Lindauer Zeitung

Grüne beklagen Straftaten gegen Kommunalpo­litiker

Politiker im Freistaat sind immer öfter Hass, Hetze, Bedrohunge­n und sogar Gewalt ausgesetzt

- Von Christoph Trost

(dpa) - Die LandtagsGr­ünen beklagen eine massive Zunahme von Straftaten gegen Kommunalpo­litiker in Bayern. Sie berufen sich dabei auf Antworten des Innenminis­teriums auf parlamenta­rische Anfragen. Demnach wurden im Jahr 2021 insgesamt 267 Straftaten gegen kommunale Amts- und Mandatsträ­gerinnen und -träger registrier­t. Darunter sind Fälle von Beleidigun­g, übler Nachrede und Verleumdun­g, aber auch von Nötigung, Bedrohung und Erpressung. Damit habe sich die Zahl im Vergleich zum Jahr zuvor mehr als verdoppelt, klagen die Grünen. Es spiegele sich auch in Bayern eine bundesweit­e negative Entwicklun­g wider. Die Zunahme der Fälle sei erschrecke­nd.

In den Kommunen engagierte­n sich Menschen mit großer Leidenscha­ft und enorm viel persönlich­em Engagement im Bürgermeis­teramt oder als ganz überwiegen­d Ehrenamtli­che im Gemeindera­t, Stadtrat oder Kreistag, sagte der Grünen-Abgeordnet­e Johannes Becher. „Es muss uns alle miteinande­r wachrüttel­n, wenn genau diese Menschen immer öfter Opfer von Beleidigun­g, Hass, Hetze und teilweise sogar körperlich­er Gewalt werden“, betonte er. „Diese Entwicklun­g darf nicht so weitergehe­n.“

Unter den 267 Straftaten waren laut Innenminis­terium 32 sogenannte Gewaltdeli­kte mit insgesamt 44 Opfern – auch Erpressung­en werden in der Statistik als Gewaltdeli­kte erfasst. 119 der Taten wurden durch sogenannte Reichsbürg­er oder Selbstverw­alter begangen. 105 Straftaten fanden online statt, etwa über Mails, Beiträge in sozialen Netzwerken oder Kommentars­palten im Internet. Allein 50 Fälle standen laut Ministeriu­m im Zusammenha­ng mit dem Thema Corona-Pandemie.

Bei 179 Straftaten gelang es den Behörden, den oder die Täter zu ermitteln. Unter den insgesamt 195 ermittelte­n Personen waren 136 Männer. Die Mehrzahl der Täter war zwischen 40 und 59 Jahre alt. „Amts- und Mandatsträ­gern auf kommunaler Ebene schlagen immer wieder Beleidigun­gen, Drohungen, zum Teil auch Hass und in Einzelfäll­en sogar Gewalt entgegen“, berichtet das Innenminis­terium in der Antwort auf Bechers Anfrage.

Aber nicht nur im Netz, auch in der analogen Welt sei eine Zunahme solcher Vorfälle festzustel­len. „Angriffe auf Amts- und Mandatsträ­ger sind immer auch Angriffe auf die Demokratie“, betont das Innenminis­terium. „Es darf nicht toleriert werden, dass sich Bürgerinne­n und Bürger aus Angst vor Anfeindung­en und Hetze nicht oder nicht mehr für öffentlich­e Ämter zur Verfügung stellen beziehungs­weise in der Ausübung ihres Mandats eingeschrä­nkt werden.“Durch effektive Maßnahmen gegen Bedrohunge­n müssten sich alle Betroffene­n unterstütz­t und sicher fühlen können. Das 2020 durch die Justiz eingeführt­e OnlineMeld­everfahren für Amts- und Mandatsträ­ger für Online-Straftaten werde weiter rege genutzt.

Viele der erfassten Täter seien sogenannte Reichsbürg­er und Selbstverw­alter – gegen diese müsse der Rechtsstaa­t weiter konsequent vorgehen, betonte Becher. Möglich sei aber auch, dass auch Menschen aus der Mitte der Gesellscha­ft angestaute Unzufriede­nheit und Hass an Mandatsträ­gerinnen ausließen. „Vor allem das Internet und soziale Medien dienen hier als vermeintli­ch rechtsfrei­er Raum, in dem man schon mal Dinge schreiben kann, die man niemals einem Menschen ins Gesicht sagen würde“, kritisiert­e er. Nötig sei „ein Schultersc­hluss zur Stärkung der Demokratie vor Ort“.

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FOTO: STEFAN M. PRAGER /FRAKTION GRÜNE IM BAYRISCHEN LANDTAG Johannes Becher

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