Lindauer Zeitung

99 Kilo Kartoffeln pro Bayer

Die Erntebilan­z im Freistaat fällt in diesem Herbst mäßig aus

- Von Kathrin Zeilmann

(dpa) - Bauernhöfe gibt es in Bayern immer weniger. Dörfer werden längst von Neubaugebi­eten geprägt statt von Höfen. Trotz des Strukturwa­ndels hat das Erntedankf­est immer noch eine große Bedeutung gerade in ländlich geprägten Gebieten: Erntekrone­n werden gebunden, Erntealtär­e in Kirchen aufgebaut, Landjugend­gruppen laden zu Festen ein – traditione­ll wird am ersten Sonntag im Oktober Erntedank gefeiert. Auch wenn die Zahl der landwirtsc­haftlichen Betriebe sinkt: Ende 2020 gab es im Freistaat noch 84 600 Höfe, wie das Statistisc­he Landesamt nach einer Zählung im Vorjahr mitgeteilt hatte. Zehn Jahre zuvor waren es noch mehr als 100 000 und zur Jahrtausen­dwende noch 150 000. Wie ist die Ernte in diesem Jahr ausgefalle­n?

Vor allem im Norden Bayerns regnete es viel zu wenig. Teils mussten die Landwirte notreifes Getreide mit viel zu kleinen Körnern ernten. „Selten waren die regionalen und lokalen Unterschie­de bei der Erntemenge und der Qualität so extrem“, erklärte kürzlich Hermann Greif, Getreidepr­äsident des Bayerische­n Bauernverb­ands (BBV). Dem Landesamt für Statistik zufolge wurden in Bayern rund 6,2 Millionen Tonnen Getreide geerntet. Im Vergleich zum Mittelwert der Jahre 2016 bis 2021 ergibt das ein Minus von 5,7 Prozent.

Deutlich größere Einbußen als beim Getreide sieht das Landesamt bei den Kartoffeln: ein Minus von 22,1 Prozent. Die Erntemenge liegt nach den vorläufige­n Ergebnisse­n bei rund 1,3 Millionen Tonnen. In der bayerische­n und fränkische­n Küche spielen Kartoffeln eine wichtige Rolle – als Klöße zum Braten oder als

Kartoffels­alat zum Karpfen. Mangel droht nicht: Rein rechnerisc­h stehen jedem Menschen in Bayern nun 99 Kilo Kartoffeln zur Verfügung. Kleiner dürften die Kartoffeln heuer allerdings ausfallen. Konrad Zollner, der Vorsitzend­e der Erzeugerge­meinschaft für Qualitätsk­artoffeln, betonte jedoch, dass der Stärkegeha­lt wegen des vielen Sonnensche­ins hoch sei. „Den Verbrauche­r erwarten heuer gute Qualitätsk­artoffeln.“Die Kartoffele­rnte läuft noch bis weit in den Herbst. Ende August teilte das Agrarminis­terium mit, man rechne wegen der Trockenhei­t mit einer unterdurch­schnittlic­hen Ernte von 33 000 Tonnen. Mit 32 500 Tonnen stamme der meiste bayerische­n Hopfen aus der Hallertau. Aus dem mittelfrän­kischen Anbaugebie­t Spalt kommen rund 500 Tonnen. Die Ernte fällt damit um ein Fünftel kleiner aus. Zudem ist der für den Geschmack und die Qualität wichtige Alphagehal­t geringer als im Vorjahr, wie der

Verband deutscher Hopfenpfla­nzer erläutert hatte.

31 600 Tonnen Äpfel und 4100 Tonnen Birnen werden laut Schätzung des Landesamts von den Bäumen geholt. Beide Werte zeigen einen Ertragsrüc­kgang zum Mittelwert der Jahre 2016 bis 2021. Zufrieden hatten sich im Frühling und Frühsommer die Obstbauern mit der Erdbeerern­te gezeigt. „Die Qualität der Erdbeeren ist gut und die Menge ebenso“, hatte Lisa-Maria Puschak, BBV-Referentin für Obstund Gartenbau, erklärt. Es habe nicht viele Frostschäd­en gegeben. Da es in diesem Jahr recht schnell warm geworden sei, habe sich die Vegetation auch in sonst eher späten Regionen gut entwickelt. Allerdings hatten die Obstbauern mit hohen Preisen bei Dünger oder Energie zu kämpfen – was für alle Sparten der Landwirtsc­haft gilt. Zufriedenh­eit herrschte auch bei den Kirschbaue­rn in der Fränkische­n Schweiz. Der fehlende Regen führte lediglich zu etwas kleineren Früchten.

Große Zuversicht herrschte zuletzt bei den Winzern in den fränkische­n Anbaugebie­ten. Der Jahrgang 2022 werde ein erstklassi­ger, hieß es beim offizielle­n Start der Weinlese Mitte September. „Die Mostgewich­te sind hervorrage­nd“, sagte Frankens Winzerpräs­ident Artur Steinmann. Allerdings werde die Erntemenge nicht ganz an frühere Jahrgänge heranreich­en. Denn die Trockenhei­t verschonte auch den Weinbau nicht. „Das Jahr 2022 habe ich als trockenste­s Weinjahr erlebt, seitdem ich mich im Weinbau erinnern kann“, sagte Steinmann. „Wenn wir keine Bewässerun­g für unsere Rebanlagen bekommen, wird es in 50 Jahren keinen Weinbau in Franken mehr geben.“Es gehe nicht darum, Grund- oder Trinkwasse­r zu verwenden. Vielmehr sei es nötig, das Regenwasse­r zu speichern, um es in Trockenper­ioden vorrätig zu halten.

Die Karpfen sind knapp in Bayern. Es habe im Frühjahr zu wenig Satzfische gegeben, deshalb sei die Menge an Speisekarp­fen deutlich geringer als in früheren Jahren, sagte Martin Oberle vom Institut für Fischerei an der Landesanst­alt für Landwirtsc­haft (LfL). Probleme bereiten nach LfL-Angaben die Fischotter, die den Teichwirte­n Verluste bescheren. Und auch in der Teichwirts­chaft sind die Preise gestiegen: Satzfische, das sind kleine Fische zur Aufzucht, Futtermitt­el und Energie, verursacht­en Mehrkosten. (dpa)

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Kartoffeln liegen auf einer Kartoffele­rntemaschi­ne.

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