Lindauer Zeitung

Zugabteile sind trotz vieler Fahrgäste leer

Zwischen Memmingen und Lindau bleiben wegen zu kurzer Bahnsteige Wagen geschlosse­n

- Von Patrick Müller

- Bestes Ausflugswe­tter trifft auf Neun-Euro-Ticket: Am vergangene­n Sonntag waren erneut zahlreiche Fahrgäste auf der von GoAhead betriebene­n Bahnstreck­e Memmingen-Leutkirch-Lindau unterwegs. Dass es da in den Zügen eng werden kann, war zu erwarten. Dass vor oder hinter den teilweise sehr vollen Zugteilen noch komplett leere Wagen angekoppel­t waren, die für die Passagiere verschloss­en blieben, sorgte allerdings für Irritation­en. Die Erklärung von Go-Ahead: Gleich mehrere zu kurze Bahnsteige entlang des Streckenab­schnitts.

Pünktlich, um kurz nach 16 Uhr, fährt der aus Lindau kommende blau-weiße Zug an diesem Sonntag in den Bahnhof Hergatz ein. Angesichts der offenbar leeren Abteile an der Zugspitze macht sich auf dem Bahnsteig Freude breit, die befürchtet­e Enge scheint auszubleib­en. Die Freude währt aber nur kurz, dann registrier­en die Fahrgäste den Hinweis, dass nur der hintere der beiden Zugteile für Fahrgäste zur Verfügung steht. Wo man prompt auf die an einem solchen Tag erwartbare große Menge an Fahrgästen trifft.

Bei den Halten bis Leutkirch steigen weitere Passagiere zu, sodass es langsam auch auf den Gängen immer enger wird. In Kißlegg, wo der Zug aufgrund eines verspätete­n entgegenko­mmenden Eurocitys etwas länger warten muss, kann man beobachten, dass der entgegenko­mmende Zug Richtung Lindau ebenfalls nur einen der beiden mitgeführt­en Zugteile für die Fahrgäste geöffnet hat.

Die Antwort auf die Frage, was der Grund dafür ist, kommt von GoAhead-Pressespre­cher Winfried Karg: „Wir fahren aus betrieblic­hen Gründen täglich einige Züge mit zwei Zugteilen im Streckenab­schnitt zwischen Memmingen und Lindau. Da einige Bahnsteige auf diesem Streckenab­schnitt kürzer als die Züge mit zwei Zugteilen sind, müssen wir einen Zugteil verschloss­en und ohne Fahrgäste mitführen“, erklärt Karg. Als Beispiele, was mit solchen „betrieblic­hen Gründen“gemeint ist, nennt der Sprecher die Fälle, dass ein Zug in die Werkstatt muss oder er sich an einem Standort befindet, wo er nicht sein muss. Viel häufiger, nämlich täglich, handelt es sich auf der Strecke München-MemmingenL­indau aber um einen anderen Grund, wie Karg erläutert: Im Berufsverk­ehr sei Go-Ahead zwischen München und Memmingen regelmäßig mit zwei Zugteilen unterwegs. Laut einer Pressemitt­eilung aus dem Frühjahr koppelt der Betreiber dort sogar bis zu drei der elektrisch­en

Triebzüge zusammen. 22 solcher Triebzüge mit jeweils 216 Sitzplätze­n seien auf der Allgäubahn insgesamt im Einsatz.

Ab Memmingen würde es dann normalerwe­ise mit einem Triebzug weitergehe­n. Dort fehle aber die Zeit, um abzukoppel­n, so Karg. Außerdem gebe es dort auch keinen Platz zum Rangieren beziehungs­weise um den nicht benötigten Triebzug abzustelle­n. Zumal man auf dem Rückweg das Zugteil wieder ankoppeln müsste. Aus diesem Grund kommt es öfters vor, dass auch der zweite Zugteil Richtung Lindau mitgenomme­n wird – und aufgrund der teils zu kurzen Bahnsteige im Allgäu den Fahrgästen gar nicht zur Verfügung steht.

Konkret handele es sich bei diesen zu kurzen Bahnsteige­n um die Halte in Aitrach, Aichstette­n und Tannheim, so Karg. Bei letzterem Bahnhof komme erschweren­d hinzu, „dass es zwei Gleise gibt und sich Züge somit auf der eingleisig­en Strecken begegnen können. Aber nur eines dieser Gleise hat einen Bahnsteig, an Gleis 2 wurde der Bahnsteig vor Jahren abgerissen und fehlt jetzt schmerzlic­h.“

Auch in Kißlegg könnte es mit zwei geöffneten Zugteilen Probleme geben. „Hier würde der Bahnsteig für zwei unserer Triebzüge reichen – wenn nicht am gleichen Bahnsteig außer uns noch planmäßig ein Regionalzu­g der Deutschen Bahn halten müsste“, erklärt Karg. Zumindest sei hier aber in einigen Jahren Abhilfe in Sicht. Der Bahnhof in Kißlegg soll leistungsf­ähiger werden, bis voraussich­tlich 2028 ist es laut Verkehrsmi­nisterium vorgesehen, dort ein weiteres Teilgleis anzulegen.

Bleibt die Frage, warum es nicht möglich ist, bei einem Zugteil über die Außenbilds­chirme am Zug darauf hinzuweise­n, dass die Türen an den betreffend­en Halten in diesem Zugteil nicht geöffnet werden können und diese dort dann zu blockieren. Zumindest Passagiere, die einen Halt mit einem ausreichen­d langen Bahnsteig als Ziel haben, könnten in der Theorie dann auch den zweiten Zugteil nutzen.

In der Praxis funktionie­re das aber leider nicht, wie Karg entgegnet, da man auf diesen Displays nur wenig Text platzieren könne. Für die oben geschilder­te Variante wäre es aber nötig, eine längere Informatio­n unterzubri­ngen. Wie zum Beispiel: „Bitte beachten Sie: bei diesem Zugteil bleiben in Kißlegg, Marstetten-Aitrach, Aichstette­n und Tannheim die Türen verschloss­en. Fahrgäste zu diesen Stationen steigen bitte in den anderen Zugteil ein“– so viel Text bringe man auf diesen Außenbilds­chirmen leider nicht unter, so Karg.

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FOTOS (2): PATRICK MÜLLER Während in diesem Zugteil auf der Fahrt nach Leutkirch nicht mehr wirklich viel Platz ist, ist davor ein komplett leerer Zugteil angekoppel­t.

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