Bodensee ist nahezu unerschöpflich
Trinkwasserversorgung im Bodenseekreis: Nur ein Drittel der Menge ist Grundwasser
- Trinken, Kochen oder Zähneputzen: Wasser sprudelt bei uns in sehr guter Qualität aus dem Wasserhahn. Das ist für uns selbstverständlich. Aber woher kommt unser Trinkwasser eigentlich? Und welche Auswirkungen wird der Klimawandel haben? Experten geben für den Bodenseekreis eine optimistische Prognose ab. Dennoch droht in heißen Jahren mancherorts ein Zielkonflikt.
„Alle Gemeinden im Kreis sind aktuell gut versorgt“, sagt Klaus Ruff, der Leiter des Amtes für Wasser- und Bodenschutz im Bodenseekreis zum Thema Trinkwasser. Zwei Drittel der Gemeinden in Baden-Württemberg versorgen sich demnach mit Grundwasser, ein Drittel mit Oberflächengewässer, sie beziehen das Trinkwasser also aus Seen und Flüssen. Grundwasser werde über Brunnen gefördert. Es muss laut Ruff meistens nicht mehr aufbereitet werden, da es durch verschiedene Bodenschichten sickerte und dabei auf natürliche Art gefiltert wurde. „Oberflächenwasser muss dagegen stärker aufbereitet werden“, sagt Ruff, „da es stärker verschmutzt ist.“Im Bodenseekreis sei das Verhältnis genau umgekehrt: ein Drittel des Wassers ist Grundwasser, zwei Drittel der Menge insgesamt Oberflächenwasser, was natürlich daran liegt, dass man mit dem Bodensee einen riesigen Trinkwasserspeicher vor der Haustür hat.
Grundwasser sammelt sich in großen „Kieslinsen“tief in der Erde, wie Ruff sagt. Aus diesen Bereichen werde es über Brunnen gefördert. Rund um die Entnahmestelle richtet das Landratsamt ein Wasserschutzgebiet mit entsprechenden Beschränkungen ein. Grundwasser wird aus dem Boden in sogenannte Hochbehälter gepumpt. Von hier läuft es in der Regel ohne weiteres Pumpen in die Haushalte, wo es mit entsprechendem Druck aus dem Wasserhahn kommt.
Das größte Grundwassereservoir im Bodenseekreis befindet sich im Bereich von Langnau bis zum Bodensee. Es ist eine „sehr mächtige Kieslinse“wie Ruff sagt, teilweise bis zu 30 Meter tief. Der Grundwasserkörper sei teilweise mit der Argen, dem größten Fluss im Bodenseekreis, verbunden. Argen und Grundwasser speisen sich gegenseitig. Sie werden über den Zweckverband Wasserversorgung unteres Schussental (ZWUS) von den Gemeinden Meckenbeuren, Tettnang und Eriskirch genutzt. Über einen Verbund können notfalls auch andere Gemeinden versorgt werden. Zum Beispiel Oberteuringen: Als hier die Förderungen aus den eigenen Brunnen 2018 nicht mehr ausreichte, wurde Trinkwasser über den ZWUS zugekauft. „Um die Wasserversorgung zukunftsfähig zu machen, werden solche Notversorgungsverbünde geschaffen“, sagt Ruff, „so dass der eine dem anderen helfen kann.“
„Der Klimawandel schlägt durch“, sagt Ruff auf die Förderungen von Trinkwasser über Brunnen bezogen. Nach einer Prognose der Landesanstalt für Umwelt müsse man bis 2050 mit einem Rückgang des Grundwassers in manchen Landesteilen von bis zu 20 Prozent rechnen. Damit sei die Versorgung immer noch gewährleistet, sagt Ruff, „wir leben in einem relativ gesegneten Raum, was die Verfügbarkeit von Wasser angeht“. Von den trockenen Jahren 2003 und 2018 habe sich der Grundwasserspiegel jeweils wieder erholt. Wenn solche trockenen Jahre sich häufen, werde es schwierig. Einen Zielkonflikt sieht Ruff vor allem in trockenen Jahren, wenn die Landwirtschaft
