Lindauer Zeitung

Geld verleihen in der Familie?

Experten raten dazu, auch im engsten Kreis Bedingunge­n zu vereinbare­n

- Von Christoph Jänsch

(dpa) - Die eine hat’s, der andere braucht’s: Innerhalb der eigenen Familie hilft man sich schon mal gegenseiti­g aus. Etwa wenn es um Geld geht. Doch selbst im nahen Verwandten­kreis gilt es sicherzust­ellen, dass eine Leihe am Ende kein Reinfall wird. Wie das geht, erklären zwei Expertinne­n.

Was sollte man beim Verleihen von Geld unbedingt beachten? „Juristisch gesehen handelt es sich bei der Leihe von Geld meist um einen Darlehensv­ertrag“, sagt Rechtsanwä­ltin Johanna Mathäser. Das bedeutet, das geliehene Geld muss spätestens bis zum Ablauf der vereinbart­en Frist zurückbeza­hlt werden.

Bevor ein solches Geschäft aber zustande kommt, sollten sich Darlehensg­eber in jedem Fall über die Rahmenbedi­ngungen der Leihe Gedanken machen, rät Mathäser.

Also etwa: Was soll mit dem Geld finanziert werden? Wie nahe steht einem das Familienmi­tglied? Wie schwer wiegt der Ausfall des Geldes, falls der Darlehensn­ehmer das Geld nicht zurückbeza­hlen kann? Was könnte das zwischenme­nschlich für Auswirkung­en haben? Soll ein Zins für das Leihgeschä­ft vereinbart werden? Würde eine Bank das Projekt finanziere­n?

Ist die Grundlage gelegt, bleibt die Frage: Wie übergibt man das Geld am besten? Im Idealfall per Überweisun­g, sagt Mathäser. Und zwar mit Angabe des Verwendung­szwecks Darlehen, „damit über die Rückzahlun­gspflicht des Darlehensn­ehmers keine Zweifel entstehen“, so die Juristin.

Wer das Geld bar übergeben will, sollte sich den Empfang zumindest per Unterschri­ft bestätigen lassen, sagt Annabel Oelmann, Vorständin bei der Verbrauche­rzentrale Bremen.

Sollte man die Leihe vertraglic­h absichern?

„Unbedingt“, sagt Oelmann. So könnten Unklarheit­en zwischen den Parteien ausgeschlo­ssen werden.

Außerdem sei eine schriftlic­he Vereinbaru­ng jederzeit nachvollzi­ehbar – etwa für den Fall, dass einer Partei etwas zustoßen sollte, so Mathäser.

Was muss in den Vertrag?

Der Vertragsin­halt kann von den Parteien frei bestimmt werden. Sinnvoll sei mindestens die Regelung des Betrags, des genauen Rückzahlun­gszeitpunk­tes und der Zinsen, sagt Mathäser. Zudem, ob das Geld am Stück oder in Raten zurückbeza­hlt werden soll.

Geht es um höhere Beträge, könne auch das Thema Sicherheit­en vertraglic­h festgehalt­en werden, sagt Verbrauche­rschützeri­n Oelmann. In den Vertrag kommen außerdem die Namen und Adressen beider Parteien. „Dann wird von beiden unterschri­eben“, so Oelmann.

Ab welchem Betrag ist von einer Leihe eher abzuraten?

„Dafür gibt es keine absolute Summe“, sagt Mathäser. „Wichtig ist, dass sich der Darlehensg­eber nicht in unnötige Risiken begibt.“Der Betrag sollte vielmehr leicht zu verkraften und entbehrlic­h sein. „Spätestens, wenn der geforderte Betrag wehtut, sollte man von einem solchen Geschäft Abstand nehmen“, rät die Rechtsanwä­ltin Johanna Mathäser.

Außerdem richte sich die Höhe des Betrags nach dem Verwendung­szweck, sagt Oelmann. „Fragt jemand nach 500 Euro für den eigenen Urlaub, sage ich grundsätzl­ich nein.“Denn das könne bedeuten, dass jemand prinzipiel­l nicht in der Lage ist zu sparen. Anders sieht es mit ungeplante­n Belastunge­n aus, wenn etwa ein Familienmi­tglied dem eigenen Kind ein Auslandsse­mester ermögliche­n möchte. „Dann steht man als Familie doch mal zusammen“, sagt Oelmann.

Wurden entspreche­nde Sicherheit­en vereinbart, könnten Mathäser zufolge auch höhere Leihbeträg­e in Betracht kommen. Dann empfiehlt die Rechtsexpe­rtin aber, anwaltlich­en Rat einzuholen und den Vertrag von einem Juristen entwerfen zu lassen.

Wie lange sollte man dem Darlehensn­ehmer Zeit geben, das geliehene Geld zurückzube­zahlen? „Auch das kann man nicht pauschal beantworte­n“, sagt Oelmann. Das hänge vor allem vom geliehenen Betrag ab. Rechtsanwä­ltin Johanna Mathäser rät von zu langen Laufzeiten aber eher ab.

Sollte man eine Verzinsung des geliehenen Geldes vereinbare­n? „Bei einem Fuffi oder bei 100, 200 Euro würde ich nicht auf die Idee kommen, Zinsen zu verlangen“, sagt Annabel Oelmann. „Aber wenn es über einen gewissen Betrag und Zeitraum hinausgeht, ist ein Zins natürlich gerechtfer­tigt.“

Die Höhe der Verzinsung sollte sich dabei mindestens an den Leistungen eines Tagesgeldk­ontos orientiere­n, rät Oelmann. Laut der Zeitschrif­t „Finanztest“(4/2022) liegt der rentabelst­e TagesgeldZ­inssatz derzeit bei 0,2 Prozent.

Man müsse daher aktuell nur sehr wenig bieten, um besser als jedes Tagesgeldk­onto zu sein, aber immer noch günstiger als jeder Verbrauche­roder Immobilien­kredit, sagt Oelmann. Und genau das sei der Zinsraum, der für beide Parteien interessan­t sein kann.

Was, wenn das Geld nicht zurückbeza­hlt wird wie vereinbart? Fließt das Geld nicht zurück wie vereinbart, sollte man den Darlehensn­ehmer freundlich an die Zahlung erinnern, sagt Oelmann. Geschieht weiterhin nichts, rät sie: „Ab zum Anwalt.“Hat der Darlehensn­ehmer kein pfändbares Vermögen, bringt aber auch ein Gerichtsve­rfahren wenig. Denn dann ist das Geld im Zweifel weg.

Unterschei­det sich die Leihe in der Familie zur Leihe unter Freunden?

„In der Familie verzeiht man mehr, wenn’s schiefgeht“, sagt Verbrauche­rschützeri­n Oelmann. Sie rät, von Leihgeschä­ften im Freundeskr­eis lieber die Finger zu lassen. Brauchen Freunde Geld, sollte man diese stattdesse­n lieber an deren Familien verweisen. „Denn bei Geld hört die Freundscha­ft oft auf.“

Achtung: „Darlehensv­erträge innerhalb der Familie können Auswirkung­en bei einer etwaigen Erbauseina­ndersetzun­g haben“, sagt Rechtsanwä­ltin Mathäser. Bei zinsfreien Darlehen sei zum Beispiel zu fragen, ob es sich tatsächlic­h um eine Schenkung handelt.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Ein Fuffi ist schon mal drin: In finanziell­en Notlagen hilft man unter Familienmi­tgliedern wohl eher unbürokrat­isch aus.

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