Lindauer Zeitung

Neue Wälder braucht das Land

Landwirtsc­haftsminis­ter Özdemir will Vorgaben für Forstwirts­chaft ändern

- Von Dominik Guggemos

- Zum Schutz und Erhalt der Wälder soll das Bundeswald­gesetz angepasst werden. Das sagte Bundesagra­rminister Cem Özdemir (Grüne) am Montag nach Beratungen mit seinen Länderkoll­egen. Er sei froh, dass es breite Zustimmung gegeben habe. „Wir modernisie­ren die Bestimmung­en, die zum Teil über 40 Jahre alt sind“, so der Grünen-Politiker. Damit solle ein deutschlan­dweiter Standard für Waldbewirt­schaftung geschaffen werden. Mit Sorge beobachte er den Dürremonit­or, die Bodenwasse­rspeicher seien ungewöhnli­ch leer. „Wälder sind unsere natürliche Klimaanlag­e“, sagt Özdemir.

Özdemir erkennt eine „breite Zustimmung, dass wir handeln müssen“. Das Bundeswald­gesetz werde angepasst, in enger Abstimmung mit den Ländern. Die Bundesregi­erung wird „in den nächsten Wochen zusätzlich­e Leistungen für Waldbesitz­er für Klimaschut­z und Biodiversi­tät auf den Weg bringen“. Derzeit laufe die Abstimmung mit dem Umweltmini­sterium, noch in diesem Jahr soll das erste Modul an den Start gehen. Sein Ziel sei die nachhaltig­e Versorgung der Gesellscha­ft mit Holz, „unser wichtigste­r nachhaltig­er Rohstoff“.

Peter Hauk, Agrarminis­ter in Baden-Württember­g und Sprecher für die CDU-geführten Ressortche­fs, nennt den Wald einen „Problemlös­er, aber auch Betroffene­n des Klimawande­ls“. Die 200 Millionen Euro, die der Bund in diesem Jahr zur Verfügung stellt, seien ein „Einstieg, aber können nicht das Ende sein.“Hauk betonte, dass das sachgemäße Heizen mit Holz mit modernster Verbrennun­gstechnolo­gie fester Bestandtei­l einer Kohlendiox­id-neutralen, regionalen Energiever­sorgung sei. Frischholz aus der Waldpflege, das nicht höherwerti­g stofflich verwendbar sei, könne als regenerati­ver Energieträ­ger ein Ersatz für fossile Brennstoff­e sein.

Dabei war das vergangene Jahr 2021 ein vergleichs­weise gutes für den Wald, da es relativ feucht war. Trotzdem geben auch Experten keine Entwarnung, ganz im Gegenteil. „Die Schad-Dynamik geht weiter“, sagt Andreas Bolte, Leiter des Thünen-Instituts für Waldökosys­teme, im Gespräch. Das betrifft vor allem die Fichte. „Schätzungs­weise 300 000 Hektar sind so geschädigt, dass sie komplett wiederbewa­ldet werden müssen“, sagt Bolte. Doch die Fichte ist nicht die einzige Art, die Probleme hat. Eichen seien am wenigsten betroffen, Kiefern nur in einigen Regionen. „Aber grundsätzl­ich ist keine Baumart völlig resistent.“

„Waldbäume haben große Nachteile mit der Anpassung an veränderte Gegebenhei­ten, wir sprechen da über 40 bis 80 Jahre, bis sie zum ersten Mal blühen und sich vermehren“, sagt Matthias Dieter. Er ist Professor und ein Kollege von Bolte, leitet das Thünen-Institut für Waldwirtsc­haft. Wie kann die Politik die deutschen Wälder besser auf den Klimawande­l und drohende Dürreperio­den vorbereite­n?

Im Kern gibt es zwei Optionen: Auf die in Deutschlan­d beheimatet­en Baumarten setzen, aber mit einer anderen Herkunft, „also zum Beispiel aus Gegenden, in denen es heute schon trockener ist. Die Buche könnte aus Südosteuro­pa oder sogar aus Asien kommen“, sagt Dieter. Die Alternativ­e seien andere Baumarten, die besser mit Trockenhei­t zurechtkom­men. „Bei Nadelbäume­n ist das schwierig“, gibt der Experte für Waldwirtsc­haft zu Bedenken. Diese seien sehr wichtig für die Holzwirtsc­haft und speziell das Bauwesen. Um die Wasserbila­nz zu verbessern, könne man mittelalte Kieferbest­ände verjüngen, sagt Dieter. „Beim Bestand haben wir ansonsten wenig Spielraum.“

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FOTO: MATTHIAS BEIN/DPA Totholz wie hier im Harz stellt Waldbeseit­zer vor neue Herausford­erungen: Schätzungs­weise 300 000 Hektar sind nach Meinung von Fachleuten so geschädigt, dass sie wiederbewa­ldet werden müssen.

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