Wasser aus dem Grundwasser entnimmt, um Sonderkulturen zu bewässern beziehungsweise zu beregnen. „Da müssen wir schauen, dass die öffentliche Wasserversorgung nicht beeinträchtigt wird“, sagt Ruff. „Vorrang vor Brauchwassernutzung hat immer die öffentliche Wasserversorgung“, sagt Ruff zu diesem Konflikt. Eine Lösung wäre, dass die Landwirte mit Zwischenspeichern arbeiten. Damit sie das Wasser dann aus dem System nehmen, wenn es im Überfluss vorhanden ist, damit es in Notzeiten zur Verfügung stehe. Gemeinden, die ihr Trinkwasser aus dem Bodensee beziehen, haben dieses Problem nicht. 50 Milliarden Kubikmeter Wasser enthält Deutschlands größtes Binnengewässer. 6,3 Millionen Kubikmeter Trinkwasser hat das Stadtwerk am See, zuständig für die Wasserversorgung in Friedrichshafen und Überlingen, 2021 gefördert. An heißen Sommertagen bis zu 23 Millionen Liter pro Tag. „Wir haben das Privileg, dass wir dieses ausgezeichnete Wasser nutzen können“, sagt Stadtwerk-Wassermeister Alexander Belard. „Wir fördern unser Rohwasser in 45 bis 65 Meter Tiefe – dort ist es so sauber, dass man es im Prinzip schon trinken könnte.“Dennoch werde es über verschiedene Stufen im Wasserwerk aufbereitet, sodass dann Sicherheit und Qualität, die die strenge Trinkwasserverordnung fordere, erfüllt seien.
Von der Fernwasserversorgung in Sipplingen aus werden außerdem rund vier Millionen Einwohner in Baden-Württemberg mit Trinkwasser versorgt. Am Bodensee selbst bekommt vom Wasserwerk Sipplinger Berg nur noch die Gemeinde Sipplingen das Trinkwasser. Eigene Entnahmestellen haben außerdem Friedrichshafen, Hagnau, Immenstaad, Meersburg und Überlingen. Auch Kressbronn werde mit Bodenseewasser
TRAUERANZEIGEN
versorgt, sagt Klaus Ruff, das kommt aber aus dem bayerischen Nonnenhorn. Das Wasser aus dem See wird ebenfalls in Hochbehälter gepumpt und den Haushalten zugeführt. Der Spiegel des Bodensees könne sich zwar verändern, aktuell aber nur, was die jahreszeitliche Verteilung angehe. Insgesamt habe das Wasser im See nicht abgenommen. Die Menge gelte als nahezu unerschöpflich. Dass wir den Bodensee leer trinken könnten, diese Gefahr sieht deshalb auch Alexander Belard nicht. Jährlich bringen die Zuflüsse rund elf Milliarden Kubikmeter Wasser hinzu, sagt er. Alle Wasserwerke rund um den See gemeinsam entnehmen 160 Millionen Kubikmeter. „Wasserknappheit, wie sie in manchen Teilen Deutschlands durch den
Klimawandel droht, ist also am Bodensee kein Problem“, sagt der Wassermeister in Bezug auf Friedrichshafen und Überlingen.
Egal, ob das Wasser aus dem Brunnen oder vom See kommt: Das Abwasser wird am Ende in Kläranlagen gereinigt und wieder in Flüsse beziehungsweise den Bodensee geleitet. Laut Ruff werden vom Land derzeit alle öffentlichen Wasserversorgungen im Rahmen des „Masterplans Wasser“untersucht hinsichtlich ihrer Zukunftsfähigkeit. Im Bodenseekreis betroffen sei etwa die Gemeinde Bermatingen, die sentweder einen neuen Grundwasserbrunnen suchen müsse, oder sich wie Oberteuringen mit anderen Gemeinden zu einem Verbundsystem zusammenschließen muss.