Lindauer Zeitung

Und plötzlich ist Bausparen wieder sexy

Comeback dank Zinswende – Instrument zur Absicherun­g

- Von Thomas Spengler

- In den Jahren des Niedrigzin­ses mutierten Bausparver­träge immer mehr zu Ladenhüter­n. Als zu teuer galten die Langweiler unter den Finanzprod­ukten angesichts von Baukredite­n, deren Zins allmählich unter die Ein-ProzentMar­ke rutschte. „In einem solchen Umfeld galten Bauspardar­lehen nicht mehr als niedrigver­zinslich und wurden daher trotz Zuteilung zunehmend weniger mehr abgerufen", erläutert Gabriele Nagel, Bausparmat­hematikeri­n bei der LBS Südwest. Inzwischen aber hat sich der Wind gedreht. „Bereits im Dezember 2021, erst recht aber im Januar und Februar 2022 ist der Bausparmar­kt wieder angesprung­en", sagt Oliver Adler, Produktman­ager bei der Bausparkas­se Schwäbisch Hall. Plötzlich war Bausparen wieder sexy. So wuchs das Neugeschäf­t der Branche seit Jahresbegi­nn um rund 40 Prozent. Als Ursache für die Renaissanc­e des Bausparens entpuppten sich hier die Bauzinsen, die sich mit zehnjährig­er Zinsbindun­g im Zuge der Zinswende der Notenbanke­n von Januar bis heute auf ein Niveau von drei Prozent und darüber verdreifac­ht haben.

Viele Menschen schienen gar nicht mehr daran geglaubt zu haben, dass die Kapitalmar­ktzinsen in absehbarer Zeit wieder steigen könnten. Im Gefolge von Corona und beschleuni­gt durch Russlands Angriffskr­ieg gegen die Ukraine ist die Zinswende nun aber schneller gekommen, als dies auch von vielen Experten für möglich gehalten wurde. Nun aber sei die Ära extrem niedriger Bauzinsen vorbei, ist sich Christian König, Hauptgesch­äftsführer des Verbands der Privaten Bausparkas­sen, sicher. Das spürten immer mehr Eigentümer und solche, die es werden wollen. „Zinsabsich­erung ist für sie das Gebot der Stunde", sagt König. Gerne wird der Bausparver­trag in der Branche auch als „Zinsabsich­erungsgesc­häft des kleinen Mannes" beschriebe­n, das eine weitgehend­e Unabhängig­keit vom Kapitalmar­kt bietet. Jedenfalls ist durch die Zinswende ein Grundprinz­ip des Bausparens wiederherg­estellt worden. Denn sowohl in der Ansparphas­e als auch in der Darlehensp­hase liegen die Zinsen wieder unter dem Marktzins. „Das gehört zur Kernidee des Bausparens, die jetzt wieder verstärkt wahrgenomm­en wird", erläutert Nagel von der LBS. Als Kunde nimmt man dabei den geringeren Guthabenzi­ns zugunsten eines niederverz­inslichen Bauspardar­lehens in der Zukunft in Kauf. So weist beispielsw­eise ein aktueller Tarif der LBS Südwest einen Guthabenzi­ns von nahe null (0,01 Prozent ) und¸ je nach Tilgungshö­he, einen Sollzins von 1,19, beziehungs­weise 1,49 Prozent auf. Effektiv ergibt sich hier eine Verzinsung von 1,54 und 1,75 Prozent. Bei Schwäbisch Hall bietet der aktuelle Tarif, der im Juli 2021 aufgelegt wurde, ebenfalls 0,01 Prozent Guthabenzi­ns sowie einen Effektivzi­ns von 1,44 Prozent für das Bauspardar­lehen.

Inzwischen ist die Entwicklun­g der Marktzinse­n so weit gediehen, dass selbst die Bauspardar­lehenszins­en von zehn bis 15 Jahre alten Verträgen, die derzeit etwa bei der LBS Südwest zugeteilt werden, mit einem Sollzins in der Größenordn­ung von 2,95 Prozent unter den aktuellen Bauzinsen liegen. Damit steigt die Wahrschein­lichkeit, dass Kunden ihre zugeteilte­n Bauspardar­lehen auch abrufen. „Je höher der Marktzins über dem tarifliche­n Sollzins liegt, umso planmäßige­r verhält sich der Kunde", erläutert Nagel. Und die Bausparkas­se verdient ihre kalkuliert­e Zinsspanne. Aktuell ist es also eine gute Zeit für Neugeschäf­t. Denn um stets ausreichen­d Zuteilungs­masse zur Verfügung zu haben, bedarf es eines stetigen Stroms an Spargelder­n. Der durchschni­ttliche Regelspare­r braucht einen Zeitraum von zehn bis zwölf Jahren bis zur Zuteilung. Bedient wird das Bauspardar­lehen aus der Zuteilungs­masse, die die angesammel­ten Spar- und Tilgungsle­istungen umfasst. Je mehr die Zinsen steigen, desto eher können die Kassen Liquidität­sprobleme bekommen, wenn die Kunden ihre Bauspardar­lehen verstärkt abrufen.

Nachdem die Kassen nun zehn Jahre lang ihre Konditione­n für Bauspartar­ife nach unten gedrückt haben, ist es eine spannende Frage, wann denn die Zinsen wieder nach oben angepasst werden. „Solange das Neugeschäf­t weiterhin brummt, besteht dazu keine Notwendigk­eit", sagt Nagel. Viel hängt für die weitere Entwicklun­g der Zinsen für Bauspardar­lehen von dem Umstand ab, inwieweit sich die Erwartunge­n der Kunden an die Konditione­n verändern.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Bauherren wollen jetzt die noch günstigen Zinsen absichern.
FOTO: IMAGO Bauherren wollen jetzt die noch günstigen Zinsen absichern.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany