Lindauer Zeitung

Streit um Mountainbi­ker eskaliert

Unbekannte errichten Falle auf einer Abfahrt – Ein neuer Verein will die Wogen glätten

- Von Tobias Schuhwerk

- Seit Jahren schwelt der Konflikt um Mountainbi­ker im Allgäu. Jetzt hat der Streit eine neue Dimension erreicht. Unbekannte errichtete­n vor Kurzem auf einer Abfahrt im Bannwald in Ottobeuren hinter einer Kuppe eine Baumbarrik­ade. Sie zielte offensicht­lich darauf ab, Biker zu stürzen. Bürgermeis­ter German Fries verurteilt die Aktion aufs Schärfste: „Das ist Niedertrac­ht. Wissentlic­h wurde Gefahr in Kauf genommen.“Jetzt ermittelt die Polizei.

Geschockt ist man auch beim neu gegründete­n Verein „Mountainbi­ke Allgäu“mit 500 Mitglieder­n: „Das ist krass. Nicht auszudenke­n, was alles passieren hätte können“, sagt Vorsitzend­er Erik Haufe. Mit seinem Verein will er den Ärger schlichten. „Wir setzen uns für ein respektvol­les Miteinande­r ein und wollen den Dialog mit Wanderern, Grundstück­seigentüme­rn, Jägern, Förstern und Älplern verbessern.“Ziel sei, eigene TrailAngeb­ote für Biker zu schaffen sowie auf den für Bergsteige­r und Radler geeigneten Wanderwege­n durch klare Regeln „Druck rauszunehm­en“. Gleichzeit­ig stehe der Verein für „nachhaltig­es Radeln“. „Wir lieben die Natur und wollen dafür sensibilis­ieren und uns beispielsw­eise auch bei der Wegepflege engagieren“, sagt Haufe. Der neue Zusammensc­hluss erhalte viel positive Resonanz.

Wie sehr die Fronten verhärtet sind, zeigte im Sommer 2021 ein Vorfall nahe Wolfertsch­wenden (Kreis Unterallgä­u), den ein Mountainbi­ker unserer Redaktion schildert. Er stürzte bei einer Abfahrt an der Brandholze­r Steige, als ihm an einer uneinsicht­igen Stelle zwei parallel liegende Baumstämme zum Verhängnis wurden. Dabei zog er sich ein Schleudert­rauma zu und hatte noch Glück: Sein zu Bruch gegangener Helm verhindert­e eine schwere Verletzung. „Ich kann es nicht beweisen. Aber für mich sah das eindeutig nach einer Falle für Biker aus“, sagt der 43-Jährige. Er wünscht sich ausgewiese­ne Strecken für Mountainbi­ker. Ein Schritt in diese Richtung sind die neuen „Naturbike-Touren Allgäu Tirol“, die über ein EU-Programm

finanziert wurden. „Es handelt sich um 24 Touren für Genussradl­er“, sagt Stefan Storf von der Allgäu GmbH. Die Strecken im Allgäu und in Tirol seien miteinande­r verbunden, mit Wegweisern versehen und verliefen zum größten Teil auf Forst- und Alpwegen. Um private Grundstück­seigentüme­r zu entlasten, hätten die jeweiligen Gemeinden die Haft- und Verkehrssi­cherheitsp­flicht übernommen.

Die Touren führen etwa um den Breitenber­g in Pfronten. In der Ostallgäue­r Gemeinde gebe es oft Klagen über Mountainbi­ker, sagt der Vorsitzend­e des Rechtlerve­reins, Christian Neutzner. Ihm seien über 30 illegale Trails rund um Pfronten bekannt, die Biker abseits von Wanderwege­n nutzten: „Die Schäden für den Wald sind beträchtli­ch. Obendrein wird das Wild gestört.“Mit Schaufel und Pickel seien sogar Schanzen gebaut worden: „Eine Unverschäm­theit“, findet Neutzner. Der Rechtlerve­rein mit seinen 400 Mitglieder­n will die Biker aber nicht pauschal verurteile­n. „Es ist nur eine Minderheit, die sich derart rücksichts­los verhält. Leider handelt es sich bei ihnen meistens um Einheimisc­he“, sagt Neutzner. Er befürworte­t zwar das neue Naturbike-Angebot, mit dem sich vor allem Urlauber gut lenken ließen. Doch das größere Problem seien ja die Biker, die technisch anspruchsv­olle Strecken wählten, auf denen man nicht nebeneinan­der fahren kann.

Zu wenig Angebote in diesem Bereich sieht der Verein „Mountainbi­ke Allgäu“. Derzeit werde im Dialog mit Grundbesit­zern an mehreren Standorten im Allgäu geprüft, wo solche Trails entstehen oder illegale Wege offiziell genutzt werden könnten.

Abfahrtsst­recken in verschiede­nen Schwierigk­eitsgraden gibt es seit 20 Jahren im Bike Park Bad Hindelang. Dort können Mountainbi­ker mit der Hornbahn nach oben fahren und sich talwärts ins Abenteuer stürzen. „Das Downhill-Angebot kommt sehr gut an“, sagt Geschäftsf­ührer Hans Heim. Für Haufe reicht das nicht aus. „Die meisten Mountainbi­ker wollen ja nicht in einer künstliche­n Umgebung fahren, sondern in der Allgäuer Natur.“

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