Morgen ist auch noch ein Tag
Je moderner die Zeiten werden, umso exotischer die Begriffe, die plötzlich auftauchen, um ein eigentlich uraltes Phänomen zu beschreiben. Heute aus dem Schatzkistchen der Sprachwissenschaftler: Prokrastination. Nein, dabei handelt es sich nicht um einen Kleinstaat an der Grenze zu Absurdistan. Sondern um den Drang, alles möglichst lange hinaus- und also aufzuschieben. Von dieser Gewohnheit leitete sich einst der klassische Kommentar „Morgen ist auch noch ein Tag“ab, der folgendem Sinnspruch diametral entgegen steht: „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!“
Der Prokrastinator respektive die Prokrastinatorin hängen also vermehrt der Vorstellung an, dass sich Probleme, wenn man sie nur lange genug aussitzt, ohne auch nur das Geringste zu tun, ganz von alleine lösen. Und irgendwie haben sie damit ja nicht ganz unrecht. In der jüngeren Geschichte sei Angela Merkel als ehemalige Bundeskanzlerin zu dieser Spezies zu zählen, sagen boshafte Politologen, wodurch sich als Synonym fürs Prokrastinieren auch das „Merkeln“durchgesetzt habe.
Wir widersprechen dieser unhöflichen Attacke mit energischer Entschiedenheit und weisen darauf hin, dass nach alter Sitte besonders der, der nichts oder nur sehr wenig tut, auch wenig oder fast nichts falsch machen kann. Wir könnten an dieser Stelle nun ausführlichst ausführen, wie wir das ganz genau meinen. Allerdings ziehen wir es vor, das, was wir heute zwar besorgen könnten, doch lieber auf morgen zu verschieben. Denn morgen, da ist ja auch noch ein Tag. (nyf )