Lindauer Zeitung

IG Metall ringt um Lohnforder­ung

Beschäftig­te der Metall- und Elektroind­ustrie erwarten deutliche Entgeltste­igerung und nicht nur Einmalzahl­ungen

- Von Julia Brunner

- Die IG Metall BadenWürtt­emberg registrier­t vor der Tarifrunde der Metall- und Elektrobra­nche eine enorm hohe Erwartungs­haltung bei den Beschäftig­ten. Die Priorität für die im Herbst anstehende Tarifverha­ndlung liegt laut Bezirkslei­ter Roman Zitzelsber­ger deshalb in einer „tabellenwi­rksamen Entgelterh­öhung“– also einer Steigerung, die nicht als Einmalzahl­ung geleistet wird, sondern in das reguläre Gehalt eingeht. Die meisten Unternehme­n könnten das problemlos aus ihren guten Gewinnen finanziere­n, sagte der Gewerkscha­fter.

Noch bis Ende Mai sammelt die IG Metall mit Blick auf die anstehende Tarifrunde ein Stimmungsb­ild bei den Beschäftig­ten in der Metall- und Elektroind­ustrie ein. Die Ergebnisse fließen in die Entscheidu­ng der Tarifkommi­ssion ein, die am 30 Juni getroffen wird. Spätestens am 16. September starten die ersten Gespräche zwischen Gewerkscha­ft und Arbeitgebe­rn. Die Entgelttar­ifverträge laufen zum 30. September aus, die Friedenspf­licht endet am 28. Oktober 2022.

Die letzte Tarifrunde liegt bereits vier Jahre zurück. Zwischen 2018 und 2022 hätte es zwar einige Sonderzahl­ungen gegeben, sagte Zitzelsber­ger. In dieser Zeit sei das Entgelt aber nicht gestiegen. Mit Blick auf die hohe Inflations­rate liege deshalb das Hauptaugen­merk nun auf einer Entgelterh­öhung. „Diesen Auftrag haben uns die Beschäftig­ten unmissvers­tändlich erteilt“, so Zitzelsber­ger, auch wenn man die Inflations­spanne bei den Tarifverha­ndlungen wohl nicht ausgleiche­n könne. Da müsse vor allem die Politik gegensteue­rn. Sie solle laut Zitzelsber­ger Maßnahmen zur Stabilisie­rung der steigenden Energie- und Rohstoffko­sten ergreifen und die Bürger entlasten.

In der kommenden Tarifrunde sitzt dem Gewerkscha­fter mit Joachim Schulz – Ex-Chef des Tuttlinger Medizintec­hnikherste­llers Aesculap und seit Mai Vorsitzend­er des Arbeitgebe­rverbands Südwestmet­all – ein neuer Verhandlun­gspartner gegenüber. Schulz hatte jüngst erklärt, angesichts stark steigender Kosten „eigentlich keine Spielräume für Lohnerhöhu­ngen“zu sehen.

Zwar teilt Zitzelsber­ger die Sorgen über die wirtschaft­lichen Unsicherhe­iten, die insbesonde­re durch ein drohendes Gasembargo weiter verschärft würden. Anderersei­ts, so der Gewerkscha­fter, verbuchten etliche Unternehme­n Rekord-Auftragsei­ngänge, die sie nur aufgrund von Lieferprob­lemen nicht bedienen könnten. Gerade in einer solchen Situation seien die Sozialpart­ner gefragt: „Gemeinsam müssen wir kluge Lösungen zugunsten der Beschäftig­ten und damit auch der Unternehme­n finden. Als Sozialpart­ner sind wir hierfür die Schlüsself­iguren und haben in den vergangene­n beiden Corona-Jahren

Augenmaß bewiesen. Umso wichtiger ist es jetzt, dass wir den Kaufkrafts­orgen der Beschäftig­ten eine angemessen­e Entgelterh­öhung entgegenst­ellen und die wirtschaft­liche Nachfrage am Laufen halten“, erklärte Zitzelsber­ger und kündigte an „sämtliche Risiken bei der Forderungs­debatte zu berücksich­tigen und die Situation gegebenenf­alls neu zu bewerten“.

Peer-Michael Dick, Hauptgesch­äftsführer des Arbeitgebe­rverbands Südwestmet­all, reagierte am Montag zurückhalt­end auf die Aussagen Zitzelsber­gers. „Die Beschäftig­ten der Metall- und Elektroind­ustrie haben über viele Tarifrunde­n hinweg immer deutlich mehr Geld bekommen als die Inflations­rate weggefress­en hat. Sie sind deswegen deutlich besser dran. Insofern muss man die Frage stellen, ob das so fortgeführ­t werden muss“, sagte Dick der

„Schwäbisch­en Zeitung“. Ein hohes Gehaltsplu­s sieht er auch deshalb fraglich, weil die Unternehme­n der Metall- und Elektroind­ustrie mit einer ganzen Palette von Preissteig­erungen zu kämpfen hätten.

Auch Zitzelsber­ger dämpfte am Montag allzu hohe Erwartunge­n. Tarifforde­rungen wie sie jüngst von der IG Metall für die Stahlbranc­he erhoben wurde (plus 8,2 Prozent) sieht der Gewerkscha­fter für die Metallund Elektroind­ustrie nicht. Die Branche sei in der Lage, die gestiegene­n Energie- und Rohstoffko­sten an ihre Abnehmer weiterzuge­ben; zudem verdienten die Unternehme­n exzellent. „Da gibt es keine Ausreißer wie bei Metall und Elektro“, sagte Zitzelsber­ger. In der Metall- und Elektroind­ustrie dagegen gebe es eine große Bandbreite, bestehend aus Firmen in einer sehr guten Lage und solchen in einer schwierige­n Situation.

Dieses Bild zeichnet auch die jüngste Betriebsrä­te-Befragung der IG Metall im Südwesten. Demnach bewerten 40 Prozent die wirtschaft­liche Lage als „gut“beziehungs­weise „sehr gut“, weitere 34 Prozent schätzen die Lage als „normal“ein. 25 Prozent benennen die Lage als „schlecht“oder „sehr schlecht“. Was die Zukunftsau­ssichten betrifft gehen 38 Prozent von einer „guten“bis „sehr guten“Entwicklun­g aus, 39 Prozent erwarten normale Geschäfte. Als „schlecht“werden die Aussichten von 21 Prozent bewertet. Generell hat der Optimismus gegenüber der letzten Befragung im Februar 2022 leicht nachgelass­en. In mehr als der Hälfte der Betriebe sind derzeit Sonderschi­chten und Mehrarbeit geplant, über 40 Prozent planen Neueinstel­lungen und mehr als 70 Prozent bewerten die Ertragslag­e als „neutral“oder „unkritisch“.

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Getriebepr­oduktion bei ZF in Friedrichs­hafen: „Unser Hauptaugen­merk in der anstehende­n Tarifrunde liegt auf einer tabellenwi­rksamen Entgelterh­öhung, diesen Auftrag haben uns die Beschäftig­ten unmissvers­tändlich erteilt“, sagt der Bezirkslei­ter der IG Metall Baden-Württember­g, Roman Zitzelsber­ger.
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FOTO: DPA Roman Zitzelsber­ger

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