Vergessene Katastrophen
In Pakistan leben 220 Millionen Menschen. Ein Drittel des Landes stand unter Wasser. Wochenlang. Ernten wurden vernichtet, Millionen sehen sich mit Obdachlosigkeit und Seuchen konfrontiert. Aber in Europa hat man andere Sorgen. Zum Beispiel ist die Zukunft der britischen Monarchie ungewiss. Und dann ist da ja dieser elende Krieg gegen die Ukraine, der fast unsere gesamte Aufmerksamkeit absorbiert. Ist das ein Wunder, angesichts der atomaren Drohungen des Kremls?
Aber anderswo dreht sich das Leben in Diktaturen, in Kriegs- und Katastrophengebieten weiter. Alle vier Sekunden stirbt ein Mensch an Hunger. 50 Millionen Menschen in 45 Ländern sind nur noch einen Schritt vom Hungertod entfernt, heißt es in einem Brief von 238 Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt an die UN-Vollversammlung. Der Ukraine-Krieg verschärft den Hunger. Aber dieser hat viele Ursachen. In Somalia, wo es seit Jahren nicht geregnet hat, ist die Hälfte aller Kinder unter fünf Jahren akut unterernährt. In Äthiopien ist der Krieg zurück, in Syrien hat er nie aufgehört.
Über allem schwebt die Gefahr, dass die Erderwärmung nicht nur nicht aufzuhalten ist, sondern dass die Folgen nicht beherrschbar sind. Der menschengemachte CO2-Ausstoß hat ein Rekordhoch erreicht.
Der Krieg in Europa, der so viel Leid verursacht, verdeckt, wie wenig wir bei der Lösung globaler Probleme vorankommen. Die Demokratie ist weltweit auf dem Rückzug und in Europa haben die mit den einfachsten und dümmsten Antworten auf komplizierte Fragen wachsenden Zulauf. Hierzulande versucht die AfD aus allem, was die Menschen ängstigt, Honig zu saugen. Die einfachen Antworten führen nur zu neuem Unheil.
Dabei ist die Lage nicht hoffnungslos. Die Menschheit hat in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg viele ermutigende Fortschritte gemacht. Die allerdings sind leider nicht irreversibel. Das kann verhindert werden, wenn wir nicht an einem Krieg verzweifeln. Und wenn wir diese ganze komplizierte Welt nicht im Stich lassen.