Mit dem Pokal der Herzen zurück nach Freiburg
SC-Trainer Streich stellt emotionale Aspekte über den Titelgewinn – Leipzig bejubelt Triumph und teilt aus
- Da standen sie also wieder. Vor den Fans. Ihren Fans, die sie bejubelten, beklatschten, ihnen zu Ehren sangen. Egal ob im heimischen Freiburg oder im fernen Berlin. Während die Spieler des SC nach der 3:5 (1:0/1:1)-Pokal-Niederlage samt Elfmeterschießen gegen RB Leipzig an einem dramatischen Abend (siehe Kasten; d. Red.) vor allem der vergebenen Titelchance nachtrauerten und entsprechend fühlten, sahen die Freiburger Fans nach den 120 Minuten Kampf und Einsatz auf dem Spielfeld sowie dem Drama vom Punkt vor allem eines: den Pokalsieger der Herzen. Spieler mit Charakter, die ihre furiose Saison zwar nicht mit dem historischem ersten großem Titelgewinn krönen konnten und doch keinen Grund hatten, die Köpfe hängen zu lassen. Und so ergoss sich in den Berliner Nachthimmel eine Geräuschkulisse, die für Außenstehende nicht erahnen ließ, welcher Verein da gerade den Pott nach oben streckte. Der SC und seine Fans, eine dauerhafte Erfolgsverbindung.
SC-Übertrainer Christian Streich wusste dann auch, wem er nach der unglücklichen Niederlage neben seinen Kickern noch zu danken hatte. „Es war so toll mit den Leuten, was hier alles abgegangen ist“, sagte Streich. „Wie sich die Fans aufgeführt haben in der Stadt – 30 000 und total friedlich. Wenn wir das bewahren könnten in diesem Verein, das wäre mein größter Wunsch. Da verzichte ich auch gerne auf einen Pokalsieg, auch wenn es mir schwerfällt.“
Umso mehr, da dieser Sieg zum greifen nah war. Seine Jungs hätten alles gegeben, sagte Streich, mit der Führung nach Maximilian Eggesteins (19.) Treffer im Rücken in Überzahl nach Rot gegen Leipzigs Marcel Halstenberg (57.) hätten sie aber plötzlich „auch etwas zu verlieren“gehabt. Der Ausgleich durch Christopher Nkunku (76.) war dann ein heftiger Nackenschlag, der jedoch nach einem ausgeglichenem Kampf über 120 Minuten im Duell Schütze gegen Torwart mündete. Dass es hier nicht reicht, war wie so oft eine Frage von Zentimetern und Glück. Vom Punkt versagten ausgerechnet Christian Günter (und dann Ermedin Demirovic) die Nerven. Gerade SC-Kapitän Günter, der 2011 bereits unter Streich mit dem SC den A-Junioren-Pokal geholt hatte, war der Schmerz des Augenblicks anzusehen. Denn wie schon in der Bundesliga im Rennen um die Champions-League-Plätze hatten die Badener gegen die Sachsen auch dieses Mal das Nachsehen.
Bei den Spielern dominierten daher Dankbarkeit für das bis dato Erreichte – und Leere. „Der Tank ist leer, der Kopf ist leer. Es tut weh“, gab Freistoßkünstler Vincenzo Grifo zu. Auch der überragende Nationalspieler Nico Schlotterbeck zeigte sich nach dem letzten Spiel im SC-Trikot vor seinem Wechsel nach Dortmund „wehmütig“und „emotional leer“. „Trotz allem bin ich brutal stolz auf den Verein, vor allem auf die Fans und auch auf uns, muss ich sagen. Wir hatten ein geiles Jahr, brutale Spiele. Der Verein ist mir so ans Herz gewachsen“, sagte der 22-Jährige.
So wie er besannen sich in diesem Moment die meisten Breisgauer auf die Reise, die hinter dem Club liegt. Finanzvorstand Oliver Leki etwa formulierte: „Was insgesamt erreicht wurde, ist außergewöhnlich. Nach zwei, drei Tagen Frustbewältigung werden wir auf eine tolle Saison zurückblicken. Wir werden nächstes Jahr europäisch spielen.“Ähnlich dachte Sportvorstand Jochen Saier: „Es war ein außergewöhnliches Jahr für uns, eine großartige gemeinsame
Jochen Saier
Reise. Wir hätten uns gerne die Krone aufgesetzt, aber irgendwie fühlt es sich doch so an, als hätten wir uns ein Krönchen aufgesetzt.“
Das größere Modell trugen an diesem Wochenende die Leipziger zur Schau. „Ich bin überglücklich“, sagte Domenico Tedesco nach dem ersten großen Titel in der erst 13-jährigen Clubhistorie. Der Trainer verspürte auch „Erleichterung“. Wegen seiner Entstehungsgeschichte mit Geldgeber Red Bull im Rücken hatte der Club in den Tagen vor dem Finale wieder viel Kritik einstecken müssen. Nicht wenige Fans deutschlandweit hätten die Sachsen nach den verlorenen Pokal-Endspielen 2019
Es war der Schockmoment des Berliner Fußballabends. Während sich die Leipziger Spieler im Spalier zur Pokalübergabe bereit machten, kämpfte in unmittelbarer Nähe ein Mensch um sein Leben. Der Mann, der wohl eine Arbeitskarte für das Endspiel hatte und bei dem es sich laut DFB nicht um einen Zuschauer handelte, musste in der Nähe der Fotografentribüne an der Seitenlinie von Rettungskräften behandelt werden. Nach Angaben der Berliner Feuerwehr und des Stadionsprechers und 2021 gern erneut scheitern gesehen. Nicht zuletzt deshalb sagte ein stolzer und Tränen nicht verbergender Clubchef Oliver Mintzlaff: „Wer es immer noch nicht kapiert hat, dass RB Leipzig ein fester Bestandteil des deutschen Fußballs ist, dem ist nicht mehr zu helfen – und denen wollen wir auch nicht mehr helfen.“
Probleme, die Christian Streich und seinem SC Freiburg absolut fremd sind. Ein geachteter Bestandteil der Bundesliga sind die Breisgauer längst – selbst wenn sie einmal absteigen und nach solchen Rückschlägen gestärkt zurückkommen. Das verlorene Pokalfinale wird da keine Ausnahme werden.
wurde die Person im Innenbereich erfolgreich reanimiert. Der Mann hatte demnach wieder Puls und Atmung und wurde in ein Krankenhaus gebracht. Zuvor war es etwa 20 Minuten absolut still im mit über 70 000 Zuschauern besetzten Olympiastadion geworden. Die Pokalfeier wurde für den Zeitraum ausgesetzt und die Fans bangten auf der Tribüne, tauchten das dunkle Stadion in ein Handylichtermeer, während der Krankentransport die Arena verließ. (falx)