Der Wechsel-Poker beginnt
Lewandowski hat viel Grund zum Feiern – Stürmer sorgt aber für Unmut beim FC Bayern
- Sein letztes Solo führte Robert Lewandowski gemächlichen Schrittes vor die Fankurve. Noch auf dem Rasen in Wolfsburg erhielt der Mittelstürmer das jährliche Zeugnis seines Könnens, die Torjägerkanone. Bereits die siebte seiner Karriere, das schaffte vor ihm lediglich der legendäre Gerd Müller, der Bomber der Nation (†75). Diesmal übertraf Lewandowski keinen Rekord wie in der vergangenen Spielzeit mit 41 Treffern, erzielte jedoch seine zweitbeste Ausbeute: 35 Tore. Und das letzte, per Kopf auf Flanke von Thomas Müller, zum 2:0 beim 2:2 der Bayern bei den Wölfen war ihm augenscheinlich sehr wichtig.
Weil es ein Abschiedstor trotz seines Vertrages bis 2023 war? Mit feuchten Augen winkte der 33-Jährige gerührt den Anhängern zu. Acht Jahre bei Bayern, nun fünfmal hintereinander Torschützenkönig, in den letzten beiden Jahren Deutschlands Fußballer des Jahres. Mit den Bayern hat der Pole sämtliche nationale und internationale Titel abgeräumt – was soll er mit den Münchnern noch gewinnen? Offenbar hat er neue Ziele. Zum ersten Mal den Titel in Spaniens „La Liga“mit dem FC Barcelona zu gewinnen, dürfte für Lewandowski ein größerer Anreiz sein, als 2023 seine neunte Meisterschale in Serie zu holen. Ist der Kosmos FC Bayern für den Fifa-Weltfußballer plötzlich zu klein?
„Es ist gut möglich, dass dies mein letztes Spiel für Bayern war“, sagte Lewandowski im Interview mit der Streaming-Plattform Viaplay Sport Polska und fügte hinzu: „Wir müssen die beste Lösung für mich und den Verein finden.“Soll heißen: Eine dem Verein passende Ablösesumme in Höhe von rund 35 bis 40 Millionen Euro erzielen, um ihn ein Jahr vor Vertragsende ziehen zu lassen. Angeblich lockt der FC Barcelona mit einem Dreijahreskontrakt. Dass er bei Bayern über 2023 hinaus nicht verlängern möchte, hat er den Bossen vergangene Woche mitgeteilt. Gab es überhaupt ein Angebot? Dazu Lewandowski: „Ich habe kein Angebot bekommen.“So oder so – er will weg. Damit haben das Pokern und das übliche Spiel begonnen.
Die Position des Vereins ist klar, eindeutig und natürlich verständlich. Sportvorstand Hasan Salihamidzic, der am Samstagabend bei einer ersten Meisterfeier eines Biersponsors von den eigenen Anhängern zum Teil ausgepfiffen und ausgebuht wurde, sagte: „Er hat einen Vertrag bis Sommer 2023. Das ist Fakt, unsere Haltung dazu ist klar.“Und Präsident Herbert Hainer bekräftigte im „Sport1-Doppelpass“: „Er hat Vertrag bis zum 30. Juni 2023 und so lange wird er bei uns spielen.“Oliver Kahn sprach ebenfalls ein
Machtwort: „Diesen Vertrag wird er erfüllen – basta!“Der Vorstandsvorsitzende gab sich gelassen in der Causa Lewandowski. „Das ganze
Theater, dieser ganze Alarmismus, das kennen wir aus der Vergangenheit“, sagte Kahn: „Das bereitet uns nicht Kopfzerbrechen.“
Noch. Denn erst, wenn die Bayern einen adäquaten Nachfolger gefunden haben, dürfte die Sache Fahrt aufnehmen. „Wir müssen wahrscheinlich ein bisschen abwarten“, sagte Lewandowski, der für Bayern in 374 Pflichtspielen sagenhafte 344 Treffer erzielte. Laut Müller „hat der FC Bayern die Zügel in der Hand“. Sein bester Vorlagengeber meinte jedoch: „Wir möchten alle, dass er bleibt. Wir kennen aber alle das Geschäft, also mal schauen.“Und wenn Lewandowski bleiben muss so wie 2013, als Borussia Dortmund hart blieb und die Bayern ihren Wunschstürmer erst ein Jahr später, dann jedoch ablösefrei, bekamen? Wird er dann schmollen? Müller: „Lewy ist topprofessionell. Wenn du als Stürmer auf dem Platz stehst, willst du funktionieren, performen. Schlecht spielen macht ja keinen Spaß. Es braucht sich keiner Sorgen machen, egal wie das ausgeht.“
Lewandowski hatte noch aus Wolfsburg ein Kabinenfoto mit allen Kollegen gepostet. Für Müller ein Zeichen, „dass Lewy sehr gerne hier ist. Mit der Mannschaft und den Leuten hier. Er hat nach dem Gewinn der Torjägerkanone auch einen Dank an die Mannschaft gerichtet. Das zeigt, wie wohl er sich hier fühlt.“Und dennoch könnten sich die Wege in diesem Sommer trennen.
Regionalliga Bayern (37. Spieltag) FC Memmingen – FC Nürnberg II 1:0 (1:0) 1. FC Schweinfurt – FV Illertissen 1:2 (1:1)