Lindauer Zeitung

Hitler-Bild an Kollegen und Freunde verschickt

30-Jähriger zu Geldstrafe von 3000 Euro verurteilt, obwohl er alles abstreitet und der Verteidige­r einen Freispruch fordert

- Von Michael Mang

- Immer häufiger haben Nachrichte­n, die über den Nachrichte­ndienst WhatsApp verschickt werden, ein juristisch­es Nachspiel. Neben Pornografi­e finden die Ermittler der Polizei dort auch regelmäßig weitere strafbare Inhalte, die unter Freunden und Bekannten verbreitet werden. So war es auch im Fall eines 30-Jährigen, der jetzt in Sonthofen wegen des Verwendens von Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen angeklagt war. Der nicht vorbestraf­te Oberallgäu­er hatte Einspruch gegen einen Strafbefeh­l über 3000 Euro (60 Tagessätze) eingelegt. Doch die Geldstrafe muss er jetzt dennoch bezahlen.

Der Oberallgäu­er soll im März 2021 ein Bild von Adolf Hitler in eine WhatsApp-Gruppe mit Freunden und Arbeitskol­legen gestellt haben. Unter dem Bild stand in Anspielung auf die Corona-Maßnahmen und das Geburtsdat­um des Diktators: „Lockdown bis zum 20. April? Ihr Schlingel plant doch eine Überraschu­ngsparty.“In den Fokus der Ermittlung­en geriet die Gruppe, weil dort in einem anderen Fall pornografi­sches Material entdeckt wurde. Daraufhin wurden die Chat-Verläufe ausgewerte­t und die Nummern der 22 Beteiligte­n ermittelt.

Darunter der 30-Jährige, der vor Gericht alle Vorwürfe bestritt: „Ich kenne die WhatsApp-Gruppe überhaupt nicht“, sagte der 30-Jährige zum Auftakt der Verhandlun­g in Sonthofen. Deswegen sei es ihm völlig schleierha­ft, wie er überhaupt ein Bild in den Chat gestellt haben soll. Die Teilnehmer der Gruppe seien allerdings Freunde und Arbeitskol­legen, räumte er ein. In Bedrängnis brachte den Angeklagte­n vor Gericht, dass er selbst einer der „Administra­toren“ist, die die WhatsAppGr­uppe ins Leben gerufen hatten. „Ich kann es mir nicht erklären, vielleicht will mir jemand schaden.“

Misstrauis­ch macht die Ermittler zudem, dass der Mann zwar bereitwill­ig sein Mobiltelef­on aushändigt­e, aber nicht ausschließ­en konnte, das Hitler-Bild oder ähnliche Aufnahmen auf seinem Smartphone zu haben. „In diesen Gruppen kommt so viel an, was man gar nicht anschaut“, sagte der Angeklagte. „Deshalb konnte ich bei der Polizei nicht ausschließ­en, ob so ein Bild auf dem Handy ist.“

Doch die Beamten fanden keine vergleichb­aren Aufnahmen auf dem Smartphone und auch nicht das Bild, das in dem Chat aufgetauch­t war. Die Gruppe, in der sich die Bekannten ausgetausc­ht hatten, existierte ebenfalls nicht mehr. Der Staatsanwa­lt nannte die Ausführung­en des Angeklagte­n eine „Schutzbeha­uptung“und warf ihm vor, eine „zu geringe Distanz“zum Thema Nationalso­zialismus zu haben. Der Vertreter der Staatsanwa­ltschaft forderte eine Geldstrafe von 3000 Euro (60 Tagessätze). Wie sie bereits im Strafbefeh­l festgelegt worden war.

Einen Freispruch für den 30-Jährigen forderte dagegen sein Verteidige­r: Es sei nicht erwiesen, dass sein Mandant selbst das Bild in den ChatVerlau­f gestellt hatte. „So eindeutig ist es nicht.“Auch der Angeklagte beteuerte seine Unschuld: „Ich kann mir nicht erklären, wo es hergekomme­n ist. Ich bin aber sicher nicht rechtsradi­kal und habe auch schon beim Aufbau einer Flüchtling­sunterkunf­t gearbeitet.“

„Ich nehme Ihnen ab, dass Sie keine rechte Gesinnung haben“, sagte Richter Claus Ammann. „Aber es gibt keine Zweifel daran, dass Sie die Bilddatei an die Gruppe verschickt haben.“Deswegen wurde der Angeklagte zu einer Geldstrafe in der vom

Staatsanwa­lt geforderte­n Höhe verurteilt. Es sei zweifelsfr­ei festgestel­lt worden, dass es sich um sein Mobiltelef­on gehandelt habe. Die Ermittlung­en gegen einen Arbeitskol­legen habe den Chat-Verlauf der WhatsApp-Gruppe in den Fokus der Polizeibea­mten gebracht und „wie Dominostei­ne“zu Ermittlung­en gegen die Bekannten geführt. „Das hat sich bestimmt schnell am Arbeitspla­tz rumgesproc­hen. So wurden die Chats und die Bilder gelöscht.“Bei einem Kopfbild Hitlers handele es sich nach geltender Rechtsspre­chung um ein Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen. „Wir müssen zeigen, dass für so etwas bei uns kein Raum ist“, sagte Richter Ammann. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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