Lindauer Zeitung

Freigärtne­r gründen „Vorgarten“in Kißlegg

Was es mit der Loge auf sich hat und was sie von Freimaurer­n unterschei­det

- Von Ingrid Kraft-Bounin

- Sie hegen die Tugenden der Liebe, der Weisheit, der Harmonie und der Wahrheit, sie legen in der Gemeinscha­ft bildlich gesprochen innere Gärten an, um sich als Menschen weiterzuen­twickeln. Ihr Hintergrun­d ist das Alte Testament und der Glaube an ein „höheres Wesen“. Die Rede ist von den Freigärtne­rn, die unter dem Schirm der Mutterloge „Carl Theodor zum Goldenen Garten e.V.“jetzt in Kißlegg einen sogenannte­n „Vorgarten Bayern-Österreich“gegründet haben. Der umfasst auch das württember­gische Allgäu. Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat sich mit einem der Altmeister, Alexander Griesbach, zum Gespräch getroffen.

Ein wenig geheimnisu­mwittert wie die Freimaurer, bemühen sich die Freigärtne­r um mehr Transparen­z und Offenheit gegenüber ihrem Umfeld. Es unterliegt nicht alles, was bei der Zeremonie geschieht, der Verschwieg­enheit. Während es bei den Freimaurer­n nur Frauen- oder

Männerloge­n gibt, nehmen die Freigärtne­r auch Frauen in ihre gemischtge­schlechtli­che Loge auf.

Zwar ähneln sich die Symbole wie Zirkel und Winkelmaß, bei den Freigärtne­rn kommt allerdings noch das Schneideme­sser hinzu. „Mit ihm kann man im übertragen­en Sinne, eine Pflanze beschneide­n, um das Wachstum zu fördern“, berichtet Alexander Griesbach und fügt hinzu: „Mit dieser bildlichen Sprache meinen wir die Arbeit und Pflege an der eigenen Persönlich­keit.“

In den Zeremonien geht es vielfach um Geschichte­n aus dem Alten Testament, um die vier Flüsse des Paradieses, um Adam, Noah oder König Salomon. Sie haben einen deutlich christlich­en Bezug. Dabei sprechen jeweils vier sogenannte „Bewahrer“oder „Bewahrerin­nen“miteinande­r. Daran teilnehmen können weitere Personen.

Bei den Freigärtne­rn handelt es sich um eine Gemeinscha­ft, die sich aus dem früheren Handwerksg­ildensyste­m in England und Schottland

entwickelt hat. In Schottland geht die Tradition auf die Gründung der Haddington-Loge zurück, die am 16. August 1676 eröffnet wurde und auf die sich auch die hiesigen Freigärtne­r berufen.

Die Freigärtne­r-Loge ist durchaus hierarchis­ch nach dem alten Zunftsyste­m aufgebaut. Neue Mitglieder werden im Rahmen einer Zeremonie in den ersten Grad, den des Lehrlings, aufgenomme­n. Es folgen der Grad des Gesellen und des Meistergär­tners. Der vierte Grad ist ein Ehrengrad, der auch mit mehr Befugnisse­n verbunden ist, wie etwa einen Vorgarten zu begründen.

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Jeder Aufnahmewi­llige muss sich im Rahmen einer Zeremonie zum Brauchtum der Freigärtne­r bekennen, wozu verschiede­ne Leitsätze gehören, wie etwa: „Behandle jedes Lebewesen, wie Du behandelt werden möchtest.“Wer also bei dem Freigärtne­rn an blühende Gärten und Parks denkt, sollte dies trotz einer floralen Ornamentik allenfalls im „metaphoris­chen“Sinne tun. Denn den Freigärtne­rn geht es zu allererst um freie Menschen, „die den Paradiesga­rten in sich selbst entstehen lassen“, sagt Alexander Griesbach.

Alexander Griesbach weiß um die Vorbehalte, die man Freigärtne­rn wie Freimaurer­n vielfach entgegenbr­ingt. Er stellt klar: „Der Orden der Freigärtne­r ist nicht mit der Freimaurer­ei verbunden, obwohl es viele Menschen gibt, die Mitglieder von beiden Systemen sind“. Und er fügt hinzu: „Wir helfen uns auch nicht anders als die Leute bei einem Schützenod­er Fußballver­ein“.

Und wie bei anderen Vereinen auch, muss man einen Aufnahmean­trag stellen und nach der entspreche­nden Aufnahmeze­remonie auch Mitgliedsb­eitrag bezahlen. Das sind derzeit 120 Euro im Jahr und für Schurz, Schärpe und Stulpen kommen einmalig 250 Euro hinzu. Mitglied

kann jeder werden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, der sich weiterentw­ickeln möchte und Freude am Austausch hat.

Wer mehr über die Freigärtne­r und den Vorgarten „Bayern-Österreich“wissen möchte, erfährt bei einer Veranstalt­ung am Samstag,14. Mai, um 17.30 Uhr in der Gaststätte „Zum Kornhausme­ister“in Wangen mehr. Weitere Mitglieder werden bei einer speziellen Initiation am 4. Juni und am 23. Oktober in Kißlegg im Hofgut Farny aufgenomme­n.

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FOTO: PR Der Schurz der Freigärtne­r gehört zur Grundausst­attung bei den Zeremonien.

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