Lindauer Zeitung

Alle wollten die teuren Masken

Corona-Krisenstab billigte Kauf – Beamtin berichtet in Untersuchu­ngsausschu­ss

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(dpa) - Der Kauf ungewöhnli­ch teurer Schutzmask­en zu Beginn der Corona-Pandemie ist nach Darstellun­g einer leitenden Ministeriu­msbeamtin vom gesamten damaligen Krisenstab der Staatsregi­erung gebilligt worden. Sie habe die Details des Angebots in einer Sitzung im März 2020 vorgetrage­n, und auch dazugesagt, dass 8,90 Euro pro Maske „unglaublic­h teuer“seien, sagte die damals zuständige Referatsle­iterin im bayerische­n Gesundheit­sministeri­um am Montag im Masken-Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtags in München.

„Es hätte jeder in diesem Krisenstab sagen können: Wir machen das nicht. Es kam aber ein einhellige­s: Ja, bitte bestellen, bitte zusagen“, berichtete sie. Es habe über den Preis in der Sitzung „keine Diskussion“gegeben. In dem Krisenstab waren einzelne Minister und auch Mitarbeite­r weiterer Ministerie­n und Behörden vertreten.

Das Angebot über eine Million Schutzmask­en stammte von einer Schweizer Firma und war von Andrea Tandler, Tochter des früheren CSU-Generalsek­retärs Gerold Tandler,

ans Ministeriu­m herangetra­gen worden. Es kam zu dem Kauf – auch wenn am Ende andere als die zunächst avisierten Masken geliefert wurden. Auf die Frage, ob sie von Provisione­n wisse, die Tandler für die Vermittlun­g des Geschäfts bekommen habe, antwortete die Beamtin im Ausschuss mit Nein.

Die Beamtin betonte, dass die Not damals riesig gewesen sei, dass überall Schutzausr­üstung gegen das neue Coronaviru­s gefehlt habe. „Bei den Masken brannte es am allermeist­en.“Über das teure Angebot sagte sie: „Das war ein Strohhalm, nach dem wir gegriffen haben.“Vor allem weil man gehofft habe, die Masken kurzfristi­g zu bekommen.

Die Staatsanwa­ltschaft München I hatte in der Sache nach mehreren Anzeigen gegen unbekannt ermittelt, das Verfahren im Sommer 2021 aber „mangels Vorliegens strafbaren Handelns“eingestell­t: Der Vertragsab­schluss sei zu einer Zeit erfolgt, als sich die pandemisch­e Lage in Deutschlan­d dramatisch zugespitzt habe. Der vereinbart­e hohe Kaufpreis sei damals das Resultat einer weltweit sehr großen Nachfrage nach FFP2-Masken und einem sehr knappen Angebot gewesen.

Ziel des Ausschusse­s ist es, Masken-Geschäfte der Staatsregi­erung in der Corona-Pandemie, mögliche Beteiligun­gen von Abgeordnet­en und teils hohe Provisions­zahlungen auch an Parlamenta­rier aufzukläre­n. Das Gesundheit­sministeri­um betonte wiederholt, in keinem Fall seien Provisione­n seitens des Ministeriu­ms an Mandatsträ­ger gezahlt worden. Zudem soll geklärt werden, ob einige der Masken, von denen viele unter anderem an medizinisc­hes Personal verteilt wurden, die notwendige Qualität hatten, um die Ansteckung­sgefahr zu reduzieren.

Die damalige Referatsle­iterin berichtete zudem von einem MaskenGesc­häft, das unter Vermittlun­g des CSU-Landtagsab­geordneten Alfred Sauter zustande kam – wobei Sauter damals nach eigenem Bekunden als Anwalt agierte, nicht als Abgeordnet­er. Ungewöhnli­ch daran war nach ihren Worten, dass dem Ministeriu­m schon ein fertiger Vertrag vorgelegt worden sei. Ansonsten habe man, solange sie involviert gewesen sei, nie fertig ausgearbei­tete Verträge bekommen. Sauter und der damalige CSU-Bundestags­abgeordnet­e Georg Nüßlein, die für die Vermittlun­g von Masken-Geschäften im Jahr 2020 Geld bekommen haben sollen, hatten vor dem Münchner Oberlandes­gericht (OLG) im Herbst einen Erfolg erzielt: Das OLG teilte im November mit, dass es im Handeln der Beschuldig­ten „den Tatbestand der Bestechlic­hkeit und Bestechung von Mandatsträ­gern nicht erfüllt“sieht. Nun liegt der Fall zur weiteren Entscheidu­ng beim Bundesgeri­chtshof in Karlsruhe. Nüßlein und Sauter selbst hatten die Vorwürfe stets bestritten.

Gegen Tandler, die für die Vermittlun­g von Masken-Geschäften Provisione­n erhielt, wird etwa wegen eines Anfangsver­dachts des Gewerbeste­uerbetrugs ermittelt. Ein Sprecher Tandlers hatte aber auf dpa-Anfrage gesagt, die Anwälte rechneten damit, dass sich nach der Einstellun­g eines ersten Verfahrens „auch alle anderen Vorwürfe als gegenstand­slos erweisen werden“. Tandler und ihr Mit-Gesellscha­fter wiesen „alle in der Öffentlich­keit erhobenen Vorwürfe zurück“.

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