Solarstrom auf Firmenparkplätzen erzeugen
Wo brennt’s: PV-Anlagen auf Parkflächen großer Firmen am Bodensee – Diese Pläne gibt es
- Photovoltaikanlagen auf Parkplätzen produzieren Strom und bieten zugleich Schutz vor Sonne und Regen. „Das müsste doch eine nachhaltige Sache sein“, schreibt uns eine Leserin. Sie hat sich im Rahmen unserer Aktion „Wo brennt’s?“mit folgendem Anliegen gemeldet: „Was mich seit Jahren beschäftigt ist die Idee, die großen Parkplätze unserer Großbetriebe zur Stromgewinnung zu nutzen.“
Ein Vorschlag, der bei Experten aus der Region Unterstützung findet. „Ich finde es klasse, wenn Parkplätze mit PV-Anlagen überdacht werden. Weil es sich dabei um Flächen handelt, die sowieso schon versiegelt sind“, sagt Claudia Grießer, Biologin und Geschäftsstellenleiterin des Bund Naturschutz in Bayern.
„Ich sehe darin ein sehr großes Potenzial“, meint auch Walter Göppel, Geschäftsführer der Energieagentur Ravensburg, die auch für den Bodenseekreis zuständig ist. Wie groß genau das Potenzial in der Region ist, kann er noch nicht sagen. Die Energieagentur plane aber, darüber Daten zu erheben.
Nachfragen bei größeren Unternehmen im Bodenseekreis und im Landkreis Lindau zeigen, dass bei ihnen bisher noch keine mit PV-Anlagen überdachten Parkplätze existieren. Doch einige haben bereits konkrete Pläne, manche prüfen die Idee und andere erklären, warum das für
Sonderveröffentlichung sie nicht infrage kommt. „Wir stellen aktuell dazu Überlegungen an und haben eine entsprechende Untersuchung in Auftrag gegeben“, teilt etwa Mathias Pikelj, Pressesprecher des Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus in Immenstaad, mit. Die technischen Ergebnisse der Untersuchung erwarteten sie im Sommer. Infrage kommen laut Pressesprecher 1250 bestehende Parkplätze, die bis zu acht Prozent des Jahresstrombedarfs von Airbus Defence and Space am Standort erzeugen könnten. Als Hürden nennt er die Genehmigungsverfahren und, je nach Ausgang der Prüfung, eine Änderung des Flächennutzungsplans.
Der Flughafen Friedrichshafen hat die Parkfläche P4 als möglichen Standort für PV-Anlagen im Blick. Dort finden etwas über 500 Autos Platz. Das berichtet Susanne Helle, Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagerin am Flughafen.
Konkret geplant sei noch nichts. „Man muss viel bedenken“, erklärt sie und zählt verschiedene Aspekte auf. Möchte man Stahl- oder Holzcarports, auf die die PV-Module montiert werden? Kann das Netz den produzierten Strom überhaupt aufnehmen oder ist ein Netzausbau notwendig? Wer betreibt die Anlage? Der Flughafen selbst oder ein externer Betreiber? Helle rechnet damit, dass frühestens in ein bis zwei Jahren PV-Anlagen auf P4 stehen könnten. Die gegenüberliegende Messe Friedrichshafen teilt mit, dass sich dort die Überlegungen hinsichtlich Solarenergie derzeit auf die Dachflächen konzentrieren.
Motorenhersteller Rolls-Royce Power Systems in Friedrichshafen zieht die Möglichkeit von PV-Anlagen auf Parkplätzen als eine Variante in Betracht, berichtet Pressesprecher Christoph Ringwald. Weitere Details könne er jedoch noch nicht nennen.
Auch der Automobilzulieferer ZF in Friedrichshafen prüft, ob er Parkplätze mit PV-Anlagen überdacht. Ein Vorbild könnte der ZF-Standort in Schweinfurt sein. Dort produzieren knapp 800 verbaute Module so viel Strom, dass davon mehr als 700 Durchschnittshaushalte ein Jahr lang versorgt werden könnten, wie ein ZF-Sprecher mitteilt.
Für ein ähnliches Vorhaben in Friedrichshafen böten sich jedoch nur ZF-eigene und keine angemieteten Parkplätze an. „Zudem eignen sich ausschließlich Pkw-Stellplätze, für die sich eine spätere anderweitige bauliche Nutzung – beispielsweise durch Erweiterungsbauten – von vornherein ausschließt“, so der Sprecher weiter. Bei ZF in Friedrichshafen erfüllten zwei Flächen diese Kriterien. „Deshalb prüfen wir für diese beiden Flächen derzeit, ob sich eine Photovoltaikinstallation dort mittelfristig realisieren lässt.“
Beim Elektronikunternehmen ifm in Tettnang spielt das Erweiterungsargument ebenfalls eine Rolle. „ifm wächst und braucht daher möglicherweise Flächen, die gegenwärtig noch Parkplätze sind“, sagt Arnold Roth, Hauptverantwortlicher im Bereich Gebäudemanagement. Er sehe wenig Sinn darin, PV-Anlagen aufzubauen, die nach wenigen Jahren möglicherweise wieder abgebaut werden müssen. Stattdessen habe ifm Dachflächen im Blick.
Florian Boch, Leiter Zentrales Marketing und Kommunikation beim Maschinenbauunternehmen Lindauer Dornier, bringt einen weiteren
Seit Anfang dieses Jahres gilt für alle neu angelegten Parkflächen mit über 35 Stellplätzen in BadenWürttemberg die Pflicht, darauf Solarzellen anzubringen. In Bayern existiert diese Vorgabe (noch) nicht. Aber auch die bestehenden Parkflächen bergen viel Potenzial: Das baden-württembergische Umweltministerium kam im vergangenen Jahr bei einer ersten Hinderungsgrund an. Die rund 500 Parkplätze des Unternehmens seien größtenteils von bis zu 40 Meter hohen Bäumen umgeben. „Mit Photovoltaikmodulen überdachte Parkflächen lägen somit speziell in den ertragreichen Sonnenmonaten überwiegend im Schatten.“Das Unternehmen wolle jedoch andere Standorte für PV-Anlagen prüfen.
Die genannten Hemmnisse kennt auch Walter Göppel von der Energieagentur. Als weitere Hürde merkt er an, dass die Investitionskosten für die Überdachung von Parkplätzen höher seien als bei Dachauflagen und Freiflächen. Der Grund: Der Aufbau muss so stabil sein, dass er nicht zusammenbricht, wenn ein Pkw dagegen fährt. Die Kosten relativierten sich allerdings angesichts der steigenden Energiepreise, so Göppel. „Und wir brauchen alle Potenziale, um die Klimawende hinzubekommen.“
Schätzung auf rund 2,5 Gigawatt Strom, die mittels PV-Anlagen auf existierenden Parkflächen erzeugt werden könnten. Das entspräche grob einer Jahresleistung von 2500 Gigawattstunden. Zum Vergleich: 2020 hat Baden-Württemberg nach Daten des Umweltministeriums insgesamt 6365 Gigawattstunden Solarstrom erzeugt. (ak)