Krisensitzung im Zecher Bürgerforum
Mittlerweile sind mehr als 400 Unterschriften zusammengekommen – was die Zecher noch vorhaben
- Um den Lindauer Stadtbus pünktlicher zu machen, wird unter anderem eine Haltestelle in Zech probeweise gestrichen. Für viele Zecherinnen und Zecher ist das unvorstellbar – sie fühlen sich ignoriert und haben beschlossen, für ihren Bushalt zu kämpfen.
Die Zecherinnen und Zechern sind enttäuscht und verärgert. Sie finden: Es kann nicht sein, dass ihnen eine ihrer wichtigsten Haltestelle, die in der Grenzsiedlung, einfach gestrichen wird. Denn für Schulkinder, Arbeiter, Hotelgäste oder Zecher, die zum Einkaufen müssen, sei die Haltestelle sehr wichtig, sagen sie. Will der Kindergarten einen Ausflug zum See machen, startet auch er an besagtem Busstopp. Und: „Vor allem ältere Menschen, die auf den Bus angewiesen sind, werden ausgeschlossen“, findet Beate Nöser. Sie ist eine von 36 Zecherinnen und Zecher, die sich am Montagabend zum Bürgerforum im Treffpunkt Zech getroffen haben, um sich zu formieren.
„Wir müssen Gas geben. Einfach so hinnehmen, wollen wir das nicht“, machte der Sprecher des Bürgerforums, Roland Manz, klar. Neben dem Halt an der Versöhnerkirche sei die Haltestelle Grenzsiedlung schließlich die wichtigste in Zech. „Jahrelang haben wir für diese Haltestelle gekämpft“, sagte die Zecherin Daniele Kraft.
Die Zecher ärgern sich vor allem darüber, dass die Eingriffe in das Stadtbusnetz schon vorab im Bauausschuss nicht-öffentlich besprochen worden waren. Sie hätten gerne früher Wind davon bekommen. „In dem Fall ist die Bürgerbeteiligung nicht passiert“, sagte Roland Manz, Sprecher des Bürgerforums. „Wieso wird so etwas nicht vorher mit uns besprochen?“, fragte er in die Runde. „Wir müssen dann immer hinterherlaufen.“
Der Ausschuss hatte dem Paket schon mehrheitlich zugestimmt, bevor das Thema öffentlich im Stadtrat besprochen wurde. Dafür hatte sich auch der Zecher Stadtrat Max Strauß (BL) eingesetzt, der am Montagabend am Bürgerforum teilnahm. „Ich habe mich für Zech starkgemacht.“
Das Maßnahmenpaket, das der Stadtrat Anfang Mai beschloss, hat unter anderem zur Folge, dass, obwohl klar ist, dass in Zech selbst keine Verspätungen entstehen, die Buslinie 5 verkürzt und die Haltestelle Grenzsiedlung ersatzlos gestrichen wird. Wendepunkt ist dann der Halt in der Leiblachstraße. Betroffen sind auch die Linien 4, 1 und 2. Dort werden in einer Richtung Schleifen und somit Haltestellen gestrichen. In Zech fällt die Endhaltestelle ganz weg.
Für viele Zecher ist der Halt in der Leiblachstraße aber keine Alternative. „Dort auszusteigen, ist mit dem Rollator fast nicht möglich, weil der Gehweg viel zu eng ist. Da kommt man nicht rum“, sagte Lore Geiger, die den Stadtbus mit ihrer Gehhilfe benutzt. Das Ziel der Bürgerinnen und Bürger ist es jetzt, sich Gehör zu verschaffen. Sie wollen auf sich aufmerksam machen. Damit begonnen haben sie schon vergangene Woche, als Mitarbeiter des Treffpunkt Zechs lebensgroße Puppen an die Haltestelle Grenzsiedlung gesetzt und sie mit einem Plakat ausgestattet haben, auf dem „Wo bleibt bloß der Stadtbus? Hat er uns vielleicht vergessen?“zu lesen war.
„Diese Aktion soll eine von vielen sein“, sagte Gabriele Zobel, Leiterin vom Mehrgenerationenhaus. So haben die Zecher an unterschiedlichsten Stellen Unterschriftenlisten ausgelegt, die mittlerweile mehr als 410 Leute unterzeichnet haben. Am Campingplatz und in einer Arztpraxis liegen noch Listen aus, die Roland Manz am 31. Mai einsammelt. Bis dahin, so hofft er, sollten mindestens 500 Unterschriften zusammengekommen sein.
In der Zwischenzeit will Manz gemeinsam mit Anton Ziegler, dem Behindertenbeauftragten des Landkreises Lindau, ein Schreiben verfassen, das sie dann zusammen mit den Listen an die Oberbürgermeisterin Claudia Alfons und René Pietsch, Betriebsleiter des Stadtbusses, übergeben. „Das soll auch ein symbolischer Akt sein“, sagte Manz.
Dass sich im Fahrplannetz des Stadtbusses etwas ändern muss, dieser Meinung sind einige Zecher zwar auch: „Wenn ich eine Zugreise plane und mit dem Bus zum Bahnhof muss, kann ich mich nicht auf ihn verlassen und nehme immer schon einen Bus früher“, sagte der Zecher Wolfgang Wenger am Montagabend. Aber dann wäre es doch sinnvoller, die Haltestelle Leiblachstraße oder Kunert zu streichen, findet Manz. „Weil von dort sind es wirklich nur 50 Meter.“Hält der Bus aber nicht mehr an der Grenzsiedlung, müssten die Leute längere Wege auf sich nehmen.
Dass der Stadtbus in Lindau unpünktlich ist, ist kein neues Problem. Langfristig will die Stadt ein komplett neues Stadtbuskonzept entwickeln. Zu Verspätungen kommt es oft wegen Baustellen und viel Verkehr. Deshalb müssten Busse teilweise einen Takt ausfallen lassen, um in der nächsten Runde wieder pünktlich zu sein, sagt Manuela Schlichtling-Pfersich, Pressesprecherin bei den Lindauer Stadtwerken.
Gerade die Baustelle am Reutiner Bahnhof mache dem Stadtbus aktuell zu schaffen. Dort kommen drei Linien
zusammen. „Dann wird es für unsere Busfahrer sehr knackig“, sagt Schlichtling-Pfersich. „Wir müssen anhalten, darüber fliegen geht nun mal nicht.“Erst am Montag herrschte totales Chaos, wie die Stadtwerke auch auf ihrer Facebookseite mitteilten.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerforums haben am Montagabend auch überlegt, was sie noch tun können, um sich Gehör zu verschaffen. Auf einem Plakat sammelten sie erste Ideen: „Eine Kreidemalaktion, weitere Transparente gestalten, ein Video erstellen oder beim Ein- und Ausstieg Buskunden zählen“, war auf bunten Post-its zu lesen. Was genau sie davon umsetzen, das wollen sie erst noch überlegen. In einem sind sie sich aber einig: Ruhe geben werden sie nicht.