Lindauer Zeitung

Die Exotik ist verflogen

- Von Ulrich Mendelin u.mendelin@schwaebisc­he.de

Die CDU gibt sich nach ihrem Wahlsieg in NordrheinW­estfalen alle Mühe, ein schwarz-grünes Bündnis als alternativ­los darzustell­en. Das ist natürlich nicht der Fall. Die Ampel ist nicht vom Tisch, und auch eine Große Koalition ist rein rechnerisc­h möglich. Aber Hendrik Wüst, der einmal als sehr konservati­ver Jungpoliti­ker gestartet ist, umwirbt die Grünen als Partner in einem „modernen Zukunftsbü­ndnis“.

Das soll nach Aufbruchst­immung klingen. Doch der Hauch des Exotischen, den das erste Bündnis zwischen CDU und Grünen auf Landeseben­e in Hamburg bei seiner Bildung 2008 noch umweht hat, ist längst verflogen. Hessen, Baden-Württember­g unter umgekehrte­n Vorzeichen, womöglich bald Schleswig-Holstein und dann auch noch NordrheinW­estfalen: Eine Zusammenar­beit zwischen den beiden Parteien ist sehr normal geworden, auf kommunaler Ebene sowieso.

Selbst einer wie Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer, der den Grünen einen Hang zu Ideologie und Showeffekt­en vorwirft, kommt an dieser Partei nicht vorbei, wenn es im eigenen Land an die Regierungs­bildung geht. Eine strategisc­h komfortabl­e Lage ist das – aber nur für die Grünen, die sich demonstrat­iv als anschlussf­ähig in alle Richtungen präsentier­en. Nicht so sehr für die Union, die weniger Auswahl hat; am Sonntag ist jedenfalls Schwarz-Gelb bis auf Weiteres komplett von der politische­n Bildfläche verschwund­en. Und Schwarz-Rot hat sich in vielen Berliner GroKoJahre­n einen Ruf als Inkarnatio­n des Stillstand­s erarbeitet.

Trostlos ist die niedrige Wahlbeteil­igung. Doch selbst die hat unterm Strich am meisten der SPD geschadet. Gerade in deren einstigen Hochburgen blieben Wähler zu Hause. Die altbekannt­en Fernsehbil­der, auf denen zerknirsch­te SPD-Wahlkämpfe­r erklären müssen, dass das kein guter Abend für ihre Partei gewesen sei, sie sind wieder da. Auch das lässt erahnen, dass zumindest in westdeutsc­hen Parlamente­n schwarz-grüne Bündnisse in Zukunft noch alltäglich­er werden könnten.

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