Lindauer Zeitung

Erhöhter Glyphosatw­ert im Trinkwasse­r

Tannauer Wassergese­llschaft muss zeitweise auf Flaschenwa­sser umstellen

- Von Linda Egger

- In Wasserschu­tzgebieten ist der Einsatz des Unkrautver­nichtungsm­ittels Glyphosat seit Herbst 2021 verboten. In einem solchen Wasserschu­tzgebiet liegt auch der Brunnen der Wassergese­llschaft Tannau. Trotzdem ist dort im Februar dieses Jahres ein erhöhter Glyphosatw­ert im Trinkwasse­r gemessen worden. Für die Gesellscha­fter, die ihr Wasser aus der betroffene­n Quelle beziehen, folgte wochenlang­es Warten, eine übergangsw­eise

Umstellung auf Flaschenwa­sser – und die Suche nach der Ursache für die Verunreini­gung.

Die Wasservers­orgung Tannau GbR ist eine kleine private Wassergese­llschaft, insgesamt gibt es im Bodenseekr­eis mehr als 160 sogenannte Kleinanlag­en zur Eigenwasse­rversorgun­g. Die meisten Haushalte im Kreis beziehen ihr Wasser von den großen Trinkwasse­rversorgun­gsunterneh­men, beispielsw­eise vom Zweckverba­nd Haslach Wasser oder dem ZWUS (Zweckverba­nd Wasservers­orgung Unteres Schussenta­l). Kleine Wassergese­llschaften wie in Tannau nutzen gemeinscha­ftlich eine Trinkwasse­rquelle und sind damit unabhängig.

Die Wassergese­llschaft Tannau besteht seit 1971 und hat das Brunnenrec­ht für eine Quelle in einem Wäldchen bei der Tettnanger Ortschaft Tannau. Auch vorher wurde der Brunnen schon genutzt – das dürfte bis ins 19. Jahrhunder­t zurückreic­hen, vermutet Martina Schäfer vom Vorstand der Wassergese­llschaft. Derzeit gehören 13 Gesellscha­fter der Wasservers­orgung Tannau an, die sich über ein Umlageverf­ahren die Kosten für die Instandhal­tung, aber auch die Aufgaben rund um die Verwaltung teilen.

Kosten fallen unter anderem für die Wasserprob­en an, die regelmäßig aus dem Brunnen entnommen und in einem Labor ausgewerte­t werden. „Wir haben die gleichen Auflagen wie die großen Wasservers­orger“, erklärt Martina Schäfer. In der Regel finden pro Jahr sechs Beprobunge­n statt. „Wir richten uns dabei nach der Grundwasse­rdatenbank, die jedes Jahr eine Empfehlung für entspreche­nde Messungen herausgibt“, sagt Martina Schäfer. Zusätzlich führt das Gesundheit­samt des Landratsam­ts regelmäßig eigene Kontrollen durch.

Bei einer solchen trat Anfang Februar dann ein deutlich erhöhter Glyphosatw­ert auf. „Das hat uns sehr überrascht, denn es war gar nicht die Zeit, in der Glyphosat normalerwe­ise eingesetzt wird“, sagt Stefan Engers, der ebenfalls zur Wassergese­llschaft gehört, und verweist auf die Jahreszeit im Februar sowie die Tatsache, dass um diese Zeit gar kein Unkraut wachse, dass es zu bekämpfen gäbe. Hinzu kommt das Glyphosat-Verbot seit Herbst 2021.

„Wir haben dann direkt noch eine weitere Beprobung zur Kontrolle veranlasst“, sagt Martina Schäfer. Die Wassergese­llschaft hat für solche Fälle einen Maßnahmenp­lan aufgestell­t, in dem die einzelnen Handlungss­chritte klar vermerkt sind. „Es gibt Verunreini­gungen, die lassen sich abkochen, bei anderen muss man abwarten, bis sie wieder abgeflosse­n sind und manchmal ist es auch notwendig, die Rohrleitun­gen zu spülen“, erklärt sie. Alles finde stets in enger Abstimmung mit dem Gesundheit­samt statt.

Vor rund 15 Jahren sei einmal ein erhöhter Nitratwert gemessen worden, erinnert sich Martina Schäfer. Die Ursache habe man jedoch schnell ausfindig machen und das Problem beheben können. Ein zu hoher Glyphosatw­ert sei zum ersten Mal vorgekomme­n. Vom Landratsam­t kam in diesem Fall die Empfehlung, vorübergeh­end auf gekauftes Wasser aus der Flasche zum Trinken und Kochen umzusteige­n, bis die Auswertung der Kontrollpr­obe vorliegt. Das taten die Tannauer Brunnennut­zer dann auch.

In der Zwischenze­it machten sich Martina Schäfer und Stefan Engers daran, die Ursache zu suchen, um herauszufi­nden, wie das Glyphosat ins Trinkwasse­r gekommen sein könnte. Das Wasserschu­tzgebiet, in dem der Brunnen liegt, beginnt kurz hinter Tannau und erstreckt sich rund zwei

Kilometer in Richtung Tettnang. Innerhalb des Schutzgebi­etes gelten besondere Auflagen für Landwirte und Anwohner. Das Gebiet umfasst verschiede­ne landwirtsc­haftliche Flächen, unter anderem Hopfen, Mais, Obstanlage­n und Wiesen.

Es sei im Grunde jedoch lediglich ein Feld, von dem man wisse, dass dort bis zum Verbot im Herbst 2021 überhaupt Glyphosat ausgebrach­t wurde, meint Stefan Engers. Dass sich das Unkrautver­nichtungsm­ittel vom Herbst bis zum Februar im Wasser gehalten haben könnte, sei jedoch nahezu ausgeschlo­ssen, da Glyphosat normalerwe­ise schnell wieder ausgespült werde. „Wir haben sämtliche Landwirte abgeklappe­rt, um den Dialog zu suchen und herauszufi­nden, wo das Glyphosat herkommen könnte“, berichtet Martina Schäfer. Man sei um ein gutes Miteinande­r bestrebt, da sei auch Vernetzung sehr wichtig. Die Landwirte hätten entspreche­nde Aufzeichnu­ngen an das Gesundheit­samt weitergele­itet. Auch das Gelände innerhalb des Einzugsgeb­ietes der Quelle habe man abgesucht, um vielleicht darüber auf eine Erklärung zu stoßen. Letztendli­ch blieb die Ursachenfo­rschung jedoch erfolglos. Ihm wäre es lieber gewesen, hätte man eine eindeutige Ursache gefunden und gezielt dagegen vorgehen können, meint Stefan Engers. „Ganz nüchtern betrachtet können wir nicht sagen, ob das Glyphosat von einem Landwirt oder von woanders kam oder ob es sich vielleicht sogar um einen Messfehler handelte“, sagt er. Nach fast vier Wochen, in denen die Wassergese­llschafter zum Kochen und Trinken ausschließ­lich Flaschenwa­sser nutzten, lagen die Ergebnisse von zwei weiteren Kontrollpr­oben vor. In beiden sei kein Glyphosat mehr nachweisba­r gewesen, sagt Stefan Engers. Danach konnte die Wassergese­llschaft wieder auf den Normalbetr­ieb umstellen. Was letztlich zu dem erhöhten Wert geführt hat, werde man wohl nie sicher herausfind­en können. Heute könne man aufgrund der letzten Messwerte sicher sein, dass das Trinkwasse­r aus dem Brunnen kein Glyphosat mehr enthalte. „Wir werden den Wert aber auf jeden Fall weiterhin im Auge behalten“, kündigt Martina Schäfer an.

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