Streit um Mountainbiker eskaliert
Unbekannte errichten Falle auf einer Abfahrt – Ein neuer Verein will die Wogen glätten
- Seit Jahren schwelt der Konflikt um Mountainbiker im Allgäu. Jetzt hat der Streit eine neue Dimension erreicht. Unbekannte errichteten vor Kurzem auf einer Abfahrt im Bannwald in Ottobeuren hinter einer Kuppe eine Baumbarrikade. Sie zielte offensichtlich darauf ab, Biker zu stürzen. Bürgermeister German Fries verurteilt die Aktion aufs Schärfste: „Das ist Niedertracht. Wissentlich wurde Gefahr in Kauf genommen.“Jetzt ermittelt die Polizei.
Geschockt ist man auch beim neu gegründeten Verein „Mountainbike Allgäu“mit 500 Mitgliedern: „Das ist krass. Nicht auszudenken, was alles passieren hätte können“, sagt Vorsitzender Erik Haufe. Mit seinem Verein will er den Ärger schlichten. „Wir setzen uns für ein respektvolles Miteinander ein und wollen den Dialog mit Wanderern, Grundstückseigentümern, Jägern, Förstern und Älplern verbessern.“Ziel sei, eigene TrailAngebote für Biker zu schaffen sowie auf den für Bergsteiger und Radler geeigneten Wanderwegen durch klare Regeln „Druck rauszunehmen“. Gleichzeitig stehe der Verein für „nachhaltiges Radeln“. „Wir lieben die Natur und wollen dafür sensibilisieren und uns beispielsweise auch bei der Wegepflege engagieren“, sagt Haufe. Der neue Zusammenschluss erhalte viel positive Resonanz.
Wie sehr die Fronten verhärtet sind, zeigte im Sommer 2021 ein Vorfall nahe Wolfertschwenden (Kreis Unterallgäu), den ein Mountainbiker unserer Redaktion schildert. Er stürzte bei einer Abfahrt an der Brandholzer Steige, als ihm an einer uneinsichtigen Stelle zwei parallel liegende Baumstämme zum Verhängnis wurden. Dabei zog er sich ein Schleudertrauma zu und hatte noch Glück: Sein zu Bruch gegangener Helm verhinderte eine schwere Verletzung. „Ich kann es nicht beweisen. Aber für mich sah das eindeutig nach einer Falle für Biker aus“, sagt der 43-Jährige. Er wünscht sich ausgewiesene Strecken für Mountainbiker. Ein Schritt in diese Richtung sind die neuen „Naturbike-Touren Allgäu Tirol“, die über ein EU-Programm
finanziert wurden. „Es handelt sich um 24 Touren für Genussradler“, sagt Stefan Storf von der Allgäu GmbH. Die Strecken im Allgäu und in Tirol seien miteinander verbunden, mit Wegweisern versehen und verliefen zum größten Teil auf Forst- und Alpwegen. Um private Grundstückseigentümer zu entlasten, hätten die jeweiligen Gemeinden die Haft- und Verkehrssicherheitspflicht übernommen.
Die Touren führen etwa um den Breitenberg in Pfronten. In der Ostallgäuer Gemeinde gebe es oft Klagen über Mountainbiker, sagt der Vorsitzende des Rechtlervereins, Christian Neutzner. Ihm seien über 30 illegale Trails rund um Pfronten bekannt, die Biker abseits von Wanderwegen nutzten: „Die Schäden für den Wald sind beträchtlich. Obendrein wird das Wild gestört.“Mit Schaufel und Pickel seien sogar Schanzen gebaut worden: „Eine Unverschämtheit“, findet Neutzner. Der Rechtlerverein mit seinen 400 Mitgliedern will die Biker aber nicht pauschal verurteilen. „Es ist nur eine Minderheit, die sich derart rücksichtslos verhält. Leider handelt es sich bei ihnen meistens um Einheimische“, sagt Neutzner. Er befürwortet zwar das neue Naturbike-Angebot, mit dem sich vor allem Urlauber gut lenken ließen. Doch das größere Problem seien ja die Biker, die technisch anspruchsvolle Strecken wählten, auf denen man nicht nebeneinander fahren kann.
Zu wenig Angebote in diesem Bereich sieht der Verein „Mountainbike Allgäu“. Derzeit werde im Dialog mit Grundbesitzern an mehreren Standorten im Allgäu geprüft, wo solche Trails entstehen oder illegale Wege offiziell genutzt werden könnten.
Abfahrtsstrecken in verschiedenen Schwierigkeitsgraden gibt es seit 20 Jahren im Bike Park Bad Hindelang. Dort können Mountainbiker mit der Hornbahn nach oben fahren und sich talwärts ins Abenteuer stürzen. „Das Downhill-Angebot kommt sehr gut an“, sagt Geschäftsführer Hans Heim. Für Haufe reicht das nicht aus. „Die meisten Mountainbiker wollen ja nicht in einer künstlichen Umgebung fahren, sondern in der Allgäuer Natur.“