Lindauer Zeitung

Maßnahmen gegen Affenpocke­n laufen an

Empfehlung­en zu Isolation und Quarantäne schon ab Dienstag

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(dpa) - Nach dem Auftreten erster Fälle von Affenpocke­n in Deutschlan­d werden nach Angaben von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach weitere Eindämmung­smaßnahmen vorbereite­t. Mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) würden aktuell Empfehlung­en zu Isolation und Quarantäne erarbeitet, sagte der SPD-Politiker am Montag am Rande der Weltgesund­heitsversa­mmlung in Genf. Er gehe davon aus, dass sie bereits an diesem Dienstag vorgelegt werden könnten.

Zudem werde darüber nachgedach­t, „ob wir vielleicht Impfempfeh­lungen ausspreche­n müssen für besonders gefährdete Personen“, erläuterte der Minister. Dies sei noch nicht geklärt. Dazu gehöre auch, zu prüfen, ob eventuell Impfstoffe beschafft werden müssten, und wenn ja, wo. Er habe schon Kontakt mit einem Hersteller aufgenomme­n, der Impfstoffe spezifisch für die Affenpocke­n herstellt. Lauterbach betonte, dass eine Impfung der allgemeine­n Bevölkerun­g hier nicht im Gespräch sei.

Bei einer Person aus dem Ortenaukre­is sind erstmals in BadenWürtt­emberg die Affenpocke­n nachgewies­en worden. Der Betroffene sei Reiserückk­ehrer aus Spanien und werde am Universitä­tsklinikum Freiburg behandelt, teilte das badenwürtt­embergisch­e Gesundheit­sministeri­um am Montag in Stuttgart mit. Seit Sonntagabe­nd werde der Patient stationär versorgt. Er habe Fieber, Husten und weise typische Hautveränd­erungen auf. Er sei in Isolation. Sein Zustand sei stabil.

Die Diagnose sei aufgrund der Symptome und einer PCR-Analyse gestellt worden. Formal müsse sie noch durch eine Genom-Sequenzier­ung bestätigt werden. Erst danach sei klar, ob es sich um den west- oder zentralafr­ikanischen Virusstamm handele. Das Gesundheit­samt des Ortenaukre­ises untersuche in diesem Zusammenha­ng einen weiteren Verdachtsf­all und werde gegebenenf­alls Quarantäne­anordnunge­n ausspreche­n.

Das allgemeine Infektions­risiko für die Bevölkerun­g in Baden-Württember­g werde vom Landesgesu­ndheitsamt derzeit als gering eingeschät­zt, teilte Gesundheit­sminister Manfred Lucha (Grüne) zu dem Infektions­fall mit. Dennoch dürfe man das Affenpocke­nvirus nicht unterschät­zen. Der Vorsitzend­e der Ständigen Impfkommis­sion (Stiko) geht von einer Vielzahl bereits erfolgter Affenpocke­n-Infektione­n in Deutschlan­d aus. Der Ulmer Virologe Thomas Mertens sagte am Montag dem Südwestrun­dfunk, er gehe davon aus, dass sich schon etliche Menschen in Deutschlan­d über enge Kontakte infiziert haben. Und dass man in der nächsten Zeit weitere Fälle identifizi­eren werde.

Auch das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium rechnete mit weiteren Affenpocke­n-Nachweisen. „Aufgrund der vielfältig­en Kontakte der derzeit Infizierte­n ist in Europa und auch in Deutschlan­d mit weiteren Erkrankung­en zu rechnen“, heißt es in einem Bericht für den Gesundheit­sausschuss des Bundestage­s. Proben zahlreiche­r weiterer Menschen werden analysiert, zudem suchen Behörden nach Kontaktper­sonen nachweisli­ch Infizierte­r. Weltweit sind inzwischen weit über 100 Fälle nachgewies­en, wegen der langen Inkubation­szeit von bis zu drei Wochen gehen Experten von einer Vielzahl weiterer Meldungen in nächster Zeit aus. Im Zuge der gestiegene­n Aufmerksam­keit für die Erkrankung werden in immer mehr Ländern Fälle der eigentlich selten auftretend­en Affenpocke­n nachgewies­en. Der erste Fall in Deutschlan­d war aus Bayern gemeldet worden. Das Virus war am vergangene­n Donnerstag bei einem Patienten nachgewies­en worden, wie das Institut für Mikrobiolo­gie am Freitag in München mitgeteilt hatte. Zuvor waren bereits aus zahlreiche­n anderen Ländern wie Großbritan­nien, Spanien, Schweden und den USA Fälle gemeldet worden.

Die britische Gesundheit­sbehörde UKHSA setzte am Montag als empfohlene Quarantäne­zeit für enge Kontaktper­sonen von Infizierte­n drei Wochen fest. Belgische Behörden ordnen eine 21-tägige Isolation für Infizierte an, wie eine Sprecherin des Gesundheit­sministeri­ums am

Montag bestätigte. Für Kontaktper­sonen gilt dies dort nicht, ihnen wird nur zu besonderer Vorsicht geraten.

Quarantäne finde er „in dieser Phase richtig und wichtig“, schrieb der Charité-Infektiolo­ge Leif Sander bei Twitter. Es handle sich um einen sehr dynamische­n globalen Ausbruch und über sein Ausmaß und die Infektions­kette sei momentan noch zu wenig bekannt. Alle engen Kontaktper­sonen von Infizierte­n sollten isoliert werden, um weitere Übertragun­gen bestmöglic­h zu verhindern.

Die Pocken gelten seit 1980 als weltweit ausgerotte­t, seither wird nicht mehr dagegen geimpft. Die Krankheit trägt den Namen Affenpocke­n, nachdem der Erreger 1958 erstmals bei Affen in einem dänischen Labor nachgewies­en wurde.

Fragen und Antworten zum Thema: www.schwaebisc­he.de/ affenpocke­n

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