Zugeständnisse sind beängstigend
Nein, überraschen dürfte das, was am Wochenende in Paris passierte, wirklich niemanden mehr. Zu extrem, zu weltfremd waren schon in den vergangenen Jahren die Summen, die in Profifußballer investiert wurden. Dass nach dem Millionenpaket von Manchester City für Erling Haaland auch für das zweite große Versprechen auf eine glorreiche Zukunft, Kylian Mbappé, sehr viel Geld fließen wird, war klar. Einzig, dass die Überweisung vom bisherigen Arbeitgeber Paris Saint-Germain und nicht, wie von den meisten Experten erwartet, von Real Madrid kommt, überrascht.
Natürlich, die Summen, die gehandelt werden – 300 Millionen Euro Handgeld und 50 Millionen Euro Jahresgehalt – sind an Absurdität kaum noch zu übertreffen. Dass sie aber irgendwann kommen werden, war nach den Preissprüngen der letzten Jahre leider zu erwarten – daran hat auch die Corona-Pandemie nichts geändert. Nun fließen sie eben noch ein wenig früher als gedacht. Das System Profifußball macht es möglich, das Financial Fairplay der UEFA präsentiert sich einmal mehr als zahnloser Tiger.
Dass nun ausgerechnet der Chef der spanischen Liga, Javier Tebas, gegen das Gebaren der Konkurrenz aus Paris klagen möchte, ist eine Farce. Spielen doch gerade in der Primera Division mit Real Madrid und dem FC Barcelona zwei Clubs, die trotz Schulden in Millionen(Real) und sogar Milliardenhöhe (Barça) weiter großzügig auf dem Transfermarkt unterwegs sind.
Und dennoch läutet die Unterschrift von Kylian Mbappé unter ein neues Arbeitspapier bei PSG eine Zeitenwende im Profifußball ein. Das liegt aber weniger an den Summen, die das Tor in ganz neue Einnahmedimensionen aufstoßen, als vielmehr an den Zugeständnissen, die der Club seinem Superstar offenbar im operativen Geschäft zugebilligt hat. Dass ein Spieler künftig über die Verpflichtung neuer Mitspieler und sogar des Trainers mitentscheiden darf, bringt die Grundfeste des Sports ins Wanken. Mbappé hat allen Profis, oder zumindest den Superstars, aufgezeigt, über welche Macht sie in diesem Spiel verfügen.
Es bleibt abzuwarten, ob Nasser Al-Khelaifi sich und PSG mit diesem Deal wirklich einen Gefallen getan hat, oder ob er sich nur die kurzfristige Liebe der Fans viel zu teuer erkauft hat. Gerade bei bekannten Diven wie Neymar und Lionel Messi im Kader ist zu erwarten, dass sie ihrem Teamkameraden Mbappé nicht das alleinige Rampenlicht und Entscheidungsgewalt überlassen werden. Auch sie werden mitreden wollen, wenn es um Transfers und Übungsleiter geht. Und was sollen die anderen Teamkameraden nun denken? Sie werden endgültig zu Spielern zweiter Klasse degradiert. Dass das dem Mannschaftsgefüge und dem Teamgeist alles andere als zuträglich ist, versteht sich von selbst.
Ein neuer Trainer (von Mbappés Gnaden) darf sich zwar auf viele Ausnahmekicker freuen, bekommt aber vor allem die schier unlösbare Aufgabe übertragen, die Stimmung im Kader zu heben und zugleich seinem Topverdiener zu gefallen. Und dann gibt es da ja noch einen Präsidenten Al-Khelaifi, unter dem sich noch kein Trainer länger als drei Jahre halten konnte – und das trotz teils unbestrittener Qualitäten (Carlo Ancelotti, Thomas Tuchel). Joachim Löw wäre also gut beraten, einen anderer Standort für sein Comeback zu wählen als Paris – falls er denn wirklich für den anspruchsvollen Clubpräsidenten überhaupt infrage käme.