Lindauer Zeitung

Kalte Dusche für Lindaus Sportler

Jetzt, wo die Temperatur­en sinken, regt sich Widerstand bei Sportlern und Vereinen

- Von Yvonne Roither

- In Lindaus Sporthalle­n und im Stadion bleiben die Duschen kalt. Doch jetzt, wo die Temperatur­en sinken, regt sich Widerstand bei Sportlern und Vereinen. Sie sorgen sich um die Gesundheit ihrer Sportler, aber auch um das Vereinsleb­en.

Die Stadt hatte Ende August einen Zwei-Stufen-Plan vorgelegt mit dem Ziel, den städtische­n Energiebed­arf um mindestens 20 Prozent zu verringern. Im Zuge dessen sollte es in Lindaus Sporthalle­n kein warmes Wasser zum Duschen mehr geben.

Laut Informatio­nen der Stadt wurde in allen Hallen, bei denen dies möglich ist, Warmwasser gespart. Bei speziellen Warmwasser­speichern, die besonders groß und alt sind und zudem noch lange Zuleitunge­n haben, habe es Ortsbegehu­ngen mit einem Heizungsin­stallateur gegeben. „Dabei hat sich in der Turnhalle Reutin herausgest­ellt, dass es hier sinnvoller ist, die Warmwasser­bereitung legionelle­nsicher auf 60 Grad angestellt zu lassen, da ein Abschalten eventuell einen viel größeren Schaden an der Anlage ausgelöst hätte“, schreibt die Stadt auf Anfrage der Lindauer Zeitung.

Bei den anderen Sport- und Turnhallen in Lindau wurde das warme Wasser abgeschalt­et. Im Sommer war das noch nicht dramatisch. Aber jetzt, wo die Temperatur­en sinken, werde es schon „unangenehm“, sagt Dominik Moll, Vorsitzend­er des TSV Lindau. Im Prinzip habe man jetzt nur eine Alternativ­e: „Verschwitz­t rausgehen und eine Erkältung in Kauf nehmen – oder duschen und eine Erkältung in Kauf nehmen.“Mit dieser Meinung ist er nicht allein. Die Stadt bestätigt, dass bei ihr Beschwerde­n wegen des kalten Wassers eingegange­n sind.

Besonders hart trifft es Sportler, die im Freien trainieren. Als die Kicker der Spielverei­nigung Lindau (SpVgg) das erste Mal bibbernd unter der Dusche des Lindauer Stadions standen, traf sie das kalte Wasser unvorberei­tet. Die Stadt hatte zwar angekündig­t, das warme Wasser abzudrehen, doch damals hieß es noch „in Absprache mit den Nutzern“, also den Vereinen und Schulen. „Wir haben aber keine Infos bekommen“, sagt Michael Lehmann vom Vorstand der SpVgg. Er hätte erwartet, dass es im Vorfeld dazu Gespräche mit den Vereinen gibt.

Er habe durchaus Verständni­s dafür, dass man derzeit Energie sparen muss. Seiner Meinung nach ist das Abschalten des warmen Wassers aber der „falsche Ansatzpunk­t“. Die Fußballer trainieren und spielen auch bei ungemütlic­hen Temperatur­en im Freien. Durchnässt unter eine kalte Dusche zu stehen, gehe einfach nicht. Für Gäste, die zu Punktespie­len

anreisen, sei dies ein großes Problem. Man könne Spieler aus Oberteurin­gen nicht verschwitz­t ins Auto steigen lassen, um 30 Kilometer nach Hause zu fahren. „Als Vorstand müssen wir auch auf das Wohl und die Gesundheit unserer Spieler achten“, sagt Marian Dlugosch, ebenfalls vom Vorstand der Spielverei­nigung.

Michael Lehmann versteht nicht, worin beim Abschalten des warmen Wassers die Einsparung liege. Die Jugendlich­en und Erwachsene­n gingen nach dem Training oder Spiel verschwitz­t nach Hause, um sich dort mit warmen Wasser zu duschen. Und das Gebäude müsse den Winter über ohnehin beheizt werden.

Weil der Energiespa­reffekt im Winter nicht groß ist, hat die Stadt Wangen ihren vor den Sommerferi­en eingeschla­genen Kurs wieder korrigiert. Hier sind die Duschen inzwischen wieder warm. Wenn im Herbst die Heizungen ohnehin laufen müssten, bringe es nur wenig, wenn die

Duschen kalt blieben, argumentie­rte Oberbürger­meister Michael Lang gegenüber der Lindauer Zeitung. Er macht aber auch gesellscha­ftliche Gründe für seine Entscheidu­ng geltend. Die Stadt wolle den Sportbetri­eb weiterhin ermögliche­n – auch vor dem Hintergrun­d, dass dieser in den vergangene­n Pandemie-Jahren bereits stark eingeschrä­nkt oder teils unmöglich war.

Lehmann befürchtet genau da weitere Einbußen: Wenn alle zum Duschen nach Haus fahren, gehe die Gemeinscha­ft, das Miteinande­r, verloren, sagt er. „Dann kann ich das Vereinshei­m gleich zumachen.“Dabei hätten sich alle nach den zwei harten Corona-Jahren auf einen normalen Spielbetri­eb gefreut.

Wie geht die Stadt mit der Kritik um? „Zum einen erläutern wir den aktuellen Stand zum Thema und zum anderen erklären wir die Gründe für die Maßnahme“, schreibt Sylvia Ailinger vom Presseamt. Doch das ist den Sportlern nicht genug. „Die Stadt Lindau sollte hier dringend handeln“, fordert Lehmann. Die SpVgg Lindau hat Oberbürger­meisterin Claudia Alfons eine Mail geschriebe­n, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Die Kicker schlagen vor, die Duschzeit für eine „Blitzdusch­e“auf zwei Stunden am Abend zu reduzieren.

Auch Dominik Moll könnte sich vorstellen, die Duschzeite­n zeitlich einzuschrä­nken. Dafür wäre er im Gegenzug sogar bereit, die Hallentemp­eratur zu Trainingsz­eiten von 19 auf 17 Grad abzusenken. Er hat sich bereits an die Stadt gewandt, zu einer Lösung kam es bislang nicht: „Zu dem Zeitpunkt gab es keine Möglichkei­t“, sagt er. Die Hoffnung gibt er nicht auf: „Ich würde mich freuen, wenn man nochmal darüber nachdenkt.“

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FOTO: PHILIPP VON DITFURTH/DPA Nach dem Training unter die kalte Dusche? Jetzt, wo die Temperatur­en sinken, regt sich Widerstand bei Sportlern und Vereinen.

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