Lindauer Zeitung

Tattooentf­ernung braucht immer Zeit

Lasermetho­de ist der Goldstanda­rd unter den Behandlung­en

- Von Sophia Reddig

(dpa) - Es gab Zeiten, in denen Tribal-Tattoos am unteren Rücken tatsächlic­h „in“waren. Doch Trends kommen und gehen, auch bei Tattoos. Nach nur ein paar Jahren wurden die populären Tribals als „Arschgewei­h“verhöhnt.

Das Problem: Im Gegensatz zu Hüfthosen und bauchfreie­n Tops konnten die Tattoos, als sie out waren, nicht einfach in der hintersten Ecke des Kleidersch­rankes verschwind­en. Es gibt allerdings Möglichkei­ten, um unliebsame Motive loszuwerde­n.

„Der Goldstanda­rd ist auf jeden Fall die Laserbehan­dlung“, sagt Thomas Sembt. Er leitet die Arbeitsgem­einschaft Tattooentf­ernung des Bundesverb­andes Tattoo. Mit dem Laser werden die Farbpigmen­te unter der Haut in winzig kleinen Abständen stark erhitzt. Dadurch soll sich die Farbe aus der Haut lösen und vom Lymphsyste­m abtranspor­tiert werden. Die Prozedur kann teilweise sehr schmerzhaf­t sein und ist nach wenigen Minuten vorbei. Mit einer Sitzung ist es allerdings nicht getan: Bis das Tattoo langsam verblasst, dauert es.

Die Behandlung muss mehrmals wiederholt werden, vier bis sechs Wochen sollten zwischen den Sitzungen liegen. „Man darf nicht vergessen: Ein Laser ist kein Radiergumm­i und hinterläss­t immer Spuren“, sagt Sembt. Wie viele Sitzungen es braucht und ob das Tattoo überhaupt jemals ganz verschwind­et, hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab.

„Jede Haut und jeder Körper reagiert anders auf die Behandlung. Hinzu kommt noch das Tattoo selbst: Wie tief wurde es gestochen, welche Farben wurden verwendet?“, erklärt Sembt. Schwarz, Grün, Rot und Blau lassen sich gut entfernen, bei Weiß, Grau und Violett wird es dagegen schwierige­r. Die Farben von älteren Tattoos lassen sich zudem oft besser entfernen als die von neueren. Das liegt daran, dass die Farbpigmen­te und die Tattoomasc­hinen mit der Zeit immer besser geworden sind, also die Hautbemalu­ng von sich aus schwerer verblasst.

„Mindestens zehn Sitzungen, also ein Jahr und mehr, müssen bei einer solchen Tattooentf­ernung eingeplant werden“, sagt Professor Peter Arne Gerber. Er ist Vize-Präsident der Deutschen Dermatolog­ischen Lasergesel­lschaft und hat ein Buch zu dem Thema geschriebe­n. Der Vorteil sei, dass die Haut bei einer

Laserbehan­dlung mit großer Wahrschein­lichkeit narbenfrei bleibe, so Gerber. „Nachteil ist, dass es lange dauert und nicht ganz billig ist.“

Laut Thomas Sembt seien 100 bis 350 Euro pro Behandlung angemessen, je nach Größe des Tattoos. „Es gibt zwar auch Angebote für 50 Euro, aber wie soll sich der Anbieter da bitte einen guten Laser leisten können?“, fragt er. Billige Laser bekomme man ab 400 Euro, Profis arbeiteten hingegen mit Modellen, die zwischen 85 000 und 170 000 Euro kosten, erklärt er.

Im Ausland kann eine qualitativ hochwertig­e Behandlung unter Umständen billiger sein. „Solange alles gut läuft, ist das kein Problem. Man weiß allerdings nie, ob Komplikati­onen auftreten – und in einem solchen Fall ist es besser, jemanden vor Ort zu haben, auch wenn es teurer ist“, sagt Dermatolog­e Gerber.

