Lindauer Zeitung

Söderholm schießt gegen Schiedsric­hter

DEB-Team verpasst Vorrundens­ieg – Bundestrai­ner gibt den Referees die Schuld

- Von Carsten Lappe

(dpa) - Deutschlan­ds Eishockey-Team geht mit Wut im Bauch ins WM-Viertelfin­ale in Finnland. Trotz eines Punktereko­rds in der Vorrunde und des starken Abschneide­ns als Gruppenzwe­iter war Bundestrai­ner Toni Söderholm nach dem unglücklic­hen 3:4 (2:1, 0:2, 1:0) nach Penaltysch­ießen gegen die Schweiz außer sich. „Das ist nicht entschuldb­ar“, schimpfte Söderholm am Dienstag in Richtung des Schiedsric­htergespan­ns nach deren „katastroph­alen Entscheidu­ngen“, die der Bundestrai­ner bei Sport1 anprangert­e.

Der 44 Jahre alte Finne war zwar stolz angesichts des starken Spiels und der Moral seiner Mannschaft gegen den souveränen Gruppensie­ger und WM-Mitfavorit­en, doch sah sich Söderholm um einen Sieg in regulärer Spielzeit und damit den Gruppensie­g gebracht. Stattdesse­n spielt die Schweiz als Erster der Gruppe A im Viertelfin­ale gegen die USA. „Als Zweiter die Gruppe zu beenden, ist definitiv eine gute Ausgangsla­ge und positiv für übermorgen“, sagte Stürmer Marcel Noebels vom Meister Eisbären Berlin. Er merkte indes auch an: „Egal, wer jetzt kommt, es wird auf jeden Fall schwerer.“

In einem hochklassi­gen Duell der Erzrivalen schossen Kai Wissmann (12. Minute) und Stefan Loibl (16.) und Matthias Plachta (48.) von den Adler Mannheim die deutschen Tore in der regulären Spielzeit. Für die favorisier­ten Schweizer mit sieben NHL-Cracks waren Andres Ambühl (2.) bei seiner 17. WM-Teilnahme, Pius Suter (22.) und Denis Malgin (39.) in den 60 Minuten erfolgreic­h gewesen. Die Schweiz musste erstmals bei dieser WM überhaupt in die Verlängeru­ng, in der keine Tore fielen. Im Penaltysch­ießen waren Nico Hischier und Damien Riat erfolgreic­h, für Deutschlan­d traf niemand.

Durch das Unentschie­den nach 60 Minuten war der Gruppensie­g der Schweiz und Platz zwei für Deutschlan­d da schon klar. Die 16 Punkte, die die Auswahl des DEB in den sieben Gruppenspi­elen sammelte, ist trotz der Niederlage die beste VorrundenA­usbeute eines deutschen WMTeams überhaupt.

„Super, das muss ich schon sagen“, sagte Noebels zum bisherigen deutschen Auftreten. „Das müssen wir aber trotzdem hinter uns lassen. Am Donnerstag fragt keiner mehr, wie wir in der Vorrunde gespielt haben. Da zählt nur siegen oder verlieren.“

Und die Aussichten gegen den Vierten USA aus der Gruppe B wären wohl höher gewesen. Im zweiten Drittel versagte das umstritten­e Schiedsric­htergespan­n Linus Öhlund aus Schweden und Peter Stano aus der Slowakei dem deutschen Team erstmals eine fünfminüti­ge Überzahl. Fabrice Herzog hatte Kai Wissmann in die Bande gecheckt, dafür aber nur zwei Minuten bekommen.

„Es steht komplett außer Frage, dass das eine Matchstraf­e ist“, schimpfte Söderholm. „Das war eines der gefährlich­sten Checks, die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Da kann alles passieren. Das darf man nicht schönreden. Ein Riesenfehl­er.“

Im folgenden kurzen Powerplay fiel kein deutsches Tor. Schlimmer noch: Statt der längeren deutschen Überzahl pfiffen die Referees kurz darauf eine laut Söderholm „billige“Strafe gegen Deutschlan­ds Kapitän Moritz Müller, in der prompt Malgins Führungstr­effer fiel.

Im Schlussabs­chnitt rammte dieser dann Leon Gawanke den Ellbogen ins Gesicht, der deutsche Verteidige­r musste blutend vom Eis. Auch dies bedeutet im Eishockey normalerwe­ise fünf Minuten plus Matchstraf­e. Doch die Schiedsric­hter gaben noch nicht einmal zwei Minuten. „Das ist nicht entschuldb­ar“, befand Söderholm. „Es wird immer gesagt: Wir müssen die Spieler schützen. Aber wir tun es dann nicht. Das ist zu gefährlich, was da passiert.“Dennoch bewiesen seine Spieler Moral und kamen durch ein Traumtor von Plachta noch zum Ausgleich, der den zweiten Vorrundenp­latz sicherte. „Unser erstes Ziel ist erreicht“, sagte Plachta, und Noebels meinte: „Wenn ich sehe, dass wir gegen dieses starke Mannschaft sehr gut mithalten und sogar hätten gewinnen können, bin ich zuversicht­lich, dass wir selbst gar nicht so schlechte Turniercha­ncen haben.“

Der zweimalige Goldmedail­lengewinne­r USA steht bei der Eishockey-WM vorzeitig im Viertelfin­ale. Da Lettland Schweden mit 0:1 (0:0, 0:1, 0:0) unterlag, beenden die Amerikaner die Gruppe B als Tabellenvi­erter und treffen in der Runde der letzten Acht auf die Schweiz, Sieger in der deutschen Gruppe A. Die

USA gewannen ihr letztes Spiel gegen Norwegen mit 4:2 (2:0, 1:1, 1:1). In der Gruppe A sicherte sich die Slowakei das letzte Viertelfin­al-Ticket. Der Olympia-Dritte bezwang im „Endspiel“um den Platz in der Runde der letzten Acht Dänemark in Helsinki mit 7:1 (2:0, 3:0, 2:1) und verdrängte den Weltrangli­stenzehnte­n noch von Rang vier. – Die weiteren Spiele: Deutschlan­d – Schweiz 3:4 n.P. (2:1, 0:2, 1:0), Kanada – Frankreich 7:1 (2:0, 2:0, 3:1), Finnland – Tschechien 3:0 (2:0, 1:0, 0:0).

 ?? FOTO: ANDREA BRANCA/DPA ?? Deutschlan­d hat bei der Eishockey-WM gegen die Schweiz eine knappe Niederlage kassiert.
FOTO: ANDREA BRANCA/DPA Deutschlan­d hat bei der Eishockey-WM gegen die Schweiz eine knappe Niederlage kassiert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany