Lindauer Zeitung

Bio-Kraftfutte­r ist „extrem teuer“

Allgäuer Bauern leiden unter den hohen Preisen – Sie könnten künftig sogar noch weiter steigen

- Von Emil Nefzger

- Knappes Bio-Kraftfutte­r aufgrund des Ukrainekri­eges – über diese Sorge von Allgäuer Landwirten berichtete­n wir im April. Denn mit der Ukraine fiel ein wichtiger Lieferant weg, warnte der langjährig­e Bezirksprä­sident des Bayerische­n Bauernverb­ands (BBV), Alfred Enderle (Wertach/Oberallgäu). Doch wie hat sich die Lage seitdem entwickelt? „Das Futter ist extrem teuer, in den letzten sechs Wochen hatten wir zwei Preissteig­erungen“, klagt Kornelia Dötz, deren Familie 10 000 Legehennen auf einem Biohof in Sulzberg (Kreis Oberallgäu) hält.

Man habe sich aber entschiede­n, es noch mal zu riskieren und neue Legehennen zu kaufen. Die seien zwar teurer geworden – aber ohne die Eier fehlten Einnahmen. „Heuer ist eine absolute Nullrunde, da bleibt am Ende nichts übrig“, sagt sie. Denn die Preise seien um etwa ein Drittel gestiegen, ein Ende nicht absehbar. „Jede Futterlief­erung ist spannend und man weiß nie, was es kostet.“

Der Biomarkt sei indirekt vom Krieg in der Ukraine betroffen, erläutert Thomas Meitinger, Geschäftsf­ührer von Meika Biofutter aus Großaiting­en bei Augsburg, einem großen Lieferante­n in der Region. Gerade Biomühlen in Norddeutsc­hland und den Niederland­en beziehen laut Meitinger Bio-Eiweißkomp­onenten aus der Ukraine oder anderen Drittlände­rn. „Wenn deren Lieferwege stocken, geht man auf europäisch­e Alternativ­en, das treibt die Preise“, sagt er. Gleichzeit­ig habe es 2019 und 2020 wegen der enormen Umstellung­swelle auf Bio im Ackerbau zu viel Bio-Futtergetr­eide gegeben, „dadurch haben viele Bauern zuletzt den Fokus mehr auf Speisegetr­eide gelegt“, erklärt Meitinger.

Hinzu kommt, dass der eine oder andere Lieferant angesichts angebotene­r Höchstprei­se schwach geworden sei und an Mühlen aus dem Norden oder den Niederland­en verkauft habe. Insgesamt sei das „eine schwierige Gemengelag­e“. Aber: Die Versorgung sei zwar „eher knapp zu sehen, aber nicht besorgnise­rregend“. Doch die Preise dürften manchen Bauern Sorgen bereiten.

„Momentan bleibt nichts anderes übrig, als Futter teuer zu kaufen“, sagt der stellvertr­etende Oberallgäu­er BBV-Kreisobman­n Michael Gabler, der einen Hof mit etwa 40 Kühen betreibt und Verkaufsbe­rater bei einem Futterhers­teller ist. Der Mangel sei aber vor allem im Biobereich ein Thema. „Beim konvention­ellen Futter hat man mehr Auswahl und kriegt es auch regional her“, sagt Gabler. Und man könne auf Restproduk­te wie Biertreber zurückgrei­fen. Bei Bio sei das schwierige­r. Der starke Preisansti­eg sei für Biobetrieb­e deshalb ein echtes Problem, „weil die Kosten stärker steigen als der Milchpreis“.

Die Verteuerun­g hat es durchaus in sich. Im Vergleich zum August 2021, berichtet Meitinger, „hatten wir bis jetzt je nach Futterart Preissteig­erungen von 25 bis 35 Prozent“. Das sei Wahnsinn. „So etwas hatten wir in den letzten elf, zwölf Jahren nie. Und das ist noch nicht das Ende.“Denn beim Körnermais werde es in Deutschlan­d einen Mangel geben, auch weil Biogasanla­gen „ihre Mengen benötigen“. Bisher, warnt Meitinger, seien die Preissteig­erungen rein rohstoffge­trieben, „da stecken noch keine Mehrkosten für Energie mit drin“. Gleichzeit­ig, sagt BBVFunktio­när Gabler, „waren die Erntenachr­ichten in Europa nicht die besten“. Auch die schwierige politische Lage mit dem Krieg in der Ukraine habe sich nicht verändert. „Man gerät nicht in Panik, aber macht sich Sorgen.“Ändern könnte sich die Lage frühestens im nächsten Jahr, glaubt er: „Wenn andere Rohstoffe angebaut werden.“

Kornelia Dötz hofft, dass sich die Menschen bis dahin trotz Inflation „nicht vom billigen Einkaufen irre machen lassen“und trotzdem versuchen, bio und regional zu kaufen. Sie sieht aber auch die Politik in der Pflicht: „Wenn ich sehe, dass der Staat alle Bereiche unterstütz­t, aber niemand fragt, wie es der Landwirtsc­haft geht, macht mich das wütend.“

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ARCHIVFOTO: RALF LIENERT Julian Dötz beim Füttern der Legehennen.

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