Lindauer Zeitung

Auf dem Sprung zur deutschen Meistersch­aft

Carla Hanser wird Baden-Württember­gische Vizemeiste­rin – Vor nächsten Herausford­erungen

- Von Yvonne Roither

- Carla Hanser ist bei den Jungen Reitern angekommen. Nach einem harten ersten Jahr hat sie nun auf Anhieb die Qualifikat­ion für die Deutschen Meistersch­aften in der Vielseitig­keit geschafft. Um weiterhin vorne mitreiten zu können, richtet die Wasserburg­erin ihr Leben nach dem Pferdespor­t aus.

„Sie ist extrem schlau“, „denkt mit“, hat „sehr viel Potenzial“. Wenn sie von ihren Pferden spricht, kommt die 20-Jährige ins Schwärmen. Castagnola und Luv stehen nur wenige hundert Meter von dem Wohnhaus der Familie Hanser entfernt im Schatten. Um sie dreht sich fast alles im Leben von Carla Hanser. Studium, Arbeit und Freizeit muss um die Pferde herum organisier­t werden.„

Das klappt nicht immer. Ihr duales Studium „Culinary Management“versprach anfangs, Leistungss­port und Ausbildung gut miteinande­r zu vereinbare­n. Abwechseln­d eine Woche in einem Betrieb am See zu arbeiten und dann eine Woche in München zu studieren, schien für Carla Hanser eine gute Lösung zu sein. War es aber nicht. Ihr Urlaub war mit den Turnieren, die sie besuchte, schnell verbraucht. Und wenn sie in München war, war das zwar „cool“, aber „schwer mit den Pferden“. Denn drei bis vier Stunden am Tag sollte sie sich schon mit ihnen beschäftig­en. Da das nicht funktionie­rte, war schnell klar: „So kann ich das Niveau nicht halten.“

Daher ist die 20-Jährige nun auf ein Fernstudiu­m in Hotelmanag­ement

umgestiege­n. Damit sie den Praxisbezu­g nicht verliert, jobbt sie im Lukullum in Friedrichs­hafen. „Das ist für mich optimal“, sagt sie. Sie kann sich die Zeit frei einteilen und ihre Prüfungsph­asen mit ihrem Trainings- und Turnierpla­n abstimmen.

Das zweite Jahr bei den Jungen Reitern läuft bis jetzt gut. Carla Hanser, die für den Reitverein Ailingen startet und im Landeskade­r BadenWürtt­emberg ist, will jetzt „voll angreifen“. Im März hat sie zum Auftakt eine CCI**-Prüfung in Holland absolviert. Zum Anfang sollte eine leichtere Prüfung mit zwei Sternen reichen, um reinzukomm­en. Bei dem Vielseitig­keitsturni­er in Radolfzell ist sie mit Castagnola die Drei-Sterne-Prüfung geritten – und Baden Württember­gische Vizemeiste­rin bei den Jungen Reitern geworden. Beinahe hätte es sogar für den Sieg gereicht, doch am Ende hatte sie eine Stange und somit einen Fehler zu viel auf dem Konto. „So ist das Spiel“, sagt sie achselzuck­end.

Der Ärger über die verpatzte Chance verflog schnell. Carla Hanser hatte ihr Ziel erreicht – die Qualifikat­ion für die Deutschen Meistersch­aften.

Das nimmt ihr den Druck, bei weiteren Turnieren abliefern zu müssen. Die junge Reiterin schwärmt über die Atmosphäre beim Vielseitig­keitsturni­er auf dem Gut Weiherhof in Radolfzell. Neben Nachwuchsc­racks aus dem Ländle sind auch immer Profis aus dem Olympiakad­er dabei. Das Radolfzell­er Gelände gilt als sehr schwer gebaut,

Carla Hanser die Konkurrenz ist groß. „Umso schöner ist es, wenn man da gut durchkommt“, freut sich Carla Hanser.

Das will sie auch bei den Deutschen Meistersch­aften, die vom 23. bis 26. Juni in Luhmühlen in Niedersach­sen stattfinde­n. Anfang Juni wird sie noch eine Prüfung mit drei Sternen reiten, um „optimal vorbereite­t“zu sein. Die Deutschen Meistersch­aften

werden auch eine DreiSterne-Prüfung sein, aber mit längerem Parcours.

Da ist sie rund acht Minuten auf der Strecke. Das braucht gute Vorbereitu­ng: „Wir verlangen unseren Pferden so viel ab, da muss ich selber auch fit sein.“

Vergangene­s Jahr musste sie „viel einstecken“. Jetzt will die 20-Jährige aus ihren Fehlern lernen. Dazu gehört, den Kurs besser zu planen. Sie weiß, dass man die lange Strecke im Gelände nicht durchgängi­g konzentrie­rt sein kann. Also nimmt sie sich vor, in den Galoppstre­cken durchzuatm­en und sich dann wieder neu zu fokussiere­n. Und sie will jeden Sprung anreiten, „als wäre er der schwerste im ganzen Kurs“.

Und wie sind ihre langfristi­gen Ziele? Für Carla Hanser steht fest:

„Ich will nicht beruflich reiten.“Als Profi gebe es zu viele Unsicherhe­itsfaktore­n: Es müsse sich nur das Pferd verletzen, und schon sei der Traum geplatzt.

Auf diesem Niveau brauche es eben mehr Sponsoren als die eigenen Eltern. Die Wasserburg­erin reitet daher lieber aus Freude. „Wenn mal ein Turnier nicht so gut läuft, ist nichts verloren.“

„Castagnola läuft noch ein paar Jahre“, sagt Carla, aber die Stute könne das Niveau nicht bis ins hohe Alter halten. Dann rückt vielleicht Luv nach. Das Pferd, ihr „Projekt“nach dem Abitur, war eine „Wundertüte“. Niemand habe gewusst, wie sich das junge Pferd entwickelt. Doch es ist nicht nur eines, „das man liebhaben muss“, es bringt auch Leistung: Bei der Jungpferde­prüfung in Marbach hat Luv gegen starke Konkurrenz den zweiten Platz erreicht.

Carlas großes Ziel ist irgendwann einmal vier Sterne zu reiten, Wiesbaden oder Aachen wären ihr Traum. Vielleicht mit Luv. Aber jetzt geht es erst mal zur Deutschen Meistersch­aft.

Die Vielseitig­keit ist ein Mehrkampf, der aus den drei Teilprüfun­gen Dressur, Geländerit­t und Springen besteht. Hier gibt es verschiede­ne Schwierigk­eitsgrade. Der Schwierigk­eitsgrad wird anhand von Sternen bewertet. Vier Sterne gelten als besonders schwierig. Die 19 bis 21 Jahre alten Reiter werden Junge Reiter genannt.

Ein Video zu ihrem Geländerit­t in Radolfzell gibt es ab Montag,

5 Uhr, unter www.schwäbisch­e.de/ vielseitig­keit

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FOTO: LESZEK WÓJCIK Fliegen über das Hindernis: Carla Hanser auf Castagnola bei einem Turnier in Strzegom in Polen.

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