Ravensburg hilft Gründern in der Altstadt
Unternehmer mit neuen Ideen sollen Chance bekommen – Diese Konzepte haben schon profitiert
- Wirtschaftsförderer Andreas Senghas setzt einen neuen Schwerpunkt zur Belebung der Innenstadt: Angehende Unternehmer sollen die Chance bekommen, ihr Geschäftsmodell auszuprobieren. Außerdem hat die Stadt erstmals innovative Ideen für die Innenstadt in einem Wettbewerb ausgezeichnet und mit Geld unterstützt. Diese Konzepte haben schon profitiert.
So viel Start-up-Förderung im Bereich Einzelhandel wie zurzeit hat die Stadt Ravensburg noch nie betrieben. Seit dieser Woche liegt die Zusage vor, dass Ravensburg dafür gut 32 000 Euro aus einem Förderprogramm des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg erhält. Damit wird die Stadt in der Adlerstraße 3 ein Geschäft mit 80 Quadratmetern Fläche anmieten. Während eines Projektzeitraums von eineinhalb Jahren können sich dort zu einem deutlich reduzierten monatlichen Mietpreis von 750 Euro warm Startups einmieten.
Senghas erhofft sich dadurch neue Impulse für die Adlerstraße, die aktuell Leerstands-Sorgenkind ist. „Es ist unser Anliegen, die Stadt lebendig und attraktiv zu halten“, versichert der Wirtschaftsförderer.
Wer die Ladenfläche für jeweils drei Monate nutzen darf, möchte Senghas in einer Art Wettbewerb ermitteln. In den eineinhalb Jahren könnten somit sechs Unternehmer ihr Geschäftsmodell testen und sehen, wie ihre Idee bei der Ravensburger Kundschaft ankommt. „Wir fordern keine Businesspläne an, sondern nur innovative Ideen“, so Senghas. Will das Unternehmen nach dem Testlauf in Ravensburg bleiben, würde Senghas bei der Vermittlung einer geeigneten dauerhaften Ladenfläche helfen, wie er sagt.
Der Pop-up-Store soll möglichst schon im Juli öffnen – für die ersten drei Monate habe die Stadt schon eine Initiativbewerbung vorliegen. Wenn auch der Fördergeld-Geber zustimmt, dass ein erster Nutzer außerhalb einer Ausschreibung den Zuschlag bekommt, könnte also schnell gestartet werden.
Die Idee des Pop-up-Stores ist schon der zweite Baustein in der Start-up-Förderung. Der erste Baustein war der Innenstadtwettbewerb, bei dem auch innovative Gründungsideen ausgezeichnet und finanziell unterstützt wurden. Bei der Preisverleihung am Donnerstag ging der erste Platz an die Brüder Benedikt und Claudius Gerster, die erst seit wenigen Tagen unter dem Namen „Clausgemacht“am Gespinstmarkt ausgefallene Eissorten verkaufen.
Als Gewinner haben sie von der Stadt und ihren Sponsoren insgesamt 20 000 Euro erhalten – die eine Hälfte als Geldleistung, die andere Hälfte als Werbebudget. Senghas lobte in der Laudatio, dass die beiden Ravensburger den Mut gefasst hätten, in der schwierigen Zeit der Pandemie ein neues Projekt auf den Weg zu bringen.
Das gilt auch für die weiteren Gewinner. Bedingung war, dass die Geschäftsidee 2021 oder 2022 realisiert wurde oder noch wird. Auf dem zweiten Platz landeten die Gründer des Lokals „Zwölf87“, Kevin Schupp und Ruben Laarmann (10 000 Euro). Sie haben mit ihrer Tagesgastronomie einen Leerstand im Heilig-GeistSpital wiederbelebt. Platz drei ging an zwei Ravensburger Konditormeisterinnen, Ann Kathrin Steffen und Lucia Brückl. Sie wollen eine Patisserie eröffen, individualisierte Torten und Kuchen anbieten, ihr Wissen aber auch in Kursen weitergeben, wie Senghas ankündigte. Die Eröffnung stehe noch in diesem Jahr bevor. Details wollen die beiden Gründerinnen jedoch noch nicht verraten.
Bürgermeister Simon Blümcke gefällt die Idee des Innenstadtwettbewerbs.
So ein Aufruf für gute Ideen, sorge für die Abkehr vom „defizitorientierten“Blick auf die Stadt. Er ist überzeugt: „Ravensburg bietet die Möglichkeit zur Umsetzung von Ideen.“
Auch Geschäfte und Betriebe, die in Ravensburg schon bewährt sind, nutzen die Möglichkeiten, sich zu verändern. Die Boutique „Im Herrenzimmer“von Sabine Gebhard zieht aus der Bachstraße 58 in die Adlerstraße 11, dort in das Geschäft, in dem das Kaffee-Catering Sudpol seit einigen Monaten seine mobile Bar parkt und über die Mittagszeit Kaffee verkauft. Gebhard vergrößert ihr Geschäft deutlich, auch wenn die Kundenfrequenz in letzter Zeit ihrem Eindruck zufolge zurückgegangen sei. Sie habe aber Stammkundschaft aus Stuttgart und vom Bodensee. Mancher Kunde klage darüber, wie schade es sei, dass einige Schaufenster in Ravensburg leer sind. „Man muss was tun gegen den Eindruck eines ,Ausverkauf Ravensburgs’“, so Gebhard.