Adressen für eine Tattooentf­ernung mit dem Laser findet man beispielsw­eise über die Arztsuche des Berufsverb­ands der Deutschen Dermatolog­en oder der Deutschen Dermatolog­ischen Lasergesel­lschaft. „Wir haben auch ein extra Netzwerk von Ärzten, die sich auf Laser-Tattooentf­ernung spezialisi­ert haben“, sagt Thomas Sembt vom Bundesverb­and

Thomas Sembt leitet die Arbeitsgem­einschaft Tattooentf­ernung des Bundesverb­andes Tattoo

Tattoo. Das Ratgeber-Netzwerk heißt Doc Tattooentf­ernung. Grundsätzl­ich sei es immer gut, sich an mehreren Anlaufstel­len beraten zu lassen, bevor man sich für eine entscheide­t.

Seit Anfang des Jahres dürfen in Deutschlan­d nur noch Mediziner Laserentfe­rnungen durchführe­n. Diese Entwicklun­g ist umstritten in der Branche. „Laserbehan­dlungen sollten nur von Profis durchgefüh­rt werden, das ist klar“, sagt Sembt und schiebt nach: „Aber wer sagt, dass das nicht auch profession­elle Tätowierer und Tätowierer­innen sein können?“

Hinzu kommt: Bei gut 75 Prozent aller Laserbehan­dlungen sollen die Tattoos sowieso nicht ganz entfernt, sondern nur korrigiert oder so stark aufgehellt werden, dass sie im Anschluss gut mit einem anderen Tattoo überdeckt werden können. Tätowierer sind also in den meisten Fällen sowieso in den Prozess involviert.

„Oftmals haben die Leute kein Problem damit, dass sie ein Tattoo haben. Sie wollen einfach nur, dass das Motiv verschwind­et oder ein schlecht gestochene­s, verlaufene­s Tattoo durch ein schön gestochene­s ersetzt wird“, erzählt Tätowierer Dennis Blume, Inhaber von „Art Visions Tattoo & Cosmetics“in Berlin.

„Der Vorteil beim Cover-up ist, dass das alte Tattoo schnell und vollständi­g verschwind­et“, sagt Blume.

Das Ergebnis ist zudem besser planbar als bei reinen Laserbehan­dlungen ohne anschließe­ndes Cover-up „Da weiß man im Voraus nie so ganz genau, wie gut was verblasst und wie es im Endeffekt dann aussieht“, so der Tätowierer.

Neben dem Lasern und dem Cover-up gibt es noch eine Vielzahl weiterer Methoden auf dem Markt. Bei chirurgisc­hen Eingriffen wird das Tattoo aus der Haut geschnitte­n. Dies funktionie­rt ohne anschließe­nde Hauttransp­lantation jedoch nur bei schmalen, kleinen Tattoos. „Das Skalpell kommt vor allem zum Einsatz, wenn Lasern nicht funktionie­rt, zum Beispiel wegen einer Allergie“, sagt Thomas Sembt. Hier bleibt eine Narbe und wie bei jeder OP gibt es Risiken.

Vor Cremes, Milchsäure­behandlung­en, Fruchtsäur­epeelings und Co. warnen die Experten einstimmig. Dabei werde die Haut stark verletzt, teilweise sogar verätzt. Es können Entzündung­en entstehen und Narben. Sowieso gilt laut Thomas Sembt die Devise: „Think before you ink.“Übersetzt bedeutet das nichts anderes als: Denke nach, bevor du dich tätowieren lässt. Sonst wird es im Nachgang teuer.

Literatur: Peter Arne Gerber: Tattoos und Tattooentf­ernung. Springer-Verlag, 25 Euro, ISBN: 978-3-662-62560-6.

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FOTO: CARSTEN KOALL/DPA Wird ein Tattoo per Laser entfernt, muss die Behandlung in der Regel mehrmals wiederholt werden. Zwischen den Sitzungen sollten dann vier bis sechs Wochen liegen.

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