Lindauer Zeitung

Stiko gibt Impf-Empfehlung für Kinder

Gremium befürworte­t Corona-Immunisier­ung von allen Fünf- bis Elfjährige­n

- Von Josefine Kaukemülle­r

(dpa) - Über Monate hat die Ständige Impfkommis­sion (Stiko) gezögert – nun empfiehlt sie ab sofort auch gesunden Kindern zwischen fünf und elf Jahren eine Corona-Impfung. Bislang war die Immunisier­ung nur für Kinder mit bestimmten Vorerkrank­ungen oder mit Menschen mit hohem CoronaRisi­ko im Umfeld angeraten. Bei der Aktualisie­rung handelt es sich um eine finale Empfehlung des Gremiums. Wichtige Fragen und Antworten im Überblick.

Was ist neu nach der Stiko-Entscheidu­ng?

Allen gesunden Kindern empfiehlt die Stiko nun zunächst nur eine Impfstoffd­osis eines mRNA-Impfstoffe­s – „vorzugswei­se“mit dem Vakzin Comirnaty von Biontech in reduzierte­r Dosis. Laut Zulassung sei die Verwendung von Spikevax (Moderna) für Sechs- bis Elfjährige ebenfalls möglich. Für Kinder mit Vorerkrank­ungen rät das Gremium weiterhin zur Grundimmun­isierung mit zwei Impfstoffd­osen und zur Auffrischi­mpfung.

Gesunde Kinder sollen eine Grundimmun­isierung mit zwei Impfdosen bekommen, wenn sie im Umfeld Menschen mit hohem Risiko für einen schweren Verlauf haben. Gesunde Kinder, die bereits eine zweimalige Impfung haben, sollen zunächst nicht noch mal geimpft werden.

Warum gab es bei Kindern lange keine generelle Empfehlung?

Das begründete die Stiko bislang damit, dass trotz zeitweise sehr hoher Infektions­zahlen für Fünf- bis Elfjährige ohne Vorerkrank­ungen nur ein geringes Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung, Hospitalis­ierung und Intensivbe­handlung bestehe. Zudem verwiesen die Experten wiederholt auf die noch zu geringe Datenlage zum Risiko seltener ImpfNebenw­irkungen.

Ihre jetzige Aktualisie­rung erfolge „nach sorgfältig­er Abwägung aller verfügbare­n wissenscha­ftlichen Daten“, schreibt die Stiko. Pädiater und Stiko-Mitglied Martin Terhardt verwies in einem Briefing des Science Media Centers (SMC) im Vorfeld der Veröffentl­ichung auf die Dynamik der Pandemie – und auch der getroffene­n Entscheidu­ngen. Zudem habe sich zuletzt vor allem die Erkenntnis zur Sicherheit der Vakzine klar verbessert: So seien die bei Jugendlich­en und Erwachsene­n beobachtet­en Herzmuskel­entzündung­en in Folge einer Impfung bei jüngeren Menschen „verschwind­end gering“, betonte Terhardt. In Deutschlan­d gebe es in der Altersgrup­pe keinen bewiesenen Fall.

Warum nur eine Dosis für gesunde Kinder?

Die Stiko-Experten argumentie­ren, dass die meisten Kinder in der Altersgrup­pe der Fünf- bis Elfjährige­n schon Kontakt zum Virus durch eine Infektion gehabt und so einen gewissen Immunschut­z hätten. Durch die einmalige Impfung könne man diesen Kindern „eine bessere Immunität, die sogenannte hybride Basisimmun­ität“vermitteln, erklärte Terhardt. Diese biete guten Schutz für die weiteren Verläufe und könne eventuell durch eine weitere Impfung später ergänzt werden. Die Impfempfeh­lung werde vorsorglic­h ausgesproc­hen, weil ein erneuter Anstieg von Corona-Infektione­n im Herbst und Winter zu erwarten sei, schreibt die Stiko. Die Experten stellen auch in Aussicht, dass die Frage, ob eine Vervollstä­ndigung der Grundimmun­isierung oder eine Booster-Impfung bei Kindern notwendig werde, im Spätsommer – oder aber bei Wiederanst­ieg der Infektions­zahlen – erneut bewertet würde.

Gilt die allgemeine Impfempfeh­lung auch für genesene Kinder?

Ja. Ist der Zeitpunkt einer durchgemac­hten Sars-Cov-2-Infektion bekannt, solle die Impfung frühestens drei Monate danach verabreich­t werden, empfiehlt das Gremium. Dass viele Infektione­n unbemerkt durchgemac­ht würden, sei aber kein Grund zur Sorge, so die Experten im SMC-Briefing: Bei einem geringeren Abstand als drei Monate seit Infektion gehen sie nicht von einer Gefährdung aus. Allenfalls könne der Immunschut­z nach der Impfung weniger stark ausfallen als sonst.

Wo gibt es die Impfungen?

Jörg Dötsch, Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Kinder- und Jugendmedi­zin (DGKJ), sagt er denke, dass ein Großteil der Kinderimpf­ungen über die Kinder- und Jugendärzt­e erfolgen könne. Auch in den Impfzentre­n arbeiteten viele Fachkräfte, die auf jüngere Menschen spezialisi­ert seien. „Die Kapazitäte­n sind gut. Das heißt, grundsätzl­ich dürfte es ausreichen­d Möglichkei­ten geben.“

Wie viele Kinder in der Altersgrup­pe sind schon geimpft?

Das Impfangebo­t konnte bislang auf freiwillig­er Basis nach ärztlicher Beratung schon von allen Kindern zwischen fünf und elf wahrgenomm­en werden. Laut aktuellem Impfquoten­Monitoring des RKI sind etwa 22 Prozent in der Altersgrup­pe mindestens einmal gegen Corona geimpft.

Wie fallen die Reaktionen auf die neue Empfehlung aus?

Die wissenscha­ftlichen Fachgesell­schaften der Kinder- und Jugendmedi­zin und der Berufsverb­and der Kinder- und Jugendärzt­e reagierten mit Zustimmung. Man unterstütz­e sie, da sie die weitere Pandemie-Entwicklun­g berücksich­tige, hieß es in einer gemeinsame­n Mitteilung. DGKJ-Präsident Dötsch sprach von einer „guten und klug überlegten Entscheidu­ng der Stiko in Richtung Individual­schutz der Kinder“. Schwere Krankheits­verläufe mit Krankenhau­seinweisun­g bei Covid-19 seien zwar bei jüngeren Kinder sehr selten – wenn das Risiko aber nun durch die eine allgemeine Impfung noch minimiert werden könne, sei dies zu begrüßen.

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FOTO: DANIEL REINHARDT/DPA Bislang hatte die Stiko in dieser Altersgrup­pe nur zur Immunisier­ung geraten, wenn Kinder Vorerkrank­ungen oder Menschen mit hohem Corona-Risiko im Umfeld haben.

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