieder viele Großverans­taltungen statt. Zugespitzt wird die Situation, weil viele Zelte auch bei der Aufnahme von Flüchtling­en und in Corona-Testzentre­n zum Einsatz kommen.

„Es war nicht einfach, dran zu kommen, und ich kann die Stadt Kempten verstehen, die große Schwierigk­eiten hatte, Zelte für die Allgäuer Festwoche zu bekommen“, sagt Yvonne Stellmach. Sie gehört zum Organisati­onsteam der Hochschulm­esse in Kempten, die am Mittwoch über die Bühne geht. Um der großen Nachfrage von Schülern, Studierend­en und Firmen gerecht zu werden, wollte man mit zwei Zelten mehr Platz schaffen. Bei der vorgeschri­ebenen Ausschreib­ung habe es aber kaum Rückmeldun­gen gegeben. Ein Angebot lag preislich sogar doppelt so hoch wie 2020, was eine fünfstelli­ge Summe an Mehrkosten bedeutet hätte. Letztlich fand man doch noch einen Anbieter – in Hessen. Allerdings fiel das Zelt mit 39 mal zehn Metern etwas kleiner aus als geplant. „Aber in der von uns gewünschte­n Größe war nichts zu bekommen – obwohl wir einige Firmen direkt angesproch­en haben“, sagt Stellmach.

Diese Engpässe bestätigt auch die Firma Röder, die bis 2020 bei der Allgäuer Festwoche mit ihren Großzelten präsent war und auch internatio­nal aktiv ist. Das hessische Unternehme­n könne aktuell und kurzfristi­g nur kleinere Partyzelte oder Pagoden liefern. „Die Zelte im 40Meter-Bereich sind derzeit alle längerfris­tig vermietet“, heißt es. Vor allem an Städte und Gemeinden habe man Zelte für die Unterbring­ung von Flüchtling­en geliefert – „teilweise wurden gleich mehrere Dutzend geordert“. Diese Zelte fehlten dann natürlich zum Beispiel für

Festverans­taltungen. Selbst zum Kauf seien Großzelte knapp: „Da haben wir aktuell rund acht Wochen Lieferzeit“, sagt der Zeltbauer aus Hessen. Wer kurzfristi­g ein Fest plane, habe ein Problem.

„Die Nachfrage ist sehr groß, weil alle ihre Feste nachholen wollen – das ballt sich jetzt“, berichtet die Firma Zitzmann aus Böhen (Landkreis Unterallgä­u). Es gebe nur noch wenige Kapazitäte­n, denn man benötige für den Auf- und Abbau auch das entspreche­nde Personal. Das sei aber wegen der Pandemie verringert worden und könne nicht so schnell wieder aufgestock­t werden, heißt es bei Zitzmann. Wegen der allgemein steigenden Kosten zögen auch die Preise an. Immerhin die gute Nachricht: Die Allgäuer

Festwoche findet nun doch auch mit Messezelte­n statt – wenn auch etwas abgespeckt. Wegen der Beschaffun­gsprobleme im Vorfeld – der bisherige Zelte-Anbieter hatte 2020 seinen Rückzug verkündet und neue Anbieter waren schwer zu bekommen – soll die Kommune sich als Veranstalt­er heuer bereits für 2023 absichern, sagt Hans-Peter Hartmann. Der Festwochen­Beauftragt­e des Stadtrates Kempten empfiehlt schon jetzt eine Reservieru­ng – und dass man sich nicht nur auf einen Zeltbauer wie früher verlässt, sondern drei oder vier ins Boot holt.

Er habe 2020 auch schon einen Kauf der Großzelte vorgeschla­gen, sagt Hartmann. Das scheiterte aber vor allem am fehlenden Personal bei

Yvonne Stellmach der Stadt und an den Lagerkapaz­itäten. Denn grundsätzl­ich ist gerade der Auf- und Abbau von Großzelten aufwendig. Dazu werden nicht nur die entspreche­nd fachkundig­en Arbeiter gebraucht, sondern auch Richtmeist­er und ein Bauleiter. Hinzu kommen Lastwagen für den Transport sowie etwa 500 Quadratmet­er Fläche für die Lagerung.

Stattfinde­n soll auch das Bezirksmus­ikfest vom 7. bis 10. Juli in Heimenkirc­h. Die Vorbereitu­ngen bei der Musikkapel­le in der Westallgäu­er Gemeinde laufen, sagt Zeltmeiste­r Bernhard Kolb. Das Hauptzelt mit maximal 2750 Sitzplätze­n ist 85 Meter lang und 30 Meter breit, das Versorgung­szelt 85 mal zehn Meter. Schon vor der Pandemie waren sie bestellt, dann aber lagen die Pläne auf Eis. Zu diesem Jahreswech­sel schloss der Verein dann den Mietvertra­g über 20 000 Euro ab. Im Falle einer Absage muss der Veranstalt­er prozentual gestaffelt dennoch zahlen – drei Wochen vorher sogar die volle Summe. „Das ist schon ein hohes Risiko“, sagt Vorstand Anton Eller. Doch angesichts der hochkaräti­gen Veranstalt­ung habe man diesen Weg gewählt.

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FOTO: SYMBOLBILD/DPA Die Stadt Kempten hatte große Schwierigk­eiten, Zelte für die diesjährig­e Allgäuer Festwoche zu bekommen.

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