99 Kilo Kartoffeln pro Bayer
Die Erntebilanz im Freistaat fällt in diesem Herbst mäßig aus
(dpa) - Bauernhöfe gibt es in Bayern immer weniger. Dörfer werden längst von Neubaugebieten geprägt statt von Höfen. Trotz des Strukturwandels hat das Erntedankfest immer noch eine große Bedeutung gerade in ländlich geprägten Gebieten: Erntekronen werden gebunden, Erntealtäre in Kirchen aufgebaut, Landjugendgruppen laden zu Festen ein – traditionell wird am ersten Sonntag im Oktober Erntedank gefeiert. Auch wenn die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe sinkt: Ende 2020 gab es im Freistaat noch 84 600 Höfe, wie das Statistische Landesamt nach einer Zählung im Vorjahr mitgeteilt hatte. Zehn Jahre zuvor waren es noch mehr als 100 000 und zur Jahrtausendwende noch 150 000. Wie ist die Ernte in diesem Jahr ausgefallen?
Vor allem im Norden Bayerns regnete es viel zu wenig. Teils mussten die Landwirte notreifes Getreide mit viel zu kleinen Körnern ernten. „Selten waren die regionalen und lokalen Unterschiede bei der Erntemenge und der Qualität so extrem“, erklärte kürzlich Hermann Greif, Getreidepräsident des Bayerischen Bauernverbands (BBV). Dem Landesamt für Statistik zufolge wurden in Bayern rund 6,2 Millionen Tonnen Getreide geerntet. Im Vergleich zum Mittelwert der Jahre 2016 bis 2021 ergibt das ein Minus von 5,7 Prozent.
Deutlich größere Einbußen als beim Getreide sieht das Landesamt bei den Kartoffeln: ein Minus von 22,1 Prozent. Die Erntemenge liegt nach den vorläufigen Ergebnissen bei rund 1,3 Millionen Tonnen. In der bayerischen und fränkischen Küche spielen Kartoffeln eine wichtige Rolle – als Klöße zum Braten oder als
Kartoffelsalat zum Karpfen. Mangel droht nicht: Rein rechnerisch stehen jedem Menschen in Bayern nun 99 Kilo Kartoffeln zur Verfügung. Kleiner dürften die Kartoffeln heuer allerdings ausfallen. Konrad Zollner, der Vorsitzende der Erzeugergemeinschaft für Qualitätskartoffeln, betonte jedoch, dass der Stärkegehalt wegen des vielen Sonnenscheins hoch sei. „Den Verbraucher erwarten heuer gute Qualitätskartoffeln.“Die Kartoffelernte läuft noch bis weit in den Herbst. Ende August teilte das Agrarministerium mit, man rechne wegen der Trockenheit mit einer unterdurchschnittlichen Ernte von 33 000 Tonnen. Mit 32 500 Tonnen stamme der meiste bayerischen Hopfen aus der Hallertau. Aus dem mittelfränkischen Anbaugebiet Spalt kommen rund 500 Tonnen. Die Ernte fällt damit um ein Fünftel kleiner aus. Zudem ist der für den Geschmack und die Qualität wichtige Alphagehalt geringer als im Vorjahr, wie der
Verband deutscher Hopfenpflanzer erläutert hatte.
31 600 Tonnen Äpfel und 4100 Tonnen Birnen werden laut Schätzung des Landesamts von den Bäumen geholt. Beide Werte zeigen einen Ertragsrückgang zum Mittelwert der Jahre 2016 bis 2021. Zufrieden hatten sich im Frühling und Frühsommer die Obstbauern mit der Erdbeerernte gezeigt. „Die Qualität der Erdbeeren ist gut und die Menge ebenso“, hatte Lisa-Maria Puschak, BBV-Referentin für Obstund Gartenbau, erklärt. Es habe nicht viele Frostschäden gegeben. Da es in diesem Jahr recht schnell warm geworden sei, habe sich die Vegetation auch in sonst eher späten Regionen gut entwickelt. Allerdings hatten die Obstbauern mit hohen Preisen bei Dünger oder Energie zu kämpfen – was für alle Sparten der Landwirtschaft gilt. Zufriedenheit herrschte auch bei den Kirschbauern in der Fränkischen Schweiz. Der fehlende Regen führte lediglich zu etwas kleineren Früchten.
Große Zuversicht herrschte zuletzt bei den Winzern in den fränkischen Anbaugebieten. Der Jahrgang 2022 werde ein erstklassiger, hieß es beim offiziellen Start der Weinlese Mitte September. „Die Mostgewichte sind hervorragend“, sagte Frankens Winzerpräsident Artur Steinmann. Allerdings werde die Erntemenge nicht ganz an frühere Jahrgänge heranreichen. Denn die Trockenheit verschonte auch den Weinbau nicht. „Das Jahr 2022 habe ich als trockenstes Weinjahr erlebt, seitdem ich mich im Weinbau erinnern kann“, sagte Steinmann. „Wenn wir keine Bewässerung für unsere Rebanlagen bekommen, wird es in 50 Jahren keinen Weinbau in Franken mehr geben.“Es gehe nicht darum, Grund- oder Trinkwasser zu verwenden. Vielmehr sei es nötig, das Regenwasser zu speichern, um es in Trockenperioden vorrätig zu halten.
Die Karpfen sind knapp in Bayern. Es habe im Frühjahr zu wenig Satzfische gegeben, deshalb sei die Menge an Speisekarpfen deutlich geringer als in früheren Jahren, sagte Martin Oberle vom Institut für Fischerei an der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL). Probleme bereiten nach LfL-Angaben die Fischotter, die den Teichwirten Verluste bescheren. Und auch in der Teichwirtschaft sind die Preise gestiegen: Satzfische, das sind kleine Fische zur Aufzucht, Futtermittel und Energie, verursachten Mehrkosten. (dpa)