Anzahl der Covid-Patienten halbiert sich
Am See starben bislang viel mehr Menschen an Corona als im Kreis Ravensburg
- Zickzackkurs bei den Coronazahlen an den Häusern der Oberschwabenklinik (OSK): Nachdem die Belegung mit Covid-19-Patienten in der Vorwoche von 16 auf 25 deutlich angestiegen war, ging sie in dieser Woche genauso deutlich wieder zurück: auf nur noch 13. „Wir beobachten genau wie im letzten Jahr einen witterungsbedingten Rückgang“, kommentiert das OSK-Pressesprecher Winfried Leiprecht auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Im Juli 2021 seien die drei Krankenhäuser des kommunalen Klinikverbunds in Ravensburg, Wangen und Bad Waldsee sogar kurzzeitig coronafrei gewesen. „Da hatten wir im Mai etwa vergleichbare Zahlen.“Aber es sei auch bekannt, wie schnell die Patientenzahlen dann im Herbst wieder gestiegen seien. Leiprecht: „Die Pandemie ist noch nicht vorbei.“
Eine Prognose auf den nächsten Winter wagt Leiprecht dennoch nicht. Einerseits steige die Immunität durch Impfungen und durchgemachte Infektionen, andererseits „kennen wir die Impfquote um uns herum“, zudem würden die aktuell verfügbaren Impfstoffe ja auch keinen hundertprozentigen Schutz vor Omikron oder möglichen zukünftigen Mutationen bieten. Tatsächlich sei mittlerweile die überwiegende Zahl der Covid-Patienten an der OSK geimpft. „Bei einigen ist Corona aber auch nur eine Begleitdiagnose, sie sind eigentlich wegen anderer Krankheiten hier.“Elf Covid-Patienten liegen auf den Normalstationen (sechs in Wangen, drei in Ravensburg und zwei in Bad Waldsee) und zwei auf den Intensivstationen (je einer in Ravensburg und Wangen). Kinder sind schon seit einigen Wochen nicht mehr so schwer an Corona erkrankt, dass sie in die Ravensburger Kinderklinik am EK müssten. Auch die Ausfälle beim Personal gingen langsam zurück, sodass wieder mehr Betten belegt werden könnten. In Ravensburg aktuell 386 von 520 (plus 30), in Wangen 167 von 190 (plus 1), in Bad Waldsee 71 von 80 (plus 6). Nach wie vor sei der coronabedingte Krankenstand des Personals aber höher als normal.
Seit nunmehr zwei Wochen ist kein Kreisbewohner mehr an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben, und generell ist die Anzahl der Coronatoten im Kreis Ravensburg viel niedriger als im restlichen Oberschwaben. Besonders hoch ist die Todeszahl im Bodenseekreis, wo zuletzt teilweise sechs bis elf Verstorbene an einem Tag registriert wurden, obwohl es dort nach Angaben des Bodensee-Landratsamtes zu keinem größeren Ausbruch in einem Altersheim oder einer Behinderteneinrichtung gekommen ist, die solche Zahlen vielleicht erklären könnten. Im Bodenseekreis starben bislang 327 Menschen im Zusammenhang mit Corona, im Kreis Ravensburg nur 221, obwohl er 68 000 Einwohner mehr hat. Anders ausgedrückt: Auf hunderttausend Einwohner gerechnet starben im Kreis Ravensburg 77 Menschen an Corona, im Bodenseekreis 150. Im Kreis Sigmaringen waren es 131, im Kreis Biberach 140. Aber woran könnte das liegen?
„Die Zahlen geben es sicher nicht her, daraus Rückschlüsse auf die Qualität der Medizin zu ziehen“, meint Leiprecht bescheiden. Der große Unterschied in der Todesstatistik könnte seiner Meinung nach an der Altersstruktur liegen: Der Bodensee sei beliebt als Alterswohnsitz, am Seeufer gebe es zahlreiche hochpreisige Seniorenresidenzen und im Hinterland große Behinderteneinrichtungen mit entsprechend verletzlichen Bewohnern. Zudem sei der Kreis Ravensburg mit seiner riesigen Fläche dünner besiedelt. Auch wenn im Bodenseekreis insgesamt weniger Menschen lebten, seien die Siedlungsräume dort stärker verdichtet – und wo sich mehr Menschen begegnen, kann sich SarsCov-2 auch leichter ausbreiten.
Das Durchschnittsalter ist im Bodenseekreis mit 44,8 Jahren (Stand Ende 2018, Quelle: Statistisches Landesamt) tatsächlich höher als im Kreis Ravensburg mit 43,2 Jahren. Dafür liegen im Bodenseekreis nach einer aktuellen Erhebung des badenwürttembergischen Sozialministeriums vom 9. Mai aber auch die Impfquoten höher mit 74 Prozent vollständig Geimpften und 57,6 Prozent Geboosterten. Im Vergleich: Im Kreis Ravensburg sind nur 70,3 Prozent zweimal geimpft und 54,1 Prozent geboostert. Noch viel schlechter ist die Impfquote jedoch im Kreis Sigmaringen mit 68 Prozent beziehungsweise 52 Prozent. Dort liegt die Sterbeinzidenz mit 131 zwar deutlich höher als in Ravensburg, aber niedriger als im Bodenseekreis. Offenbar lassen Altersstruktur und Impfquote allein also auf so kleine Einheiten wie Landkreise gerechnet keine großen Rückschlüsse auf die Sterblichkeit durch Corona zu.