Söderholm krank vor WM-Showdown
Nach Siegesserie will das deutsche Eishockey-Team nächsten Meilenstein erreichen
(dpa) - Allen Widerständen zum Trotz ist das Selbstbewusstsein beim deutschen Eishockey-Team wieder riesengroß. Mit kernigen Ansagen geht die Auswahl von Bundestrainer Toni Söderholm am Dienstag in das Vorrundenfinale gegen die Schweiz (11.20 Uhr/Sport1 und MagentaSport), in dem der Gruppensieg und ein deutscher WM-Rekord möglich sind.
Auch Sorgen um den erkrankten Bundestrainer änderten daran am Montag nichts. Der 44 Jahre alte Finne fehlte im Abschlusstraining – „leicht kränklich“, wie der Deutsche Eishockey-Bund mitteilte. „Morgen wird aber alles wieder so sein, wie es vorher war. Davon gehe ich aus, dass Toni sich das nicht nehmen lässt“, sagte Stürmer Marcel Noebels von den Eisbären Berlin nach der Einheit.
Der 30-Jährige ist seit dem Viertelfinal-Sieg bei der WM im vergangenen Jahr in Riga gegen die Eidgenossen so etwas wie eine Schreckensfigur für die Schweizer. Mit einem kunstvollen Penalty schoss Noebels Deutschland 2021 ins Halbfinale. „Es ist, glaube ich, ungefähr ein Tor, von welchem man eigentlich Briefmarken produziert“, hatte Söderholm anschließend geschwärmt.
„Die Schweiz will sicher einiges wiedergutmachen“, unkte Noebels nun. Mit sieben NHL-Spielern und dem besten WM-Kader seit Langem ist die Schweiz bislang eines der stärksten Teams im Turnier. Sie gewann alle sechs Vorrundenpartien, auch gegen den Rekordweltmeister Kanada 6:3. „Das war schon ein Spiel auf einem anderen Level“, sagte Noebels beeindruckt. „Man hat da zwei Mannschaften gesehen, die in diesem Turnier sicher noch ein Wörtchen mitreden, wenn es um die Medaillen geht.“
Längst nicht alle im deutschen Team sind aber so beeindruckt wie Noebels, der beim Olympia-Fiasko im Februar in Peking mit auf dem Eis stand und dies nicht vergessen hat. Vor allem von den Profis aus Nordamerika, die bei den Winterspielen nicht mitspielen durften, kommen markige Töne. „Wir wollen den Titel. Da gucke ich nicht auf andere“, sagte etwa NHL-Verteidiger Moritz Seider von den Detroit Red Wings, zu den Titelchancen der Schweizer befragt.
„Wir müssen uns nicht zu sehr beeindrucken lassen“, forderte Verteidiger Leon Gawanke von Manitoba Moose aus der nordamerikanischen AHL. „Wir sind immer zu 100 Prozent motiviert gegen die. Wenn wir alles reinhauen, werden wir gewinnen.“
Gelingt tatsächlich der sechste Vorrundensieg in Serie, ist der Gruppensieg drin. Dies würde die Chancen für das Viertelfinale am Donnerstag verbessern. Die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes bliebe dann
Andres Ambühl schossen die Tränen in die Augen. Der „perfekte Tag“ließ die Schweizer EishockeyIkone im Interview mit dem SRF emotional werden. Mit seinem
120. Einsatz hatte der 38-Jährige am Samstag in Helsinki den deutschen Rekordnationalspieler Udo Kießling als Nummer eins unter den WM-Teilnehmern abgelöst.
Zur Krönung des Tages beschenkten die Eidgenossen ihn gar mit einem 6:3-Sieg gegen Titelverteidiger Kanada.
Bereits vor dem Gruppenspiel gegen den Rekordweltmeister herrschte Gänsehautatmosphäre in der altehrwürdigen „Helsingin Jäähalli“. Bei der Ehrung auf dem Eis feierten knapp 4000 mitgereiste Schweizer Fans ihren „Büehli“mit Sprechchören, auf dem Videowürfel wurden Highlights zunächst noch in Helsinki und würde den starken Schweden und Olympiasieger und Gastgeber Finnland aus dem Weg gehen.
„Wir sind heiß, wir sind hungrig. Und wir werden alles dafür tun, dass wir hier bleiben“, sagte Seider, der selbst das von den Ottawa Senators
seiner illustren WM-Laufbahn gezeigt.
Bei den 85. Titelkämpfen in Finnland schnürt Ambühl bereits zum 17. Mal bei einer WM seine Schlittschuhe. Der Grund dafür ist laut Routinier Ambühl leicht zu erklären: „Ich habe das Glück, dass meine Beine immer noch einigermaßen laufen“, sagte der bescheidene Stürmer, der 2004 seine erste WM bestritten hatte: „Ich profitiere sicher davon, dass ich zwischen 18 und 25 Jahren viele Sprünge und Kniebeugen mit hohen Gewichten gemacht habe. Nun setze ich den Fokus mehr darauf, dass die Muskeln spritzig bleiben.“Seinem 120. WM-Auftritt ließ der „Häuptling“, wie ihn der Schweizer Headcoach Patrick Fischer bezeichnet, beim 5:2 gegen Frankreich seinen 121. folgen. (SID) erzwungene WM-Aus für ihren TopStürmer Tim Stützle wegen einer leichten Knieblessur nicht nur negativ sieht: „Wir müssen enger zusammenrücken. Vielleicht können wir daraus noch mehr Energie ziehen.“
Zudem war die Schweiz in den vergangenen Jahren stets favorisiert, wenn es gegen Deutschland ging. Vor allem bei großen Turnieren triumphierten aber meist die Deutschen. So auch im WM-Viertelfinale 2021. „Letztes Jahr hat auch jeder gedacht, die fegen uns aus der Halle. Das haben wir aber auch gewonnen“, bemerkte Gawanke. Selbst bei einem Unentschieden nach regulärer Spielzeit wäre die beste deutsche WM-Vorrunde überhaupt perfekt. Daran mag der Bundestrainer aber gar nicht denken. „Wir sollten uns jetzt einfach auf das Wesentliche konzentrieren. Die Tabelle entwickelt sich von alleine“, sagte Söderholm nach dem 5:4 gegen Kasachstan am Sonntag.
Wichtiger als mögliche Rekorde ist Söderholm und seinen Spielern, dass der Lauf nicht unterbrochen wird. „Gerade mit Hinblick auf das Viertelfinale ist es wichtig, morgen schon ein gutes Spiel zu machen“, sagte Noebels. Sein Stürmerkollege Alexander Karachun meinte: „Wir wollen unser Momentum jetzt nicht verlieren und den Schwung mitnehmen ins Viertelfinale.“