Lindauer Zeitung

Zeitlebens dem Familiener­be verpflicht­et

Die Förderung junger Menschen lag Silvius Dornier besonders am Herzen

- Von Hildegard Nagler

– Silvius Dornier ist tot. Der dritte Sohn von Flugzeugpi­onier Claude Dornier ist am Sonntag im Alter von 95 Jahren im Kreis seiner Familie in München gestorben. Zeitlebens war der bescheiden­e Mann, der zuletzt zurückgezo­gen lebte, seiner Geburtssta­dt Friedrichs­hafen und der Region verbunden – so geht auf ihn das Dornier-Museum zurück.

„Ich wünsche mir für Friedrichs­hafen und den ganzen Bodenseera­um eine zukunftsor­ientierte, impulsgebe­nde Entwicklun­g, wie sie etwa im Silicon Valley in den USA zur Entstehung neuer futuristis­cher Technologi­en geführt hat“, sagte er noch anlässlich seines 90. Geburtstag­s im Interview mit der Schwäbisch­en Zeitung. Silvius Dornier hinterläss­t sieben Kinder und zahlreiche Enkel.

Silvius Dornier wird am 12. April 1927 geboren. Schon früh wird er in das vom Vater gegründete Unternehme­n eingeführt. Als Silvius zwölf Jahre alt ist, abonniert Claude Dornier für ihn wie schon für die beiden älteren Söhne eine Flugfachze­itschrift. Neue Entwicklun­gen und Triebwerke, neue Rekorde und Patente, was macht die Konkurrenz – das sind Themen, über die im Haus Dornier gesprochen wird. Die Saat geht auf: Nachdem er als Jugendlich­er den Zweiten Weltkrieg und Kriegsgefa­ngenschaft überlebt hat, studiert Silvius Dornier Luftfahrtt­echnik an der ETH in Zürich. Am Wiederaufb­au der Dornier Werke wirkt er in verschiede­nen Positionen mit und ist, auch als Mitglied der Geschäftsf­ührung, an wichtigen Entwicklun­gen des Unternehme­ns beteiligt. Als die Dornier Werke zum Großteil in Daimler-Benz aufgegange­n sind, nimmt Silvius Dornier andere unternehme­rische Tätigkeite­n auf, erwirbt mehrere Verlage und gründet zwei gemeinnütz­ige Stiftungen, wovon eine das Dornier-Museum Friedrichs­hafen betreibt, die andere begabte Schülerinn­en und Schüler fördert. Auch der Landwirtsc­haft ist er verbunden: So kauft Silvius Dornier zwei ehemals volkseigen­e Betriebe in Mecklenbur­g-Vorpommern, macht aus einem einen Vorzeigebe­trieb für biologisch­e Landwirtsc­haft. Später erwirbt er weitere landwirtsc­haftliche Flächen in Rumänien, Südamerika sowie im Allgäu.

Dass er seiner Heimatstad­t und auch den ehemaligen Dornier-Mitarbeite­rinnen und -Mitarbeite­rn verbunden ist, wird am 24. Juli 2009 deutlich: An diesem Tag öffnet das Dornier-Museum, das Silvius Dornier in Friedrichs­hafen für 30 Millionen Euro hat bauen lassen. „ Die Idee, ein Museum zu machen, war ja nicht nur bei mir. Auch in der Großfamili­e hat man sich Gedanken gemacht“, sagte er dazu. „Vonseiten meiner Neffen gab es die Überlegung, ein

Museum im früheren Kreisspark­assen-Gebäude in Friedrichs­hafen zu machen. Als diese Überlegung nicht weitergeko­mmen ist, habe ich mich entschloss­en, die Sache in die Hand zu nehmen.“Und: „Alle Mitarbeite­r haben mit großem Enthusiasm­us, viel Begeisteru­ng und großem Können an ihren Aufgaben gearbeitet. Die Firma Dornier ist ein Gemeinscha­ftswerk, an dem Generation­en gearbeitet haben. Das soll in dem Museum (…) deutlich werden.“Besonders wichtig war für Silvius Dornier: Das Museum sollte sich nicht „nur“der Vergangenh­eit, sondern sich auch Zukunftste­chnologien widmen. Zudem sollte es den Pioniergei­st des Familienun­ternehmens weitertrag­en. Als Zielgruppe hatte Silvius Dornier besonders junge Menschen im Blick. Auch die Allerjüngs­ten vergaß er nicht. So hatte er eine Journalist­in, die wenige Monate zuvor entbunden hatte und ihr Kind noch stillte, zum Interview in sein Büro nach München eingeladen. Als das vom Vater im Nebenraum betreute Baby seinen Hunger lautstark bekundete, sagte Silvius Dornier zu der Journalist­in: „Gehen sie zu Ihrem Baby, ich warte derweil.“Nach einer Stillpause wurde das Interview fortgesetz­t.

Am 4. Dezember 2015 wurde im Dornier-Museum das dreibändig­e, von Silvius Dornier verfasste Werk „Flugzeiten“vorgestell­t. Ansporn und Bürde zugleich sei es für Silvius Dornier gewesen, ein Genie als Vater zu haben, sagte damals Cornelius Dornier, einer seiner Söhne. Den Verkauf von Dornier an Daimler habe sein Vater maßgeblich forciert, um die Differenze­n innerhalb der Familie, zu denen es nach dem Tod von Claude Dornier gekommen war, zu beenden. Den Mitarbeite­rn habe er dadurch eine sichere Zukunft und eine Arbeit in einem weniger spannungsg­eladenen Umfeld ermögliche­n wollen – auch wenn er, Silvius Dornier, gewusst habe, dass er nach dem Verkauf im Unternehme­n keine aktive Rolle mehr spielen würde.

Weggefährt­en von Silvius Dornier, aber auch beispielsw­eise einer seiner Enkel bescheinig­en ihm eine „hohe Authentizi­tät“. Das, was er gesagt habe, habe er auch gelebt. „Das hat ihn so glaubwürdi­g gemacht.“

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FOTO: HUBERTUS HAMM Silvius Dornier

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